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Über dieses Buch:

Er war ein Fürst seines Volkes – doch durch eine Intrige seines Bruders hat der Wikinger Halvdan alles verloren. Nun wird er, festgekettet wie ein Tier, auf dem Sklavenmarkt zum Kauf angeboten. Zunächst wagt niemand, sich dem muskulösen, wütenden Mann zu nähern. Nur eine sieht etwas in ihm, was den anderen verborgen bleibt: die junge Äbtissin Reina, die eine neue Klosterkirche errichten lassen will. Halvdan ist vom ersten Moment an verzaubert von ihrer Anmut und Schönheit – und trotzdem nicht bereit, sich ihren Befehlen zu beugen. Reina lässt nichts unversucht, den Wilden zu zähmen. Dabei merkt sie zu ihrem eigenen Entsetzen, welche Leidenschaft er in ihr weckt …

Über die Autorin:

Megan MacFadden ist das Pseudonym einer Autorin, die bereits viele Erfolge im Bereich der Unterhaltungsliteratur vorweisen kann. Ihr Spektrum reicht von historischen Liebesromanen über erotische Literatur bis hin zu humorvollen Ratgebern.

Bei venusbooks erschienen bereits die Megan-MacFadden-Romane Die Gefangene des Highlanders, Die Geliebte des Kosacken, In den Fesseln des Wikingers und Die Sklavin des Wikingers.

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eBook-Neuausgabe November 2015

Ein eBook des venusbooks Verlags. venusbooks ist ein Verlagslabel der dotbooks GmbH, München.

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Titelbildgestaltung: Nele Schütz Design, München, unter Verwendung von shutterstock/conrado

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH

ISBN 978-3-95885-204-4

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Megan MacFadden

Die Nonne und der Wikinger

Roman

venusbooks

Kapitel 1

Reina klammerte sich mit beiden Händen an den Sattel ihres Pferdes und blickte mit leuchtenden Augen auf das bunte Gewimmel. Himmel – dieser Markt zu Füßen der bischöflichen Kirche war der reinste Hexenkessel und ganz gewiss nicht der rechte Ort für eine Klosterfrau. Männer, Weiber und Kinder drängten sich um die Stände, Leibeigene in kurzen, zerrissenen Kitteln feilschten um Hühner und Schweine, Herren in teuren Tuchmänteln besahen kostbare Hermelinkragen, heißblütige Langobarden brüllten ihre Angebote in die Menge, schlitzäugige Waräger priesen ihre Rauchwaren. Zwischen den Ständen sprangen buntgekleidete Gaukler umher und trieben grobe Scherze mit Händlern und Käufern, und unter einer Buche standen drei junge Männer und grölten Lieder, die von den Umstehenden mit Feixen und Lachsalven bedacht wurden.

»Ich habe dich gewarnt, meine Liebe«, hörte sie die Stimme ihres Schwagers Robert, der dicht neben ihr ritt. »Aber du wolltest mich ja unbedingt hierher begleiten.«

»Und ich bin sehr froh darüber«, gab sie zurück und hob das Kinn, um ihre Verwirrung zu verbergen. »Ich will für alle Belange meines Klosters selbst sorgen – das habe ich mir vorgenommen.«

Sie reckte sich im Sattel, strich den Nonnenschleier zurück und konnte sich kaum sattsehen. Welche Vielfalt kostbarer Güter hier auf Tischen und Tüchern ausgebreitet war! Dunkler Zobel und rötlicher Fuchspelz aus dem Osten lagen neben dicken gelben Wachskugeln und schimmernden Seidenstoffen, Düfte von süßem Honig und gebratenem Fleisch mischten sich mit den feinen Aromen der Gewürze aus dem Orient, glänzend polierte Schwerter und Dolche blinkten im Sonnenlicht. Die junge Nonne wusste kaum, wohin sie zuerst schauen sollte, und sie spürte, wie ihr schwindlig wurde. Das also war das Leben, das aufregende, wilde, sündige Leben der weltlichen Menschen, von dem sie bisher nur gehört, das sie aber in der Abgeschiedenheit ihres Klosters niemals zu sehen bekommen hatte. Es war angsteinflößend, zugleich aber auch wundervoll.

