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Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

Epilog

Glossar

Impressum

PERRY RHODAN – die Serie

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Nr. 2387

 

Die Präkog-Kaiserin

 

Auf der Welt der Tad de Raud – drei Menschen kämpfen ums Überleben

 

Hubert Haensel

 

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Wir schreiben den Januar 1346 Neuer Galaktischer Zeitrechnung – dies entspricht dem Jahr 4933 alter Zeitrechnung: Seit Monaten stehen die Erde und die anderen Planeten des Solsystems unter Belagerung. Einheiten der Terminalen Kolonne TRAITOR haben das System abgeriegelt, während sich die Menschen hinter den sogenannten TERRANOVA-Schirm zurückgezogen haben.

Währenddessen hat die Armada der Chaosmächte die komplette Milchstraße unter ihre Kontrolle gebracht. Nur in einigen Verstecken der Galaxis hält sich weiterhin zäher Widerstand. Dazu zählen der Kugelsternhaufen Omega Centauri mit seinen uralten Hinterlassenschaften und die Charon-Wolke. Wenn die Galaktiker aber eine Chance gegen TRAITOR haben wollen, müssen sie mächtige Instrumente entwickeln.

Perry Rhodans Terraner stehen dabei zuerst in der Pflicht, da sie weitgehend unbehelligt forschen können. Um die Milchstraße zu retten, müssen sie unbedingt nach Hangay gelangen – der benachbarten Galaxis, in der eine sogenannte Negasphäre entsteht, was der Grund für die Aktionen der Terminalen Kolonne ist. In der Region zwischen Hangay und Milchstraße stoßen die Terraner auf das Imperium der Tad de Raud, einer aggressiven Spezies, die nur einer Autorität gehorcht – und diese nennen sie DIE PRÄKOG-KAISERIN …

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Ama Zurn – Ein Aktivierungswächter begegnet den Feinden der Lemurer.

Alexim Afateh – Der Telomon muss hilflos mit ansehen, wie sein kleines Glück schwindet.

Immentri Luz – Der Weg zu den Sphero führt ihn zu seinem Bruder.

Atlan – Der unsterbliche Arkonide befindet sich in der Gewalt der Tad de Raud.

Startac Schroeder und Trim Marath – Die beiden Monochrom-Mutanten werden ihrer Kräfte beraubt und sehen dem Tod ins Auge.

Deville-Kareem – Der Marschall der Tad de Raud wird zur Präkog-Kaiserin gerufen.

1.

 

»Es kann nur eine natürliche Erklärung für ihr Verschwinden geben, etwas, mit dem wir …«

Icho Tolot ließ sich auf die Laufarme sinken und fuhr mit unglaublicher Gewalt herum. Brennend starrten seine drei Augen in die Runde. Einige der Wissenschaftler und Offiziere prallten erschrocken zurück. So erregt wie in diesen Sekunden hatten sie den Haluter noch nie gesehen.

Mehrere Gesichter wirkten ebenso verbissen und zeigten die Bereitschaft, mit aller Konsequenz loszuschlagen.

Nach wie vor gab es keinen Funkkontakt zu Atlan oder einem seiner Begleiter. Es schien, als hätte Neu-Lemur sie innerhalb kurzer Zeit verschluckt.

»Wir hätten diese Vampire an der Landung hindern müssen!«, sagte der Unither Rifkanka. »Sie sind aggressiv und unberechenbar. Ich verstehe nicht, wieso Atlan das überhaupt zulassen …«

Tolot räusperte sich. Ein aufziehendes Gewitter war kaum lauter.

»Atlan stand mit mir in Verbindung, bevor Startac Schroeder mit ihm zu dem ominösen Dorf teleportierte. Zehn Minuten später meldete er sich erneut und sprach von einem Schutzschirm auf UHF-Basis und vor allem davon, dass sich die Wissenschaftler damit befassen müssen. Innerhalb der nächsten fünf Minuten wollte er mit dem Mutanten zurückspringen.«

Mittlerweile waren zwanzig Minuten verstrichen. Es gab kein neues Lebenszeichen.

Unter normalen Umständen hätte sich wegen einer Viertelstunde mehr oder weniger kaum jemand Gedanken gemacht. Tolot gewiss nicht, denn er kannte den Arkoniden und dessen Potenzial, das sich aus weit mehr als zehntausend Jahren Erfahrung rekrutierte. Wer außer Atlan konnte auf einen solchen Erfahrungsschatz zurückblicken?

