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Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

Prolog

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

10.

Epilog

Glossar

Impressum

PERRY RHODAN – die Serie

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Nr. 2399

 

Finale für einen Dual

 

Brennpunkt Schaltstation – die Entscheidung zwischen Atlan und Dantyren

 

Uwe Anton

 

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Auf den von Menschen bewohnten Welten der Milchstraße schreibt man das Jahr 1346 Neuer Galaktischer Zeitrechnung – dies entspricht dem Jahr 4933 alter Zeitrechnung. Seit Monaten stehen die Erde und die anderen Planeten des Solsystems unter Belagerung der Terminalen Kolonne TRAITOR. Die Menschheit verbirgt sich hinter dem TERRANOVA-Schirm.

Die Chaosmächte haben fast die komplette Milchstraße unter ihre Kontrolle gebracht. Nur in einigen Verstecken der Galaxis hält sich der Widerstand. Dazu zählen der Kugelsternhaufen Omega Centauri mit seinen uralten Hinterlassenschaften und die Charon-Wolke. Wenn die Galaktiker eine Chance gegen TRAITOR haben wollen, müssen sie den Hebel dort ansetzen, wo das Problem seinen Ursprung hat: in Hangay.

Das wissen allerdings auch die Diener der Chaotarchen; sie greifen nach Omega Centauri, wo eine fürchterliche Raumschlacht entbrennt. Einen anderen Plan verfolgt Dantyren, der Duale Kapitän, dessen eine »Hälfte« aus Roi Danton besteht, Perry Rhodans Sohn.

So kommt es letztlich zum FINALE FÜR EINEN DUAL …

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Atlan – Der Arkonide will den Weg nach Hangay zu Ende bringen.

Dantyren – Der Duale Kapitän wartet auf das finale Duell.

Laurai Broder – Die Technikerin fühlt sich an Bord von Raumschiffen unwohl.

Domo Sokrat – Der Haluter merkt, wie die Zeit für das KombiTrans-Geschwader eng wird.

Prolog

Irgendwann, im Leben nach dem Leben

 

Ich bin tot, dachte sie, und das ist die Hölle. Vor ihrem geistigen Auge erlebte sie alles noch einmal: das rote Flimmern in der Luft, das Knistern der Energie, das Fesselfeld, das sie an der Explosion hinderte.

Sie war tot, und nun musste sie feststellen, dass einige der vorherrschenden Religionen der Milchstraße doch recht hatten. Es gab ein Leben nach dem Tode, ein Paradies und eine Unterwelt, und sie war dazu verdammt, bis in alle Ewigkeit jene grausamen Momente immer wieder von Neuem zu durchleben. Das Kriechen durch die engen Gänge … die Ungewissheit, was in diesem Augenblick mit der EDMOND HALLEY geschah, das Gefühl der absoluten Hilflosigkeit …

Und dann der Maschinenraum. Der stechende Schmerz in ihrem Bein, der von dem Sturz herrührte. Das zusammenbrechende Feld, das das rote energetische Flimmern im Zaum hielt. Entfesselte Energie, die sich explosionsartig in dem kleinen Raum ausdehnte. Ihr letzter überraschter Gedanke war, dass man auch während einer Raumschlacht mitbekommen konnte, wie man starb.

Dann Dunkelheit.

Und alles begann wieder von vorn.

Sie hatte entsetzliche Angst, die sie frösteln ließ, bis sie sich in ihrer Erstarrung kaum noch bewegen konnte, und dann wieder so stark erhitzte, dass sie zu verbrennen glaubte. Sie kroch durch einen engen, dunklen Gang, ewig durch immer denselben Gang.

Als wäre diese endlose Qual nicht genug, veränderte sich immer wieder ihre Umgebung. Die Luft, die sie verzweifelt in die Lungen zu saugen versuchte, schien dicker zu werden, schließlich sogar flüssig. Sie hustete, würgte, rang nach Atem.

Du trägst einen Raumanzug!, erinnerte sie sich. Warum schließt du ihn nicht?

Sie versuchte es, doch es wollte ihr einfach nicht gelingen.

Sie musste in der Tat tot sein.

Die Flüssigkeit drang immer tiefer in ihre Lungen, doch sie konnte ungehindert weiteratmen, als wäre es die reinste, köstlichste Luft.

Und dann kroch sie nicht mehr durch enge Gänge und wurde nicht mehr von explodierenden Energiekupplungen zerfetzt. Nun gab es für sie nicht mehr den geringsten Zweifel. Sie war wieder in einem Raum – etwa dem Maschinenraum? –, und seine kahlen Wände flimmerten, als fließe die aus der Kupplung entwichene Energie in sie hinein und entstoffliche sie.