Dicht neben ihr züngelte eine helle Flamme auf, so dass ihr Pferd einen angstvollen Satz machte und sie fast aus dem Sattel gestürzt wäre. Doch schon im nächsten Augenblick fasste eine kräftige, schwarzbehaarte Hand die Zügel ihres Pferdes und bändigte das Tier.

»Das ist ein Feuerspucker aus dem Land der Sarazenen«, hörte sie die belustigte Stimme ihres Schwagers. »Sollen wir zu den fremden Gauklern hinüberreiten, damit du ihre Künste bewundern kannst?«

Reina hätte dies um ihr Leben gern getan, doch sie nahm sich zusammen, denn es schickte sich nicht für eine Klosterfrau, Freude an solch zweifelhaften Späßen zu haben.

»Dazu haben wir keine Zeit«, erwiderte sie und rückte ihren Schleier wieder zurecht. »Lass uns zügig unsere Einkäufe erledigen.«

Graf Robert schmunzelte, denn er hatte die Begeisterung in ihren Augen sehr wohl bemerkt. Es gefiel ihm, dass seine junge Schwägerin Freude an dieser prallen Weltlichkeit hatte, die so manche Klosterfrau in Angst und Schrecken versetzt hätte. Nein, eine prüde, weltfeindliche Büßerin war Reina keineswegs. Es wäre auch schade gewesen, denn sie war schön. Viel zu schön für eine Nonne.

Er behielt die Zügel ihres Pferdes vorsichtshalber in der Hand und wies seine Knechte an, die Bauern und herumwimmelnden Kinder aus dem Weg zu treiben, damit sie ohne Belästigung zwischen den Ständen umherreiten konnten. Einen vorwitzigen Bettler, der sich der Nonne näherte und ihr seinen knochigen Arm entgegenstreckte, beförderte der Graf höchstpersönlich mit einem kräftigen Fußtritt in einen Stapel Trockenfisch. Hämisches Gelächter, Wehklagen und zorniges Schelten des Händlers waren die Folgen, die Robert jedoch wenig kümmerten. Die Späße des »Schwarzen Grafen« waren auf dem Markt von Rouen bereits bekannt, und jeder, ob Händler oder Käufer, hätte sich wohl gehütet, den Unwillen des hohen Herrn zu erregen.

»Warum tust du das?«, fragte Reina unwillig. »Ich hätte ihm einige Deniers gegeben.«

»Eben darum«, gab er grinsend zurück. »Wenn du jeden Bettler hier auf dem Markt mit einem Almosen beschenken willst, so wird für unseren Handel kein einziger Denier mehr übrig bleiben.«

Das leuchtete der jungen Nonne zwar ein, dennoch gefiel es ihr wenig. Eigentlich bedeutete das ja, dass sie ihren Einkauf auf Kosten der Armen tun würde – dabei hatte sie doch nur im Sinn, ihr Werk zum Ruhme Gottes und der heiligen Kirche zu befördern. Unsicher betrachtete sie die Menge der Krüppel und Bettler, die neben dem Eingang der Kirche kauerten, und sie stellte fest, dass es nicht immer leicht war, draußen in der Welt den rechten Weg zu finden.

Robert hatte den beklommenen Ausdruck auf Reinas Gesicht wahrgenommen und war bemüht, sie abzulenken. Er hielt die Pferde vor dem Stand eines jüdischen Stoffhändlers an und gab ihm einen Wink. Der alte Mann eilte mit einem Stapel bunter, glänzender Seidenstoffe herbei, die er dem Grafen zum Prüfen der Qualität emporhielt.

