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Nr. 32

 

Ausflug in die Unendlichkeit

 

Sie sind zur Einsamkeit verdammt – auf einer Welt ohne Sterne ...

 

von CLARK DARLTON

 

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Die von Perry Rhodan geleitete Dritte Macht – jene glückliche Mischung aus menschlicher Energie und arkonidischer Supertechnik – hat in den zehn Jahren ihres Bestehens bereits eine wildbewegte Geschichte aufzuweisen, die voller dramatischer Höhepunkte ist.

Die jüngsten Geschehnisse jedoch erwecken den Eindruck, dass Perry Rhodan seit seiner Begegnung mit den »Springern« oder »Galaktischen Händlern« auf eine Macht gestoßen ist, die jederzeit gewillt und in der Lage ist, die Erde zu vernichten und damit einen möglichen Konkurrenten des interstellaren Handels auszuschalten.

Noch hält der von den schweren Kreuzern TERRA und SOLAR SYSTEM im Albireo-System errichtete Abwehrriegel.

Aber wie lange noch wird es dauern, bis die Springer merken, dass die Terraner nur ein Ablenkungsmanöver veranstalteten ...?

Perry Rhodan brennt die Zeit auf den Nägeln, aber um eine wirksame Waffe gegen die Springer zu erhalten, muss er wieder den Planeten des ewigen Lebens aufsuchen – und einen AUSFLUG IN DIE UNENDLICHKEIT machen ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Perry Rhodan – Kommandant der STARDUST und Herr der Dritten Macht.

Reginald Bull – Ein »berühmter Filmstar« bemüht sich um seine Gunst.

Topthor und Grogham – Zwei Händler aus der Sippe der »Überschweren«.

»Er« oder »Es« – Ein körperloses Wesen, das mitunter sehr »greifbar« sein kann.

Kadett Redkens – Er bekommt ein Autogramm.

Laar, Regoon, Gorat und Nex – Eine Million Jahre waren sie zur Einsamkeit verdammt – auf einer Welt ohne Sterne.

1.

 

Man konnte auf den ersten Blick erkennen, dass keine menschliche Hand dieses riesige Raumschiff erbaut hatte. Es glitt in freiem Fall in einer Entfernung von 15 Lichtstunden um die Sonne und beobachtete mit Hilfe seiner empfindlichen Instrumente ihre Planeten.

Seine Form erinnerte an eine ungeheure Walze, die vorn abgerundet und hinten stumpf war. Es war dreihundert Meter lang und besaß einen Durchmesser von fünfzig Meter. In regelmäßigen Abständen schimmerte Licht aus runden Luken. Dahinter bewegten sich riesige, quadratische Schatten.

Das fremde Schiff war nicht allein. Sieben weitere begleiteten es. Die Flotte umkreiste die Sonne – eine Flotte, von Wesen gesteuert, die noch niemals ihren Fuß auf die Erde gesetzt hatten. Und sie sahen auch nicht aus wie Menschen.

Ihre Heimat war das Weltall, nicht ein bestimmter Planet. Sie lebten in ihren Schiffen und trieben Handel mit allen intelligenten Rassen des Universums. Sie liebten den Frieden nur dann, wenn sie durch ihn profitieren konnten. Versprach ein Krieg mehr Gewinn, dann sorgten sie dafür, dass ein Krieg entstand. Sie waren tolerant und autoritär zugleich, sie besaßen Humor und zeichneten sich gleichzeitig durch ihre erbarmungslose Härte aus, wenn ihnen jemand bei ihren Geschäften in die Quere kam.

Und genau das war jetzt geschehen. In der Kontrollzentrale des Führungsschiffes wuchtete Kommodore Topthor vor den arbeitenden Bildschirmen. Ja, er wuchtete, denn Topthor wog nach irdischen Begriffen fast zehn Zentner. Er war so breit, wie er hoch war – nämlich ein Meter und sechzig Zentimeter. Seine Hautfarbe spielte ins Grünliche, aber sein glatter Schädel war haarlos. Dafür trug er nach der Sitte seiner Rasse seinen rötlichen Vollbart.

Die »Galaktischen Händler« waren Nachkommen jener Arkoniden, die 30.000 Lichtjahre von der Erde entfernt ein großes Imperium besaßen, aber zu schwach geworden waren, es zu verwalten. Somit waren auch die Händler selbständig geworden und schufen sich ihr eigenes Reich. Sie nahmen Verbindung mit allen bewohnten Planeten auf und lebten vom Handel.