Von normalen Umständen war das KombiTrans-Geschwader hier im intergalaktischen Leerraum indes weit entfernt. Genau genommen über eine Million Lichtjahre räumlich und, wenn man es recht betrachtete, sogar einige Jahrzehnte zeitlich.

»Warum diese Entwicklung in der Milchstraße, in Hangay und zweifellos auch den umliegenden Galaxien? Was haben wir alle miteinander verbrochen, dass wir gezwungen werden, um unsere nackte Existenz zu kämpfen …? Oder leben wir nur zur falschen Zeit am falschen Ort?«

Atlans Frage kurz vor dem Transmitterdurchgang des KombiTrans-Geschwaders hatte Tolot eigenartig berührt. Seitdem befassten sich seine beiden Gehirne verstärkt mit der Frage, wohin sich die Lokale Gruppe entwickelte. War die im Entstehen begriffene Negasphäre, auch wenn sie als die größte mögliche Katastrophe angesehen wurde, nur das Vordergründige, die Nebenerscheinung eines Evolutionsprozesses, den kein Wesen der Niederungen bisher erkennen konnte …? Aber was würde dieser Vorgang letztlich bewirken? Niemand von ihnen war bisher tatsächlich in einer Negasphäre gewesen, und doch fürchtete man sie als Ort der Auflösung und des Chaos. Es könnte, rein wissenschaftlich betrachtet, interessant sein, die Herausbildung einer Negasphäre bis zum Ende zu beobachten. Endete der Prozess schlicht in der Auslöschung einiger Dutzend Galaxien – und was bedeuteten diese Sterneninseln mit Zehntausenden intelligenten Völkern schon angesichts der Unendlichkeit? –, oder wurden dadurch die Grenzen zwischen Völkern und Imperien endlich niedergerissen, sodass etwas Neues entstand, eine wirklich kosmische Zivilisation, die das Recht hatte, sich als solche zu bezeichnen?

Eigenwillige Gedanken waren das. Sie hatten das Zeug, ihn abzulenken. Tolot schüttelte sich. Es gab Fragen, die selbst ein Wesen mit zwei Gehirnen nicht beantworten konnte, und diese gehörte zweifellos dazu. Alle Informationen, die er besaß, wiesen die Negasphäre als falsch und gefährlich aus, und deswegen würden er und alle Haluter weiterhin versuchen, ihre Entstehung zu verhindern.

Es war ein langer und steiniger Weg, auf dem jeder Schritt mit unzähligen Opfern erkämpft werden musste. Dennoch durfte keiner innehalten oder gar zurückschauen.

»Ich bin überzeugt davon, dass die Tad de Raud zugeschlagen haben!« Ein Offizier durchbrach die bedrohlich wirkende Stille. »Wir müssen ihnen zeigen, dass wir so nicht mit uns umspringen lassen.«

»Haben Sie Beweise dafür?«, fragte Tolot in dröhnendem Flüsterton. »Atlan sprach von einem eigentlich unsichtbaren Dorf. Die Möglichkeit besteht, dass er und seine Begleiter dort festgehalten werden.«

»Die Ortungsprotokolle beweisen, dass keine Tad de Raud in den fraglichen Bereich gelangt sind!«, stellte Oberstleutnant Trooltrath fest. »Wir können die Koordinaten weit genug eingrenzen, um …«

Ein dumpfes Grollen erklang. Weit hinter den Pyramiden der Justierungsstation stieg ein greller Feuerball in den Himmel, gefolgt von mindestens einem Dutzend weiterer.

Die Flotte der Tad de Raud startete.

»Die Justierungsstation sichern! Kontakt mit den Suchtrupps halten!« Tolot warf sich herum und hetzte auf seinen Gleiter zu.

»Ich fliege zur HALLEY zurück. Vielleicht folgen wir den Tad de Raud!« Sein Ruf übertönte das Toben in der Atmosphäre.

 

*

 

Mit flammenden Impulstriebwerken jagten die Lüsterdrohnen durch die Atmosphäre. Die Bilder wurden von der EDMOND HALLEY übermittelt, kaum dass Tolot mit dem Gleiter abgehoben hatte.