»Was hältst du davon?«, meinte Robert und beobachtete gespannt den Gesichtsausdruck seiner jungen Schwägerin. Zu seiner Enttäuschung blickte Reina recht gleichgültig auf die verführerisch schöne Ware.

»Wenn du Gisela davon etwas mitbringen möchtest ...«, sagte sie und zuckte die Schultern.

»Genau das habe ich vor, meine Liebe. Fühle doch einmal, welcher dieser Stoffe deiner Schwester am besten gefallen würde.«

Sie tat ihm den Gefallen und ließ die Finger über einige der Stoffe gleiten, die der alte Mann zu ihr hinaufhielt. Sie spürte eine seltsame, sehr angenehme Zartheit und Kühle, ein kleines Prickeln auf der Haut wie bei einem leichten Windhauch oder der kitzelnden Berührung einer weichen Feder. Für einen Augenblick beneidete sie ihre arme Schwester, die sich in solch duftige Gewänder hüllen durfte.

»Nun?«, fragte Robert, der sie nicht aus den Augen gelassen hatte. Und Reina hatte auch im Kloster nicht gelernt, ihre Gefühle zu verbergen. Deutlich hatte er ihr ansehen können, was sie bei der Berührung der Seide empfand. Es war Sinnlichkeit gewesen, da war er sich fast sicher.

»Nimm von der blauen Seide, diese Farbe liebt Gisela ganz besonders«, gab Reina zurück und setzte sich wieder im Sattel zurecht. »Und dann sollten wir zu den Sklavenhändlern hinüberreiten, bevor es Mittag wird.«

Sie ließ sich nicht von ihrem eigentlichen Vorhaben ablenken – das gefiel ihm. Er hatte während der vergangenen Monate die Erfahrung gemacht, dass Reina trotz ihres jugendlichen Liebreizes außerordentlich zielstrebig und hartnäckig war. Das widerspenstige kleine Mädchen, das er damals ins Kloster geschickt hatte, weil sie ihm lästig war, steckte noch tief in ihr drin.

Er erwarb zwei Ballen Tuche, ließ sie auf den Lastpferden verstauen und lenkte die Pferde dann durch das lärmende Markttreiben hinunter zum Fluss, wo die Sklaven feilgeboten wurden. Der Erzbischof hatte in seinen Predigten den Handel mit Sklaven zwar oft genug angeprangert – da die Waräger und Sarazenen ihm jedoch einen kräftigen Marktzoll zahlten, war der Sklavenhandel in Rouen weder eingeschränkt noch gar verboten worden. Nur allzu dicht beim Bischofssitz und der Kirche durfte er nicht stattfinden, weshalb man sich mit der menschlichen Ware in die Flussaue begeben hatte.

Trotz aller Entschlossenheit spürte Reina banges Herzklopfen, als sie sich dem Handelsplatz näherten, der von einem festen Gatter umgeben war. Man hatte die Sklaven, die zum Verkauf standen, auf hölzernen Podesten ausgestellt, damit die Käufer sie von allen Seiten betrachten konnten. Bewaffnete Knechte standen neben den Podesten, lange Lederpeitschen in den Händen, deren Schnüre in einem Knoten oder einem kleinen, eisernen Haken endeten. Sie hatten nicht nur die Aufgabe, die Sklaven zu bewachen, sondern sie sorgten auch dafür, dass diese sich den Kunden in gehöriger Weise zeigten und ihre Vorzüge darboten.

