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Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

Glossar

Impressum

PERRY RHODAN – die Serie

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Nr. 2396

 

Traitanks zwischen 20 Sonnen

 

Aufbruch der RICHARD BURTON – die Transmitterstrecke wird verraten

 

Hubert Haensel

 

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Wir schreiben das Jahr 1346 Neuer Galaktischer Zeitrechnung – dies entspricht dem Jahr 4933 alter Zeitrechnung. Seit Monaten stehen die Erde und die anderen Planeten des Solsystems unter Belagerung. Einheiten der Terminalen Kolonne TRAITOR haben das System abgeriegelt, während sich die Menschen hinter den TERRANOVA-Schirm zurückgezogen haben.

Währenddessen hat die Armada der Chaosmächte die komplette Milchstraße unter ihre Kontrolle gebracht. Nur in einigen Verstecken der Galaxis hält sich weiterhin zäher Widerstand. Dazu zählen der Kugelsternhaufen Omega Centauri mit seinen uralten Hinterlassenschaften und die Charon-Wolke. Wenn die Galaktiker eine Chance gegen TRAITOR haben wollen, müssen sie mächtige Instrumente entwickeln – und sie müssen den Hebel dort ansetzen, wo das Problem seinen Ursprung hat: in Hangay.

Das wissen allerdings auch die Diener der Chaotarchen. Der Duale Kapitän Zerberoff begibt sich direkt in das hyperphysikalische Chaos von Omega Centauri. Dort soll er den Galaktikern das Vordringen nach Hangay unmöglich machen, indem er den Startpunkt der Transmitterstrecke nach Hangay in Besitz nimmt. Im Kharag-Sonnendodekaeder kommt es zur Konfrontation der Galaktiker mit TRAITANKS ZWISCHEN 20 SONNEN …

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Zerberoff – Der Duale Kapitän sieht eine Möglichkeit, vergangene Scharten auszuwetzen.

Dantyren – Der Emporkömmling TRAITORS fordert Zerberoff heraus.

Perry Rhodan – Der Terranische Resident spricht ein Machtwort mit dem Nukleus.

Atlan – Der Arkonide trifft einen alten Freund.

Darzoge – Zerberoffs Adjutant erfährt die Dankbarkeit seines Vorgesetzten.

1.

 

Ein Gewitter hing in der Luft.

Perry Rhodan hatte kaum einen Blick für die blutrot aufgehende Sonne. Ebenso wenig für den wolkenlosen Himmel, der am Horizont scheinbar nahtlos mit dem Ozean verschmolz.

Ein kurzer Flug lag vor ihm – und dann …? Vielleicht würde nichts mehr so sein wie zuvor.

Er flog auf Kurs Südost, der Sonne entgegen. In Gedanken versunken, registrierte er das Rufzeichen. Es interessierte ihn nicht, endete ohnehin nach wenigen Augenblicken.

Dann wieder. Vorrangschaltung diesmal. Das Gesicht einer Frau erschien ohne sein Zutun; an ihrem Kragen prangten die Rangabzeichen einer LFT-Agentin.

»Perry, du?« Sie war sichtlich überrascht. »Niemand hat dein Kommen avisiert. Gibt es gewichtige …?«

»Nein!« Schroff unterbrach er sie, wusste selbst nicht, warum er so reagierte. Vielleicht, weil er in den Minuten vor der Landung mit sich und seinen Befürchtungen allein sein wollte.

»Soll ich alle zusammenrufen, Perry? Marc, Fawn …«

»Ich brauche keinen Massenauflauf!«, sagte er, immer noch weit abweisender als beabsichtigt, und ignorierte den verwirrten Ausdruck im Gesicht der Agentin.

»Kann ich dich irgendwie unterstützen? Ich meine … Wenn du mir sagst, was …«

»Das geht nur mich etwas an!«

Die Frau erschrak, ein Hauch von Blässe überzog ihre Wangen.

»Tut mir leid«, sagte Rhodan, der klägliche Versuch einer Entschuldigung, und schaltete ab. Er versteifte sich im Pilotensitz. Jetzt war nicht die Zeit für Erklärungen. Auf ihn wartete die Konfrontation, die er viel zu lange vermieden hatte.

 

*

 

Die Space-Jet ging in den Landeanflug. Das Meer war kabbelig, voraus tauchte die Inselgruppe aus dem Morgendunst auf. Hingestreut wie Juwelen lagen die Galapagos-Inseln in der gleißenden See. Dann die Siedlung Schohaakar, die im seichten Wasser vor der Isla Bartolomé verankerte Plattform mit den acht Zylindertürmen.