Oberst Varasin schaltete sich in die Übertragung ein. Der Kommandant der HALLEY war für menschliche Begriffe ein Hüne, Tolot hatte schon munkeln hören, in seinen Adern fließe sehr viel Springerblut. Immerhin: die kräftige Gestalt, das rötlich blonde Haar und der Vollbart, wenn auch nicht von der wogenden Fülle eines Springerpatriarchen …

»Alle achtundsiebzig Schiffe gehen auf Fluchtkurs. Die Auswertungen zeigen, dass Fahrzeuge und Mannschaften in großer Eile wieder eingeschleust wurden.«

Tolot zog seinen Gleiter höher. Mittlerweile zeigte die eigene Ortung, dass die Tad de Raud wie ein aufgescheuchter Vogelschwarm auseinanderstrebten. Offensichtlich fürchteten die Vampirartigen, mit Wirkungsfeuer belegt zu werden. Ihr Manöver diente einzig und allein dem Zweck, wenigstens einen Teil der abziehenden Einheiten durchzubringen.

»Der Start hängt mit Atlans Schweigen zusammen!«

»Ausgeschlossen!«, wollte der Kommandant der HALLEY widersprechen, Icho Tolot sah es ihm an. Zugleich wurde der Blick des Terraners stechend.

»Die Truppen der Tad de Raud waren nicht in der Nähe der fraglichen Position. Nein, Tolot, nicht einmal im Schutz von Deflektoren oder Ähnlichem. Haben Sie Beweise für Ihren Verdacht?«

Es dröhnte dumpf, als der Haluter sich mit der flachen Hand an den Kopf schlug. So menschlich diese Geste wirken mochte, so fremdartig erschien sie doch in dem Moment.

»Ich weiß weder, wie Atlan, Schroeder und Marath an Bord einer der Lüsterdrohnen gelangt sein könnten, noch, falls es wirklich so wäre, in welchem Zustand sie sich befinden. Das zeitliche Zusammentreffen ist trotzdem frappierend. – Oberst, ich brauche eine Funkverbindung zu Marschall Deville-Kareem!«

Ein zweites Konterfei stabilisierte sich in der Übertragung. Es zeigte einen kleinen, kahlköpfigen, hageren Mann. Mit beiden Händen gestikulierte er und verriet damit schon vorab, was er zu sagen hatte.

»Kein Kontakt! Wir versuchen vergeblich, uns in die Schiffskommunikation einzuschalten.«

Angenommen, die eroberungswütigen Tad de Raud hatten es tatsächlich geschafft, Atlan und die Mutanten zu überwältigen. Setzte das nicht voraus, dass sie über effektivere Machtmittel verfügten, als ihre Technik vordergründig glauben machte?

Tolots Planhirn spielte mehrere Variationen des möglichen Geschehens durch. Vielleicht traf eine dieser Versionen sogar die Wahrheit.

Wenn dem so war, musste Deville-Kareem seine Gefangenen jedem Befreiungsversuch entziehen. Natürlich wusste der Marschall, wen die Tad de Raud in ihre Gewalt gebracht hatten, Atlan hatte sich schon in seinem ersten Funkgespräch als Befehlshaber des KombiTrans-Geschwaders zu erkennen gegeben.

Während vor dem Gleiter das Stahlgebirge der 1800 Meter durchmessenden EDMOND HALLEY aufwuchs und Tolot den rasenden Flug seines Gleiters abbremste, erfuhr er, dass Deville-Kareems Flaggschiff dem seltsamen Dorf am nächsten gewesen war. Sein Verdacht erhärtete sich.

Allerdings konnten Atlan und die Mutanten sich mit mehreren Teleportationen weit von dem Dorf entfernt haben, ohne dass es eine Möglichkeit gab, ihren Weg nachzuvollziehen.

Trotzdem: Startac Schroeder war nicht mit anderen Teleportern vergleichbar. Er hatte nicht die Fähigkeiten eines Ras Tschubai und schon gar nicht die des Mausbibers Gucky. Bei fünfzig Kilometern endete seine Reichweite, für Sprünge über größere Distanzen fehlten ihm die Voraussetzungen. Zudem hatte er Atlan und Trim Marath transportieren müssen, eine Belastung, die seine Reichweite weiter einschränkte. Und genau das stützte die Befürchtung, dass sich die drei an Bord der VLON RADARIN aufhielten.

Ein Leitstrahl dirigierte den Gleiter auf eine Hangarschleuse im Ringwulst der HALLEY zu. Tolot überließ das Flugmanöver der Positronik.