Hartes Metall wurde weicher, gerade Linien und Konturen runder. Dann löste sich der Raum vor ihren Augen auf, und sie glaubte, ungehindert ins All sehen zu können, in einen tiefschwarzen, unendlichen Abgrund. Sie hielt nach Traitanks Ausschau, die die HALLEY angriffen, konnte jedoch keine entdecken.

Das All wurde immer heller, weicher, runder, und sie zweifelte an ihrem Verstand, als sie dann tatsächlich ihren Schöpfer sah. Oder besser gesagt, ihre Schöpferin.

Die wenigen, unendlich weit auseinander stehenden Sterne zogen sich zusammen, leuchteten nicht mehr kalt in dem Abgrund, sondern warm und mitfühlend und bildeten einen ihr vertrauten Umriss. Ein Gesicht.

Das von Utea Nermalldo.

 

*

 

Sie hätte mit allem gerechnet, aber nicht damit, dass sie im Augenblick ihres Todes das Antlitz der Chefmedikerin der HALLEY vor sich sah. Ein dunkler Tunnel, an dessen Ende ein helles Licht leuchtete … ja. Eine Wiese, auf der der Löwe friedlich neben dem grasenden Schaf lag, ja. Ihre Mutter, die die Hand nach ihr ausstreckte, um sie an sich zu ziehen, ja.

Aber ich bin schon tot, dachte sie dann, und meine Seele hat den Körper verlassen und steht nun neben ihm und sieht zu, wie die Medikerin die Obduktion meiner Leiche vorbereitet.

Damit hatte sie nun wirklich nicht gerechnet, nicht damit, dass der schwarze Abgrund sich in die hellen und freundlichen Wände eines Krankenzimmers der Bordklinik verwandelte, und nicht damit, dass die kleine, kräftige, resolute Terranerin mit dem halblangen, dunkelbraunen Haar sich als Todesengel entpuppte, der sie ins Jenseits bringen würde.

Und es war Utea Nermalldo, da war jeder Zweifel ausgeschlossen. Sie kannte die Medikerin so gut wie kein anderes Besatzungsmitglied an Bord der HALLEY, weil sie ihr schon mindestens zehn Versetzungsanträge gestellt hatte.

»Tu mir nicht weh, Utea«, flüsterte sie. »Und enttäusch mich nicht.«

Das Gesicht der Medikerin kam näher, wurde immer wirklicher, und der schwarze Abgrund wich weiter zurück, wurde immer irrealer.

Im Leben nicht, dachte sie. Das ist nicht der Tod. Irgendetwas ist passiert, etwas, das ich noch nicht verstehe.

Sie spürte, wie ihr Oberkörper in die Höhe gehoben wurde. Die flüssige Luft – das Wasser – strömte aus ihren Lungen, und einen Augenblick lang wurde alles dunkel um sie. Dann konnte sie wieder normal atmen.

»Du bist wach«, sagte die Chefmedikerin der HALLEY.

 

*

 

»Wo … bin ich?«, fragte Laurai Broder. »Was ist passiert?«

»Auf der Medostation«, antwortete Utea Nermalldo. »Du hast versucht, eine defekte Energiekupplung zu reparieren, und sie ist explodiert. Aber die Systeme deines Raumanzugs haben rechtzeitig reagiert und den Schutzschirm aufgebaut. Die Druckwelle hat dich zurückgeschleudert, aber ansonsten ist dir nichts geschehen. Auf unsere Technik ist Verlass.«

»Und warum bin ich dann auf der Medostation?« Plötzlich kamen Laurai die Wände nicht mehr hell und freundlich vor, sondern schmerzhaft weiß und kalt. Eiskalt.

»Du wurdest nicht verletzt«, sagte die Chefmedikerin, »bist aber trotzdem in ein Koma gefallen. Ich habe keine Erklärung dafür.«

Ich schon, dachte Laurai Broder. Ich kann das Leben an Bord eines Raumschiffs nicht ertragen. Mein Verstand hat dichtgemacht. Ich will von hier weg. Ich muss von hier weg.

»Wahrscheinlich psychosomatischen Ursprungs«, fuhr die Medikerin fort. »Ich weiß ja, welche Probleme das Leben an Bord eines Raumschiffs für dich mit sich bringt.«

»Wie lange war ich bewusstlos?«

»Gut sechs Stunden. Wir befinden uns mittlerweile im Jiapho-System.«

Mitten im Nichts, dachte Laurai. Jetzt bin ich auf ewig in diesem fliegenden Sarg gefangen. Jetzt werde ich sterben, ohne mitzubekommen, dass ich sterbe.