Die Space-Jet landete am Rand der Bucht. Es war der 20. Februar 1346 NGZ, früher Vormittag. Die Gebäude ebenso wie der nahe markante Pinnacle Rock warfen lange Schatten.

Eine feuchte Brise umfing Rhodan, als er die Jet verließ. Es roch nach Tang und Technik. Er schaute sich um, schüttelte widerwillig den Kopf, als er das heraneilende Empfangskomitee entdeckte.

»Perry!«, rief ihm Marc London entgegen. »Wir wussten gar nicht …«

Mit einer abwehrenden Handbewegung stoppte er den Mutanten. Marc hob die Schultern, ließ sie langsam wieder sinken, schaute ein wenig hilflos zu Fawn und seinen beiden weiteren Begleitern, LFT-Agenten.

»Das ist kein Höflichkeitsbesuch«, sagte Rhodan. »Ich habe wichtige Dinge zu erledigen – allein!«

Er wusste, dass er zu hart reagierte, dass ihm die Last der Verantwortung anzumerken war. Das sah er schon an Marcs überraschtem Augenaufschlag, an der Art, wie der Junge sich irritiert über die Bartstoppeln rieb.

»Ich bin hier, um mit dem Nukleus zu reden«, lenkte er deshalb ein. »Anschließend werde ich sofort weiterfliegen. Also kümmert euch am besten nicht um meine Anwesenheit.«

»Gibt es eine brisante Entwicklung?«, fragte einer der Agenten. »Steht zu befürchten, dass die Kolonne den TERRANOVA-Schirm doch bald durchbrechen wird?«

Enerviert biss Rhodan die Zähne zusammen. »Ich weiß es nicht«, antwortete er dann, wenngleich das nur die halbe Wahrheit war. Dass der einzige wirkungsvolle Schutz für das Solsystem zusammenbrach, konnte schon in wenigen Minuten eintreten. Viel hing von dem Verlauf seiner Unterredung ab.

»Ich gehe allein zum Nukleus! Es gibt einiges zu klären!«

Er ließ die Freunde einfach stehen, schritt wortlos auf den Pinnacle Rock zu.

Wie oft hatte er sich so gefühlt? Einsam und unverstanden. Er glaubte, die Situationen an den Fingern beider Hände abzählen zu können. Zuletzt, als ihn die Nachricht von Michaels entsetzlichem Schicksal erreicht hatte. Sein Sohn Mike alias Roi Danton – in der Gewalt der Kolonne. Die Angreifer hatten Roi das Menschsein genommen und ihn zu einer Schimäre gemacht. Trotzdem hütete Rhodan sich davor, seinem Sohn als Erlösung den Tod zu wünschen. Nicht, solange er keine Ahnung hatte, wie Roi selbst sein Schicksal empfand.

Oft hatte er in den letzten Monaten seine Unsterblichkeit verflucht, sich aber auch gefragt, wo die Menschheit heute stünde, hätte er damals auf dem Mond nicht den gestrandeten Forschungskreuzer der Arkoniden entdeckt. Vielleicht, sagte er sich, wäre das Leben auf der Erde in ruhigeren Bahnen verlaufen. Falls die Menschen sich nicht in einem irrsinnigen globalen Atomschlag selbst vernichtet hätten. Oder auf irgendeine andere Weise, denn sie hatten schon immer die Auswahl gehabt.

Und die in Hangay entstehende Negasphäre und die Terminale Kolonne TRAITOR? Beides gäbe es auch ohne ein ehemaliges Solares Imperium und ohne die heutige Liga Freier Terraner. Von einer Bedrohung nicht zu wissen bedeutete keinesfalls, dass sie deshalb aufhörte zu existieren. Wenn Kinder die Augen schlossen in der Hoffnung, auf diese Weise unsichtbar zu werden, war das nicht mehr als ein frommer Wunsch. Das wirkliche Leben war anders – gnadenlos.

Er stapfte durch den Sand, die Zähne zusammengebissen und die Arme mittlerweile vor der Brust verschränkt. Sein Blick huschte über den ansteigenden Strand hinweg, folgte den blitzartig fliehenden Krabben, blieb an leeren Muschelschalen hängen und an dem angespülten Seetang.