Aber Topthor war wiederum kein gewöhnlicher »Händler«, sondern gehörte zur Sippe der so genannten »Überschweren«. Vor undenklichen Zeiten, als die Abkömmlinge der Arkoniden noch auf Planeten wohnten, lebten sie auf einer Welt mit einer Schwerkraft von 2,1 g. Die Folge war gewesen, dass sie im Verlauf vieler Generationen eine anatomische Veränderung durchgemacht hatten, die ihnen ihre jetzige Körperform verliehen hatte. Sie waren die Außenseiter ihrer Rasse, aber galaktisches Denken verbannte jegliche Rassendiskriminierung. In ihrer gerissenen Klugheit hatten die Händler – oder »Springer«, wie sie auch genannt wurden – aus der anatomischen Strukturveränderung ihrer Gefährten Kapital geschlagen, wie auch diese selbst. Die »Überschweren« wurden die Wachtruppe der Springer. Sie lebten davon, ihren Rassegefährten auf deren Wunsch hin zu Hilfe zu eilen und notfalls für sie zu kämpfen.

Diesmal jedoch handelte Topthor auf eigene Initiative.

Er starrte auf den vordersten Bildschirm. Er zeigte einen grünblauen Planeten mit allen Anzeichen einer blühenden Zivilisation. Kontinente lagen eingebettet in blaue Meere. Weiße Wolkenbänke lagerten über den Landstrichen und verbargen Einzelheiten.

Das riesige Wesen mit den menschlich anmutenden Gesichtszügen nickte und hieb mit der klobigen Hand auf einen Knopf. Sofort leuchtete ein anderer Bildschirm auf. Das Gesicht eines anderen »Überschweren« erschien.

»Sie wünschen, Topthor?«

»Da unten auf dem Planeten drei dieses Systems also soll es sein? Hm, merkwürdig. Und wir erfahren es erst heute.«

»Sie nennen sich Terraner«, half der andere aus. »Seit einigen Jahren erst kennen sie die Raumfahrt, und schon schicken sie sich an, uns ins Geschäft zu pfuschen. Mit zwei anderen Sonnensystemen unterhalten sie bereits Handelsverbindungen.«

»Ich weiß, Grogham. Die Funksprüche unserer Brüder waren ja deutlich genug. Soweit ich mich entsinne, haben Orlgans und Etztak ausführliche Berichte ausgetauscht, die wir mithören konnten. Sie haben uns zwar nicht um Unterstützung gebeten, aber unsere Gesetze verbieten unser Eingreifen keineswegs, wenn es für eine andere Händlergruppe keinen Schaden verursacht.«

Sie unterhielten sich in dem üblichen Galaktisch, das von allen intelligenten Rassen des Imperiums gesprochen wurde. Grogham strich sich über den Bart, der ihn älter erscheinen ließ, als er in Wirklichkeit sein mochte.

»Die letzten Berichte besagen, dass Orlgans und Etztak genug damit zu tun haben, diesen Beauftragten des Terraners Perry Rhodan zu fangen, der sich auf einem Eisplaneten, etwa dreihundert Lichtjahre von hier, verschanzt hat. Warum sollten wir in der Zwischenzeit nicht mal hier nachsehen – denn schließlich ist dieser Planet drei ja die Ursache der ganzen Aufregung. Vielleicht können wir ein Geschäft machen.«

Topthor wurde von einer Sekunde zur anderen eiskalt.

»Hier wird kein Geschäft gemacht, Grogham. Hier nicht! Sie scheinen nicht begriffen zu haben, dass uns zum ersten Mal eine ernsthafte Konkurrenz entstanden ist. Dieser Rhodan hat im Verlauf von einem Jahrzehnt aus einem rückständigen Planeten eine interstellare Macht geschaffen. Seine Schiffe greifen uns an. Er hat uns, den Springern, damit den Krieg erklärt. Und warum? Nur weil wir versuchten, ihm ein wenig in die Karten zu gucken.«

»Nicht wir«, verbesserte Grogham pedantisch, »sondern Orlgans. Er kaperte zwei Schiffe Rhodans, um die Leute auszuhorchen. Wenn Sie das als einen freundlichen Akt bezeichnen wollen ...«