»Ich habe zwei Nachrichten für dich«, sagte die Chefmedikerin.

»Die schlechte bitte zuerst.«

»Zwei gute. Es gibt keine schlechte.«

»Nicht? Wie ungewöhnlich. Was für Nachrichten?«

»Die erste: Du hast überlebt, bist unverletzt und dienstfähig. Wir haben dich zur Vorsicht in einen Tank mit Nähr- und Heilflüssigkeit gelegt, aber das war eigentlich überflüssig.«

Wir, dachte Laurai. Immer wenn Ärzte einem Patienten etwas mitteilen, sprechen sie von wir. Als könnte keiner allein die Verantwortung übernehmen.

»Und die zweite?«

»Ich habe deinen Versetzungsantrag unterschrieben. Du wirst an Bord eines Raumschiffs nicht glücklich werden. Du bist ab sofort der Schaltstation zugeteilt. Dort können sie jeden Techniker brauchen. Und sobald sich die Möglichkeit ergibt, dich auf einen Planeten zu versetzen …«

Laurai hörte gar nicht mehr richtig hin. Raus aus der HALLEY, dachte sie. Endlich. Besser kann es nicht kommen. Jetzt wird alles gut. Jetzt erst recht, nach allem, was ich hinter mir habe.

1.

Atlan

15. März 1346 NGZ

 

Um genau 10.04 Uhr terranischer Standardzeit fiel die EDMOND HALLEY als letztes Schiff aus der Transmitterzone zwischen den Nagigal-Sonnen. Noch während die Besatzung gegen die Entzerrungsschmerzen ankämpfte, entwickelte sich hektisch anmutende, aber zielgerichtete Aktivität in der Zentrale.

Auch ich rieb meinen Nacken, um die Nachwirkungen des großen Sprungs zu lindern. »Verbindung mit der Bodenkontrolle!«, befahl ich Hylmor von Port Teilhard, dem venusgeborenen Leiter der Abteilung Funk und Ortung. »Statusberichte über Nagigal und Kharag!«

Keine zehn Sekunden später lag die Antwort vor. »Keine ungewöhnlichen Beobachtungen in Nagigal! Aber die Bodenkontrolle meldet, dass zum Standort Kharag keine Verbindung mehr besteht!«

»Danke.« Ich hatte mit dieser Auskunft gerechnet. Gegen meine innere Überzeugung hatten die Experten mich davon überzeugt, dass es möglich war, die Sonnentransmitter für die Terminale Kolonne unbrauchbar zu machen, ohne sie gleich zu zerstören, damit wir sie später im Bedarfsfall wieder nutzen konnten. Mir schwante bei diesem Plan nichts Gutes, vor allem nicht, wenn ich an die technische Überlegenheit TRAITORS dachte: Wie sollte eine schlichte Programm-Manipulation Wesen aufhalten, die zwischen Universen wechseln konnten?

Doch der Logiksinn hatte mir geraten, dem Vorschlag der Experten zu folgen. Seine Argumentation erschien mir einsichtig.

Die Kolonne benötigte die Transmitter nicht, um die Entfernung nach Hangay – oder zumindest in die Nähe der entstehenden Negasphäre – zu überwinden. Das war ihr, im Gegensatz zu den Galaktikern, auf konventionellem Weg möglich. Daher würde sie keinen großen Aufwand betreiben, die Transmitterstrecke wieder in Betrieb zu nehmen.

Wir hatten die Kontrolle über das Sonnendodekaeder in Omega Centauri zwar verloren, aber in einigen Punkten dennoch eine gewisse Planungssicherheit gewonnen. Zum einen konnten uns die Traitanks der Kolonne nun nicht mehr direkt durch den Transmitter nach Nagigal folgen; wir befanden uns also in relativer Sicherheit. Zum anderen stand damit fest, dass die Manipulationen, die wir an der Schaltwelt Kharag vorgenommen hatten, durchaus geeignet waren, die Kolonne zumindest kurz- oder mittelfristig aufzuhalten.

»Positronik«, sagte ich, »Befehl an die zuständigen Stellen. Die gleichartige Manipulation der Schaltungen hier in Nagigal mit Höchstgeschwindigkeit vorantreiben. Kurierschiffe nach Gulver und Jiapho schicken, dort die Manipulationen ebenfalls fortsetzen beziehungsweise abschließen.«

»Verstanden und bestätigt«, antwortete die auf samtweiche Weiblichkeit programmierte Stimme des Bordrechners.