Dieses Stückchen Land glich einem Paradies. Wenigstens für ihn und in genau diesem Moment. Die Bucht wirkte unberührt von dem Kampf gegen die Terminale Kolonne TRAITOR und der Auseinandersetzung mit den Mächten des Chaos, die schon kein Krieg mehr war, sondern sehr viel tiefer ging und an den Grundfesten der Existenz rüttelte. Das war etwas Endgültiges!

 

*

 

Der Sandstrand wich felsigem Untergrund. Vor ihm, im Widerstreit von Licht und Schatten gleich einem Falten schlagenden dreieckigen Segel, ragte der Pinnacle Rock auf. Perry Rhodan hob den Blick. Seit wenigen Sekunden fühlte er sich beobachtet, als versuchte eine unheimliche Macht, tief in ihn hineinzuschauen. Doch er hatte nicht die Absicht, nur einen Hauch seiner Überlegungen preiszugeben.

Ich weiß, woran ich mit unseren Feinden bin!, dachte er bitter. Aber wer bewahrt mich vor unseren Freunden? Anfangs nur schwelende Glut, loderte diese Frage mittlerweile wie eine gierig um sich greifende Feuersbrunst.

Rhodan glaubte, schallendes Gelächter wahrzunehmen. Als amüsiere sich jemand köstlich über seinen Zwiespalt.

ES?

Plötzlich war da ein Widerschein gleißender Helligkeit. Eine gelblich weiße, Funken sprühende Kugel, gut zwei Meter durchmessend, schwebte hinter dem Pinnacle Rock hervor. Sie glitt an der kahlen Abbruchkante des angrenzenden Hügels entlang, der wirkte, als habe die Axt eines Riesen ihn abgeschlagen, um Platz für die Bucht zu schaffen.

Das Spiegelbild der Kugel im Wasser lockte Fische an. Rhodan sah das zuckende Gewimmel der silbernen Leiber, als wollten sie sich auf den Funkenregen stürzen. Er selbst empfand das Pulsieren des Nukleus wie den Herzschlag eines lebenden Wesens.

Die mentale Kraft von fünfunddreißigtausend Monochrom-Mutanten, vereint mit der geistigen Essenz des Volkes der Charandiden – wer wollte den Nukleus nicht als lebendiges Wesen sehen. Obwohl Messgeräte beim Nachweis dieses pulsierenden Herzschlags versagten.

Du kommst wegen mir, Resident?!, erklang die Gedankenstimme des Nukleus. Ich spürte schon die Erregung, mit der du Marc und Fawn weggeschickt hast.

Der Nukleus verharrte nicht mehr als höchstens vier Schritte vor Rhodan. Dem Terraner war bewusst, dass jeder von Schohaakar aus sie sehen konnte. Wahrscheinlich zerbrach sich in dem Moment jeder TLD-Agent vor Ort den Kopf darüber, was diese Begegnung bedeutete.

»Auf welcher Seite stehst du in diesem verdammten Krieg?«, fragte Perry Rhodan langsam und betont.

Du zweifelst an meiner Aufrichtigkeit? Ein Funkenregen stob davon wie der Auswurf eines Feuerrads, doch keiner dieser irrlichternden Splitter kam dem Terraner näher als bis auf Reichweite.

»Ich bin hier, um dein Verhältnis zu Terra ein für alle Mal zu klären.«

Schweigen.

Schließlich ein schneidender Gedanke: Wir sind Kinder der Erde, Perry Rhodan. Das kannst du nicht vergessen haben.

»Das habe ich auch nicht. Wenngleich das nur ein Teil der Wahrheit ist.«

Dein Misstrauen steht schon lange zwischen uns.

Jetzt war es Perry Rhodan, der schwieg. Und diesem Schweigen haftete ein Hauch von Bitternis an.

Habe ich mich nicht immer auf die Seite Terras und der Terraner gestellt? Ohne mein Eingreifen gäbe es keine Erde mehr, wahrscheinlich nicht einmal mehr das Solsystem – nicht in der Form, wie du es kennst. Ich habe Teile von mir abgespalten, um die mentale Energie der Menschen zur Verstärkung des TERRANOVA-Schirms einzusetzen. Was wäre ohne die Globisten in den Stadien geschehen?