»Ruhe!«, brüllte Topthor – und wenn der zehn Zentner schwere Koloss brüllte, erzitterten selbst die Bildschirme weit entfernter Schiffe. So war es kein Wunder, dass Grogham erschrak. Schließlich war er nur Kommandant eines Schiffes, das zu Topthors Handels- und Kampfflotte gehörte. »Was meinen Sie, was mich diese Kleinigkeiten interessieren? Glauben Sie, ich habe den weiten Flug unternommen, um mich in die Angelegenheiten anderer Händlersippen zu mischen oder ihnen gar zu helfen? Wenn es dabei etwas zu verdienen gibt, meinetwegen, aber bisher haben weder Orlgans noch Etztak um Hilfe gebeten. Und gezahlt wird nur verlangte Hilfe.«

Grogham schien ratlos.

»Warum kamen wir dann, Topthor? Ich habe noch niemals erlebt, dass Sie etwas grundlos getan haben ...«

»Sehr gut beobachtet«, lobte Topthor geschmeichelt. »Ich tue niemals etwas umsonst. So auch diesmal nicht. Ich habe die Meldungen unserer inzwischen ausgeschalteten Spionage-Roboter und der Station auf dem Mond Titan genau verfolgt. Rhodan wird mit Etztak nicht fertig, wenn dieser auf den Gedanken kommen sollte, uns oder andere Kampfeinheiten anzufordern – womit er zögert, weil es Geld kostet. Also plant Rhodan, sich selbst die notwendigen Waffen zu beschaffen, um insbesondere Etztak niederzuringen. Und wo will er sich die beschaffen?«

Grogham wusste es nicht.

»Aber ich weiß es!«, triumphierte der Kommandant der Flotte. »Zwar spricht man nur mit einer gewissen Skepsis von dem ›Planeten des ewigen Lebens‹, man raunt von seiner Existenz, aber niemand weiß, ob die Sage einen realen Hintergrund besitzt. Ich bin gewohnt, jeder Sage einige Tropfen Wahrheit zuzutrauen – also auch dieser.«

»Der Planet des ewigen Lebens?«, murmelte Grogham ungläubig. »Ich hörte davon. Er soll irgendwo in den Weiten des Kosmos seine unberechenbare Bahn ziehen, aber niemand fand ihn bisher. Ein schönes Märchen ...«

»Kein Märchen!«, brüllte Topthor wütend. »Glauben Sie, dieser Rhodan würde einem Phantom nachjagen, wenn es um seine Existenz geht? Ich habe ganz zuverlässige Informationen, dass er weiß, wo dieser sagenhafte Planet ist. Er kennt seine Position. Und er will ihn aufsuchen, um sich neue Waffen zu holen. Wenn ihm das gelingt, sind wir unsere Vorrangstellung in der Galaxis los. Wenn wir ihm jedoch zuvorkommen, machen wir das Geschäft unseres Lebens.«

»Weiß Etztak von Rhodans Vorhaben?«

»Natürlich weiß er es, aber er ist genau so ein Trottel wie Sie – er glaubt nicht an die Existenz des geheimnisvollen Planeten. Ihm scheint es wichtiger, jenen kleinen Angestellten Rhodans, einen gewissen Tifflor, zu fangen, der sich irgendwo auf einem Eisplaneten versteckt hält. Nun, ich bin klüger als Etztak.«

Grogham widersprach nicht.

»Etztak und seine Taktiken interessieren uns im Augenblick nicht«, fuhr Topthor fort. »Wir haben nur ein einziges Ziel: Perry Rhodan zu überwachen, dieses erstaunliche Individuum, dem es gelang, den Arkoniden ihre streng gehüteten Geheimnisse abzunehmen. Er imponiert mir, dieser kleine Terraner. Aber ich darf mich nicht von Gefühlen leiten lassen, denn immerhin ist das Endziel dieses Terraners, unsere Macht zu brechen. Und das, Grogham, darf ihm nicht gelingen. Wenn im Imperium der Arkoniden wieder einmal Ordnung herrscht, machen nicht mehr wir allein die Geschäfte – und mit dem Ausbeuten neu entdeckter Welten ist es dann ganz vorbei.«

»Wann, sagen die Meldungen, wird er starten?«

»Wer? Rhodan? Das ist es ja – wir wissen es nicht. Die Berichte sind schon alt – relativ alt. Sie brachen ab, als Rhodans Großaktion unsere Relais-Stationen – besser, die von Etztak – außer Betrieb setzte. Wir hörten nur, dass Rhodan den Versuch unternehmen will, den Planeten des ewigen Lebens aufzusuchen – und nun kommt das Wichtige an dieser Sache. Er will ihn noch einmal aufsuchen. Das bedeutet, dass er bereits dort war und somit seine Position kennt.«

Groghams Vollbart zitterte merklich. Seine Augen wurden groß und rund.