Ich lehnte mich kurz in meinem Sessel zurück und schloss die Augen. Ein paar Sekunden lang gestattete ich mir, an den Haluter Cornor Lerz zu denken, der die letzten Arbeiten in der Stahlwelt persönlich abgeschlossen hatte, um sicherzustellen, dass alles nach Plan verlief. Aber mehr als einen stummen Dank konnte ich ihm nicht abstatten.

Dann konzentrierte ich mich wieder auf die Gegenwart.

Ausgezeichnet, meldete sich der Extrasinn. Sonst hätte ich dich ziemlich unsanft zurückholen müssen. Dir bleibt nicht viel Zeit. Du musst Entscheidungen treffen.

Aber der Logiksektor hatte recht. Ich musste davon ausgehen, dass der Terminalen Kolonne nach der Einnahme Kharags ebenfalls sämtliche weiteren Etappen der Transmitterstrecke bekannt waren.

So viel zu unserer relativen Sicherheit.

Die Frage war nur, wie schnell nun eine Reaktion erfolgen würde. TRAITOR funktionierte mit allen Vor- und Nachteilen einer strengen Befehlshierarchie; persönliche Eitelkeiten, Karrierestreben und Intrigen mochten durchaus ebenfalls eine Rolle spielen. Hinzu kamen die notwendigen Flugzeiten, die wir durch die Sabotage Kharags erzwungen hatten. Bei einem Überlicht-Faktor von 50 Millionen konnte man das Jiapho-Duo von der Milchstraße aus im Direktflug in knapp 13 Tagen erreichen.

Von Hangay aus allerdings schon in knapp sechs Tagen und von Andromeda aus in weniger als fünf. Du gehst davon aus, dass man uns von der Milchstraße aus verfolgt.

Ich schwieg und war meinem Berater wieder einmal sehr dankbar, obwohl es mir peinlich war, dass er mich ständig auf solche Dinge aufmerksam machen musste.

Da der Terminalen Kolonne die genauen Koordinaten im Leerraum nicht vorliegen, könnte sich die Zeitspanne eventuell etwas vergrößern, stellte der Extrasinn klar, falls sie erst nach den Systemen suchen muss. Andererseits können innerhalb der Milchstraße einzelne Raumschiffe über Hunderte von Lichtjahren hinweg angemessen werden. Die Ortung eines Duos gleichartiger Sterne im Leerraum sollte hingegen ein Kinderspiel sein und zeitlich nicht relevant.

Ich antwortete barscher, als ich es eigentlich beabsichtigt hatte. Das ist mir auch klar. Aber von irgendwelchen Werten müssen wir ausgehen.

Der Extrasinn lachte. Bewusst von falschen?

»Halt den Mund!« Meine Laune hatte sich noch nicht wesentlich gebessert, woran in erster Linie Perry die Schuld trug – auch wenn er uns in Omega Centauri in buchstäblich letzter Sekunde den Hintern gerettet hatte.

Nagigal, Gulver und Jiapho waren nur Etappen auf unserem Weg nach Hangay. Es galt, dort die Entstehung einer Negasphäre zu verhindern. Beim Jiapho-Duo würde ich auf die RICHARD BURTON wechseln und die Expeditionsleitung übernehmen.

Ursprünglich war Perry als Leiter dieses Projekts vorgesehen gewesen. Dann jedoch hatte er mir unvermittelt erklärt, durch andere Aufgaben in der Milchstraße gebunden zu sein, und mich gebeten, ihn zu vertreten.

Um Missverständnissen vorzubeugen – ich zweifelte nicht eine Sekunde an Rhodans Worten. Doch dass mein ältester Freund mich bei aller notwendigen Geheimhaltung nicht ins Vertrauen zog, machte mir zu schaffen.

Das hatten wir doch schon mal, stellte der Extrasinn fest. Perry Rhodan wird seine Gründe haben. Find dich damit ab und konzentriere dich auf das Wesentliche!

Ich setzte mich in meinem Sessel aufrecht. Das Wesentliche war: Nagigal, Gulver und Jiapho mussten geräumt werden, soweit das noch nicht geschehen war, und zwar so schnell wie möglich.