Zweihundert Millionen Menschen und etliche Angehörige anderer galaktischer Völker, die, als TRAITOR gekommen war, das Pech gehabt hatten, sich auf der Erde oder im Solsystem aufzuhalten, waren rund um die Uhr im Einsatz. Pech oder Glück, ganz wie man es sehen wollte. Insgesamt fast eineinhalb Milliarden Einsatzkräfte, ein Zehntel der Gesamtbevölkerung im Solsystem. Sie gaben sich gegenseitig Kraft, wussten, dass sie stark sein mussten bis hin zur völligen Erschöpfung.

Oder ESCHER?, fuhr die Gedankenstimme fort. Glaubst du, dass ohne mein Eingreifen dieses machtvolle Instrument wirklich zu dem geworden wäre, was es heute ist? Wir brauchen ESCHER, werden darauf angewiesen sein wie auf kaum ein anderes Projekt …

»Welche Pläne verfolgt ESCHER?« Perry Rhodan stieß die Frage förmlich hervor.

Du wirst es erfahren, sobald die Zeit reif …

»Jetzt! Hier, in dieser Sekunde ist die Zeit reif. Sie ist überreif!«

Ich bedaure, Perry Rhodan, ich kann dir die Antwort darauf noch nicht geben.

»Das glaube ich nicht mehr. – Nenn mir einen einzigen logischen Grund, weshalb du mir gegenüber schweigst. Wenn nicht der Resident, wer hat dann ein Recht darauf, deine Beweggründe zu erfahren?«

Niemand, Perry.

»Warum?«

Terra darf nicht fallen.

»Wer sagt das wirklich? Auch das halte ich nur mehr für eine Phrase. Was geschähe, wenn Terra wirklich fiele? Welche Einbußen hätten wir im Kampf gegen TRAITOR? Vieles wurde nach außen verlegt, in Bereiche, die der Terminalen Kolonne unzugänglich bleiben werden. Und wenn wir schon davon reden: Was bauen Malcolm S. Daellian und die Algorrian in der Charon-Wolke?«

Es tut mir leid …

»Mag sein. Aber ich weiß nicht, ob ich das wirklich glauben soll. Ich kann nicht einmal herausfinden, ob du NATHAN beeinflusst hast. NATHAN hat Geheimnisse vor uns.«

Nicht erst heute, Perry.

Rhodans Miene versteinerte. Obwohl er schon geahnt hatte, welchen Verlauf das Gespräch nehmen würde, oder gerade deshalb, fühlte er sich leer und ausgebrannt. NATHAN hatte oft ein gewisses Eigenleben entwickelt, er brauchte nur an den Plan der Vollendung zurückzudenken, als ES die terranische Menschheit in sich aufgenommen und die Erde während ihres Sturzes durch den kosmischen Mahlstrom entvölkert hatte. Damals war das der Auftakt für tief greifende Veränderungen gewesen.

»Nicht erst heute«, wiederholte er sinnend. »Aber etwas ist inzwischen anders. Ab heute gelten andere Regeln. Meine. Ich werde nicht länger Entwicklungen goutieren, deren Auswirkungen ich mangels Informationen nicht abschätzen kann. TRAITOR ist ein Gegner, der jeden noch so geringen Fehler sofort ausnutzen wird.«

Dann sind wir uns in dieser Hinsicht einig.

Perry Rhodan lachte hell.

»Phrasen!« Er wurde lauter als beabsichtigt, scherte sich nicht darum, ob seine Stimme möglicherweise bis zu der Plattform mit den Zylindertürmen trug. »Ich weiß zur Genüge, welche Risiken bestehen, dass die Terminale Kolonne von Plänen erfährt, die im Solsystem geschmiedet werden. Ich weiß, dass unsere Gegner nicht nur irgendwelche Soldatenvölker sind, dass hinter ihnen höhere Wesenheiten stehen, mit KOLTOROC sogar eine Superintelligenz von beachtlichem Alter.«

Mindestens sechzig Millionen Jahre, bestätigte der Nukleus. Selbst wenn die terranische Regierung das Unmögliche schaffen würde, ihr Wissen vor den Koda Ariel geheim zu halten, eine Superintelligenz dieses Kalibers kann sie nicht täuschen. Dabei geht es nicht einmal um die harten Fakten, Perry. Du würdest deine Strategie verändern – und daraus Rückschlüsse zu ziehen, wäre für KOLTOROC ein Leichtes. Nur wenn niemand über gewisse Vorgänge Bescheid weiß – an allererster Stelle du selbst! –, werden keine Indizien entstehen. Denn dann wäre der Kampf vorbei, egal ob Terra gefallen ist oder nicht. Dann stünde nicht nur die Milchstraße vor dem Ende, sondern die gesamte Lokale Gruppe. Das kannst du nicht wollen, Perry Rhodan.