»Er war schon dort?« Er atmete schwer. »Bei den Göttern des Universums und bei allen Märkten der Galaxis ...«

»Nicht wahr?«, freute sich Topthor. »Das hört sich schon ganz anders an? Wir verfolgen keine verwehende Spur, sondern jagen einer Realität nach. Übrigens«, wechselte er abrupt das Thema, »noch keine Meldung von den anderen Schiffen?«

»Sie stehen auf der anderen Seite des Systems, dreißig Lichtstunden entfernt. Bisher keine Beobachtung, dass terranische Schiffe gestartet wären. Auch fanden keine Transitionen statt.«

Topthor nickte befriedigt.

»Das ist wichtig. Die Transitionen werden Rhodan verraten. Mit unseren Raum-Struktur-Tastern werden wir jede Bewegung durch die fünfdimensionale Existenzebene bemerken und errechnen können. Wir werden den Transitionen einfach folgen, und wenn wir viel Glück haben, ganz in der Nähe rematerialisieren, wo auch Perry Rhodan mit seinen Schiffen in den Normalraum zurückkehrt.«

»Klug ausgedacht«, musste Grogham zugeben. »Hoffentlich dauert das Warten nicht zu lange.«

»Und wenn es Jahre dauert«, gab Topthor bissig zurück, »es wird sich in jedem Fall lohnen. Der Planet des ewigen Lebens – was ist er schon gegen ein paar verlorene Jahre ...?«

Und wieder einmal blieb Grogham die Antwort schuldig.

Schweigend glitten die acht Schiffe weiter um die entfernte Sonne und lauerten darauf, dass ein Terraner versuchte, den Planeten Erde und danach das Sonnensystem zu verlassen. Sie bildeten einen Riegel, der nicht durchbrochen werden konnte, ohne die empfindlichen Ortungsgeräte zu alarmieren.

Ohne es zu wissen, war die Erde zum Mittelpunkt eines intergalaktischen Absperrgürtels geworden.

Und dieser Gürtel hatte Zeit zum Warten ...

 

*

 

Perry Rhodan aber hatte nicht mehr viel Zeit.

Das, was er seit einem Jahrzehnt erfolgreich zu vermeiden gesucht hatte, war geschehen. Die mächtigste Rasse des großen Imperiums der Arkoniden war auf die Erde aufmerksam geworden. Vorbei war es nun mit der schützenden Isoliertheit und der wohltuenden Anonymität. Ausgerechnet die Springer, die Galaktischen Händler, mussten die Erde finden!

Die erste Schlacht war gewonnen. Alle von den Springern auf der Erde und im Sonnensystem eingesetzten Spionageroboter waren ausgeschaltet worden. In einem Blitzangriff hatte Rhodan die Funkstationen auf Titan vernichtet. Aber noch war nichts entschieden. Im fernen System des Doppelsterns Beta-Albireo, 320 Lichtjahre von der Erde entfernt, standen die beiden schweren Kreuzer TERRA und SOLAR SYSTEM im Kampf gegen die bewaffnete Handelsflotte der beiden Springer-Kommandanten Orlgans und Etztak. Und auf dem zweiten Planeten des Systems, der urzeitlichen Eiswelt, harrten Julian Tifflor und seine Freunde aus und warteten auf ihre Befreiung. Gucky, der kleine Mausbiber mit seinen erstaunlichen Fälligkeiten, war bei ihnen. Vielleicht gelang es ihnen, die Springer solange hinzuhalten und von Rhodan abzulenken, bis dieser die notwendigen Waffen besaß, die Eindringlinge ein für allemal zu vertreiben.

Die Gesamtlage war also nicht gerade rosig zu nennen, als das mächtige Schlachtschiff der Imperium-Klasse, die 800 Meter im Durchmesser messende Raumkugel STARDUST, dem Transitionspunkt entgegenraste.

Perry Rhodan war entsprechend nervös.

Reginald Bull registrierte das mit entsprechendem Missbehagen.