Obwohl die Lüsterdrohnen mit Höchstwerten beschleunigten, würde bis zu ihrer Transition geraume Zeit vergehen – Zeit genug für ein schnelles Abfangmanöver.

Tolot hatte eine präzise Vorstellung von der Mentalität der Tad de Raud. Auf gewisse Weise ähnelten sie seinen Vorfahren, den Bestien, die vor mehr als fünfzigtausend Jahren unsagbares Leid über die Milchstraße gebracht hatten. Eroberung schien für die Tad de Raud Lebensinhalt zu sein, sie siegten oder gingen unter. Deville-Kareem würde eher in den Tod fliegen, als sich aufhalten zu lassen. Ein Scheinangriff auf die VLON RADARIN wurde damit von vornherein sinnlos. Jedes Wirkungsfeuer gefährdete Atlan und seine Begleiter, sofern sie sich wirklich an Bord des Flaggschiffs befanden.

Die Alternative hieß Warten. Bis die Lüsterdrohne ihren Flug unterbrach oder ihr Ziel erreichte.

Icho Tolot traf seine Entscheidung, als der Gleiter im Hangar aufsetzte. Er gab dem Kommandanten der EDMOND HALLEY Anweisung, die Verfolgung aufzunehmen.

 

*

 

Im Nichts erklang ein Flüstern, unverständliche Worte, die sich wiederholten, dabei lauter werdend und zermürbend wie stetig fallende Wassertropfen. Den härtesten Fels konnten sie aushöhlen.

Mit diesem Flüstern erwachte ein grässlicher Schmerz. Heiß pulsierte er durch meinen Körper. Ich fühlte mich wie ein Käfer, den ein kräftiger Tritt zur Seite geschleudert hatte. Stumm fraß ich die Qual in mich hinein.

Ich …?

Der vage Versuch, mir meiner Existenz bewusst zu werden, endete in einer weiteren Schmerzwoge. Sie gebar irreal erscheinende Bilder. Erinnerungen? Ich wusste es nicht, erkannte nur, dass ich meine Pein hinausschreien musste, wollte ich nicht an ihr ersticken.

In meinen Gedanken manifestierte sich eine hochgewachsene, weißhaarige Gestalt. Hilflos starrten mich ihre roten Augen an. In das verzerrte Gesicht klatschte ein Wassertropfen. Er zerplatzte, aber schon traf der nächste Tropfen über der Nasenwurzel. Ein dünnes Rinnsal entstand und zog eine glitzernde Spur über die sonnengebräunte Haut.

Die nächsten Tropfen spritzten auseinander. Ein hämmerndes Stakkato wurde daraus … eine Folter, der niemand lange standhalten konnte … Zugleich schwoll das scharfe Flüstern an: Wenn du leben willst, musst du kämpfen!

Endlich erkannte ich in diesem von Schweiß und Nässe verzerrten Gesicht mein eigenes, und mit einem Mal waren da viele Hände, die mich packten und unsanft auf die Beine stellten. Sie zerrten mir die Arme auf den Rücken und rissen wie Barbaren an meinem Schutzanzug. Ein kräftiger Hieb traf mein Gesicht. Ich schmeckte Blut auf den Lippen – und schüttelte den Rest von Benommenheit ab.

Tu’s nicht! Du bist noch zu schwach!

Mit einer eher unbeholfenen Drehung ruckte ich herum und setzte zu einem Dagorgriff an, aber im Zupacken rutschten meine Finger ab und schrammten über lederartige Haut. Noch steckte mir die Benommenheit der missglückten Teleportation in den Knochen, trotz der belebenden Impulse des Aktivatorchips, und die zähe Nässe in den Augen zwang mich zu ungewohntem Blinzeln … Die Luft brodelte von dem Flattern dunkler Schwingen. Ein Knäuel zuckender Leiber erstickte meine Gegenwehr.

Deine Schwäche ist auch die Nachwirkung einer Paralysewaffe; die Tad de Raud haben dich sofort niedergestreckt.

Mich und Startac Schroeder und Trim Marath. Das wurde mir schlagartig bewusst. Trotzdem hatte ich keine Ahnung, wo wir uns befanden, ob sich die Mutanten überhaupt noch in meiner Nähe aufhielten, und schon gar nicht, wie dieser Fehlsprung zustande gekommen war.

Heisere Rufe klangen wie die Schreie auf Beute lauernder Raubvögel. Ich verstand nicht, was die Tad de Raud sagten, konnte nicht einmal feststellen, ob ich meinen Translator überhaupt noch besaß.