»Meine Aufgabe ist es, die mir anvertrauten Menschen ebenso zu retten wie unser Heimatsystem. Ich habe nie vor einer Aufgabe zurückgeschreckt und werde das auch jetzt nicht. Aber ich lasse mich nicht erpressen! Von niemandem.«

 

*

 

Etwas war in ihm zerbrochen. Perry Rhodan war nicht der Mann, der gegen seine Überzeugung handelte. Tief atmete er ein, dann wandte er sich wortlos um und ging. Unter seinen Stiefeln knirschte das halb verwitterte Geröll.

Vor ihm leckten die Wellen auf den beginnenden Sandstrand. In der mittlerweile sengenden Hitze verdunstete die zurückbleibende Nässe schnell. Schmetterlinge und schillernde Insekten gaukelten zwischen den üppig grünenden Büschen zu seiner Rechten. Ein Nichts, verglichen mit dem, was auf dem Spiel stand. Dennoch in all seiner Schönheit ein Teil davon.

Rhodan ballte die Hände, versuchte, an gar nichts zu denken.

Resident!

Er war keine Schachfigur, die andere nach Belieben setzen durften.

Zorn ist ein schlechter Ratgeber! Warum stößt du deine Freunde auf diese Weise vor den Kopf? Was ist los mit dir, Perry Rhodan?

Was los war? Diese Frage empfand er nicht nur als absonderlich, sondern schlicht als naiv. Er hätte aufzählen können, was los war, eine endlose Litanei, nur half er damit niemandem.

Vielleicht waren die Zeiten nie wie diese, Perry Rhodan. Jeder hat seine Aufgabe zu erfüllen. Die Wissenschaftler in der Charon-Wolke müssen dafür sorgen, dass aus ersten Nadelstichen gegen die Kolonne nachhaltige Angriffe werden, Schläge, die TRAITOR schmerzen.

Aus der Höhe erklang ein anschwellendes Donnern. Zwei Spuren ionisierter Gase stachen in den Himmel hinauf. Es waren größere Einheiten, die da im Alarmstart abhoben. Instinktiv erwartete Rhodan, dass ihn ein Notruf erreichte, doch sein Kombiarmband blieb stumm.

Ich trage Verantwortung dafür, dass aus allen kleinen Anfangserfolgen eine Perspektive wird, Perry. Ich entwickle die übergeordnete Strategie, die es uns ermöglicht, gegen die Terminale Kolonne zu bestehen.

»Uns?« Der Terraner fuhr auf dem Absatz herum, musterte die mittlerweile dicht über dem Wasser schwebende Kugel. »Im Gegensatz zu deinen Behauptungen kann ich kein Miteinander mehr erkennen. Wir kämpfen eigentlich gar nicht Seite an Seite. Weil wir Menschen längst zu deinen Marionetten degradiert sind, ohne eigene Entscheidungsbefugnis. Wir tun, was du für richtig hältst oder irgendjemand sonst, als dessen Handlanger du agierst. Dabei werden wir über alles im Unklaren gelassen und müssen uns mit Spekulationen zufriedengeben. Pflanzen, die im Dunkeln wachsen sollen, werden welk und gehen ein – das sollte dir bekannt sein. Auf diese Weise kann keine fruchtbare Zusammenarbeit entstehen.«

Der Funkenwirbel pulsierte heftiger.

»Wir Menschen sind weder Schachfiguren in einem undurchschaubaren Spiel noch Erfüllungsgehilfen obskurer Mächte«, sagte er schneidend scharf. »Wenn es kein gleichberechtigtes Miteinander geben kann, werde ich die Konsequenzen ziehen. Ich lasse nicht länger zu, dass wir Menschen und andere galaktische Völker für undurchschaubare Zwecke eingesetzt werden. Wir wollen wissen, welche Dinge weshalb geschehen.«

Niemand setzt euch für fremde oder gar unüberschaubare Zwecke ein. Die Menschheit wird nicht missbraucht, falls das deine Hauptsorge sein sollte. Ich setze vielmehr alles daran, das Volk zu retten, aus dem ich hervorgegangen bin. Und darüber hinaus so viel wie möglich von der Milchstraße.