»Ich möchte nur wissen, warum du dir solche Gedanken machst, Chef«, versuchte er, seinen Freund aufzuheitern. »Alles läuft prima. Um Gucky und Tiff brauchen wir uns keine Sorgen zu machen, die schaffen es schon. Und was Nyssen angeht ...«

»Major Nyssen hat keine leichte Aufgabe«, erinnerte ihn Rhodan ernst. »Die beiden unter seinem Kommando stehenden Kreuzer kennen zwar ihre Pflicht, aber ich weiß nicht, wie lange sie es aushalten werden, ständig neue Scheinangriffe zu fliegen. Und was noch heikler ist: wann werden diese Springer, die ja schließlich eine intelligente Rasse zu nennen sind, endlich merken, dass wir sie nur hinhalten wollen?«

»Warum heißen sie eigentlich Springer? Sie sehen doch genauso aus wie wir.«

»Sie besitzen keine eigentliche Heimat, sondern springen mit ihren Handelsschiffen von Sonnensystem zu Sonnensystem. Man nennt sie auch Händler, aber ich finde, Springer passt besser zu ihnen, weil es ihre Heimatlosigkeit betont.«

Bully sah auf den Bildschirm. Der Riesenplanet Jupiter glitt seitlich aus dem Blickfeld. Die STARDUST raste mit annähernder Lichtgeschwindigkeit auf den jenseits der Plutobahn befindlichen Transitionspunkt zu.

»Wie lange wird es dauern?«, fragte er.

Rhodan zog die Stirn kraus.

»Du hast ein unnachahmliches Talent dafür, die schwierigsten Probleme in einfachen Fragen auszudrücken, mein Freund. Wie lange wird es dauern – das ist ja das Verrückte an der ganzen Sache! Ich fürchte, ich kann dir im Augenblick deine Frage nicht beantworten. Du wirst dich entsinnen, dass wir schon einmal auf dem Planeten des ewigen Lebens weilten, und als wir dann zur Erde zurückkehrten, waren viereinhalb Jahre vergangen. Planet Wanderer, das künstliche Gebilde eines Überwesens, existiert in einer anderen Zeitebene. Wir müssen aber hin, um eine neue Waffe zu erhalten, ohne die wir die Springer niemals vertreiben können. Was geschieht, wenn wir erst nach ein oder zwei Jahren zurückkehren, auch wenn wir glauben, nur wenige Tage auf Wanderer geweilt zu haben?«

Ein mattes Grinsen huschte über Bullys breites Gesicht. Seine roten Haarborsten machten nicht einmal den Versuch, sich bei dieser ungeheuerlichen Vorstellung protestierend aus ihrem Pomadezwang zu befreien, wie sie es üblicherweise taten. Verächtlich winkte er mit der dicken Hand ab.

»Warum sollte das geschehen? Wir werden es einfach bitten, die Zeitdifferenz auszugleichen.«

Rhodan sah für einen Augenblick in der Tat verdutzt aus. Dann zuckte er die Achseln.

»Es wird uns was husten, nehme ich an.«

Es – das war das unbegreifliche Wesen, dem der Planet Wanderer gehörte. Die Vergeistigung eines uralten Volkes. In ihm lebten Milliarden Gehirne, die freiwillig auf ihren Körper verzichtet hatten. Zu vergleichen war es nur mit einem Energiewesen, das die Intelligenzkapazität der gesamten Menschheit in sich vereinigte. Es – das zuerst unbegreifliche Wunder, das man erst dann zu verstehen begann, wenn man sich der Tatsache bewusst wurde, dass es trotz seiner unendlichen Überlegenheit Humor besaß.

»Warum sollte es das?«, protestierte Bully und blieb diesmal ernst. »Du bist gut mit ihm ausgekommen, bei deinem ersten und später zweiten Besuch, der allerdings nur Minuten dauerte. Warum sollte es uns nicht den Gefallen tun, diesen Zeitfaktor einmal auszuschalten?«

Rhodan drückte halb geistesabwesend auf einen Knopf. Ein kleinerer Bildschirm leuchtete auf. Das Gesicht eines Mannes erschien. Es gehörte einem der Funker.

»Sir?«

»Senden Sie einen Ultra-Funkspruch an Major Nyssen. Standort: System Beta-Albireo, 320 Lichtjahre. Koordinaten bekannt. Text verschlüsselt. Wortlaut ...«