»Positronik«, sagte ich, »sobald die Arbeiten abgeschlossen sind, werden wir die letzten terranischen und halutischen Techniker aus der Justierungsstation aufnehmen.«

Ich bemerkte, dass Kommandant Varasin den Kopf zu mir drehte. »Wir werden den Standort Nagigal aufgeben.« Aus seinem Blick sprach nicht die geringste Überraschung. Selbstverständlich hatte er nach dem Verlust Kharags mit dieser Entscheidung gerechnet. Es gab keine andere.

 

*

 

»Eure Entscheidung steht fest?«, fragte Aheun Arcalotz. Schweiß perlte auf seiner Stirn.

Er ist noch immer fett, dachte ich, und das, obwohl er in den letzten Wochen beträchtlich abgenommen zu haben scheint. Der ehemalige Koch und jetzige Regierungschef der Raphanen hatte sich seiner Verantwortung gestellt, und sie zehrte offensichtlich an seiner Körperfülle.

»Wir können für die Raphanen im System nichts tun«, erwiderte ich. Es gefiel mir nicht, das sagen zu müssen, aber es hatte keinen Zweck, um den heißen Brei herumzureden.

»Ihr lasst uns also einfach im Stich«, drückte der ehemalige Ordin-Priester das aus, was ich bislang mit wohlfeilen Worten zu umschreiben versucht hatte.

»Es ist damit zu rechnen, dass die Terminale Kolonne euch als uninteressant einstufen wird«, stellte ich klar. »Ein intergalaktisches Leerraum-System ohne nennenswerte Wirtschaftskraft, ohne nennenswerte Technologie, dafür komplett überbevölkert. Ihr braucht nur stillzuhalten und kommt voraussichtlich weitgehend unbehelligt davon.«

»Voraussichtlich.« Seine rötliche Haut schien eine Spur dunkler zu werden.

»Für die Kolonne ist allein der Sonnentransmitter von Interesse«, versuchte ich ihn zu beruhigen. »Und der wird von unseren Technikern sorgfältig unbrauchbar gemacht, sodass hier über Jahre hinaus nichts gehen wird.«

Wie in Kharag, dachte ich. Unsere Spezialisten hatten in erster Linie Schaltungen manipuliert, die von den Terranern oder Halutern selbst leicht wieder in den Normalzustand versetzt werden konnten. Nicht jedoch von den Technikern der Kolonne, die nicht einmal wussten, wo sie nach den Problemen suchen sollten. Bauliche Schäden hatten wir nicht verursacht. Wenn ich den Experten Glauben schenken konnte, war es uns durchaus möglich, nach einer noch nicht absehbaren Spanne den Sonnentransmitter wieder in Betrieb zu nehmen.

Der kaum anderthalb Meter große Raphane suchte nach passenden Worten, fand aber keine. Natürlich hatten wir Galaktiker das Gefüge der raphanischen Gesellschaft eingerissen, doch es wäre früher oder später buchstäblich unter ihrem eigenen Gewicht zusammengebrochen. Wir hatten ihre unglaublich überbevölkerte Welt in Aufruhr versetzt, ihnen aber mit einem zweiten Planeten eine mögliche Zukunft geschenkt, die sie sonst niemals bekommen hätten.

Und dass die Terminale Kolonne jetzt ins System der drei blauen Riesensonnen im Leerraum zwischen den Galaxien kommen würde, knapp eine Million Lichtjahre von der Milchstraße entfernt und etwa 1,35 Millionen Lichtjahre von Andromeda … Ich ging in der Tat davon aus, dass TRAITOR ihnen kaum Beachtung schenken würde.

»Dann ist das der Abschied«, sagte Arcalotz. Seine Stimme klang gleichgültig, doch als ich genauer hinhörte, machte ich darin etwas aus … Zorn? Trotz? Kampfeswille?

In diesem Augenblick war ich davon überzeugt, dass die Raphanen auch die Begegnung mit der Terminalen Kolonne überstehen würden.

Ich nickte Arcalotz zu und unterbrach die Verbindung. Ich hätte mir einen schöneren Abschied gewünscht.

 

*

 

Ich beobachtete auf den Holos, wie die letzten Verbände der KombiTrans-Flotte Kurs auf die drei blauen Riesensonnen nahmen und im Abstrahlfeld des Sonnentransmitters verschwanden. Um 14 Uhr folgte die HALLEY ihnen als letztes Schiff. Damit hatten wir den Standort Nagigal geräumt.

Auch beim Gulver-Duo trieb ich die Arbeiten voran. Ich hatte weiterhin ein ungutes Gefühl, was unseren überstürzten Aufbruch nach Hangay betraf, und der Logiksektor gab mir recht.

entkommenlassen