Die Gegner ließen mir so gut wie keine Bewegungsfreiheit, und ihre Körperausdünstungen raubten mir fast den Atem. Es stank erbärmlich nach Salmiak und anderen beißenden Ausdünstungen.

Du hättest auf mich hören sollen. Aber du musstest ungestüm deine Chance verspielen.

Ein Volk wie die Tad de Raud, das den Kampf zum Lebensinhalt erhoben hatte, akzeptierte keine Schwächlinge. Dessen war ich mir sicher. Wer sich nicht zur Wehr setzte, hatte schon verloren.

Eine Klauenhand umklammerte mein Kinn und zwang meinen Kopf herum.

Aus dem Gewühl flatternder Leiber schälte sich ein in seinen Grundzügen beinahe menschliches Gesicht heraus. Mehr Schatten als Licht ließen das düstere Rot der Haut noch dunkler erscheinen, beinahe ebenso schwarz wie die Augäpfel, deren hellrote Iris mich eindringlich fixierte.

Der Schädel war schmal, die leicht abstehenden Ohren erschienen deshalb markant. Faltig und eingefallen die Wangen, dazu passend die spitze kleine Nase sowie der schmallippige Mund, der sich in lautlosem Triumph öffnete und scharfe Raubtierzähne zeigte.

Ich erkannte dieses Gesicht.

»Marschall Deville-Kareem«, sagte ich rau.

Noch weiter riss er den Mund auf, zischte Unverständliches. Fauchend stieß er mir seinen heißen Atem entgegen.

»Ich gehe davon aus, dass die Tad de Raud die Überlegenheit des KombiTrans-Geschwaders anerkennen und ihre Unterstützung anbieten«, presste ich hervor.

Mein Blick schweifte durch einen schwer zu definierenden Raum. Hoch über mir wogte grüngoldene Helligkeit.

Immer noch umklammerte der Marschall mein Kinn. Ruckartig hielt er mir die andere Hand entgegen. Ich musste die Augen verdrehen, um erkennen zu können, dass ein Kombiarmband auf seiner Handfläche lag. Vermutlich mein eigenes. Die Tad de Raud hatten meine Ausrüstungsgegenstände einer flüchtigen Untersuchung unterzogen. Der Kombistrahler steckte bestimmt nicht mehr in dem Holster an meiner Hüfte. Was außerdem fehlte, würde sich zeigen.

Als ich nach dem Armband griff, wurde der Druck auf meinen Unterkiefer unerträglich. Marschall Deville-Kareem wollte nicht, dass ich das Gerät an mich nahm. Trotzdem hielt er mir die flache Hand weiterhin entgegen.

Erneut entblößte er seine Eckzähne und stieß einen befehlenden Laut aus. Langsam schnitten seine Krallen durch meine Haut.

Ich deutete mit dem abgespreizten kleinen Finger auf den Sensorpunkt, der den Translator aktivierte.

Der Marschall spuckte aus. Sein Gesicht wurde zur Grimasse, dann löste er den Griff. Für einen Moment deutete sein Muskelspiel an, dass er darauf wartete, ich würde ihn angreifen. Vielleicht war er enttäuscht, dass ich genau das nicht tat, aber in der fremdartigen Physiognomie zu lesen war gefährlich. Zu schnell konnte ich mich irren, und unter diesen Umständen mochte jeder Irrtum der letzte sein.

Eigentlich konnte ich mich nur auf einer der Lüsterdrohnen befinden, mit einiger Wahrscheinlichkeit auf dem Flaggschiff. Startac und Trim waren noch gelähmt oder ohne Bewusstsein. Der Zellaktivator hatte mich schneller als sie wieder auf die Beine gebracht.

Mein Gegenüber berührte mit einer Krallenspitze den Sensor. Er wusste genau, dass er keine Waffe vor sich hatte, erkannte zweifellos die Möglichkeit der Verständigung. Fraglich war nur, was er daraus machen würde.

»Die Umstände unseres Zusammentreffens sind bedauerlich, weil sie außerhalb des Üblichen liegen.« Deville-Kareem funkelte mich begierig an. »Atlan – Expeditionsleiter eines unbekannten Volkes –, du und deine Begleiter sind willkommene Gäste an Bord meines Flaggschiffs VLON RADARIN.«

Er ist ein schlechter Lügner, kommentierte der Extrasinn bissig.