Reina war den Anblick von leibeigenen Bauern gewohnt, auch hatte sie gesehen, wie ihr Vater ungehorsame Knechte mit eigener Hand züchtigte – dennoch war dieses Zurschaustellen und der Handel mit Menschen ihr fremd, und sie empfand einen tiefen Abscheu dagegen. Robert hatte ihr Pferd wohlweislich auf jene Seite des Marktes geführt, wo man die männlichen Sklaven, die für schwere Arbeiten gebraucht wurden, feilbot, doch ihren scharfen Augen war nicht verborgen geblieben, dass drüben, zum Fluss hin, eine Reihe junger Frauen ausgestellt war, die von kauf- und schaulustigen Männern mit begierigen Blicken taxiert wurden. Schwarzhaarige, zierliche Sarazeninnen waren darunter, blonde Frauen aus Sachsen sowie Muselmaninnen mit breiten Gesichtern und schräg stehenden Augen aus dem Land der Waräger. Auch sehr junge Knaben standen dort zum Verkauf, und obgleich Reina im Kloster erzogen worden war, so wusste sie doch recht gut, wozu manche Männer sich ihrer bedienten.

Robert sah die Röte, die ihre Wangen überzogen hatte, und er beeilte sich, den geplanten Kauf so rasch wie möglich über die Bühne zu bringen. Für den Bau der Klosterkirche fehlte es an Knechten, vor allem solchen, die schwere und schwerste Arbeiten bewältigen konnten. Deshalb hatte man sich entschlossen, einige Sklaven für das Kloster zu erwerben, die später sesshaft und zu Leibeigenen werden konnten.

»Es wird besser sein, wenn du die Auswahl mir überlässt«, meinte Robert beiläufig und hielt die Pferde vor einem breiten Podest an, auf dem Männer unterschiedlichen Alters hockten und darauf warteten, dass man um sie feilschte.

Reina war sich ihrer eigenen Unerfahrenheit bewusst, dennoch fühlte sie sich als Äbtissin für diesen Kauf mitverantwortlich und musterte daher die Männer mit kritischem Blick, um zumindest ihre Meinung beisteuern zu können. Zwei Sarazenen saßen mit gekreuzten Beinen auf dem Brettergestell, das dunkle Haar kurzgeschoren, ein gleichmütiges Lächeln auf den Lippen, als ginge sie das ganze Geschehen nichts an. Neben ihnen hockten drei kräftige junge Männer in kurzen braunen Kitteln, die wohl aus dem Süden des Frankenreiches stammten – vermutlich von Wikingern erbeutete und in die Sklaverei verkaufte Christen. Ein grausames Los, das sie diesen Männern erleichtern konnte, indem sie sie bei sich aufnahm und ihnen später ein Stück Land gab. Schon wollte Reina sich für diese drei entscheiden, da fiel ihr Blick auf einen weiteren Sklaven, der ein wenig abseits von den anderen saß, als wolle er nichts mit ihnen zu tun haben.

Der Mann hatte helles, kurzgeschnittenes Haar, das in der Sonne leuchtete. Als Einziger der Sklaven war er mit einer Kette am Fuß gefesselt, die an einem dicken, in den Boden getriebenen Pflock befestigt war. Das war ungewöhnlich – fürchtete man, er würde davonlaufen? Noch ungewöhnlicher waren die Muskelpakete, die sich über seinen breiten Oberkörper zogen und von dem halbzerfetzten Kittel nur unzureichend bedeckt wurden. Reina hatte noch nie zuvor einen Menschen von solcher Körperkraft gesehen, und sie spürte, dass sie bei seinem Anblick ein leises Zittern befiel. Sie konnte das Gesicht des blonden Mannes nicht erkennen, denn er saß mit vorgebeugtem Oberkörper und geneigtem Kopf da, den Blick zu Boden gerichtet.

»Ich denke, die drei Franken würden uns gut passen«, sagte Robert. »Sie sind kräftig und werden sich später als Leibeigene gut einfügen.«

»Und was ist mit diesem da?«, fragte Reina, ohne die Augen von dem blonden Riesen wenden zu können. »Er hat Kraft für drei, denke ich.«

Robert lächelte. Sie war wie alle Frauen, seine schöne Schwägerin. Starke Muskeln und blondes Haar verfehlten selten ihre Wirkung.

»Mit diesem da wirst du dir nur Ärger einhandeln, Reina«, gab er in väterlich belehrendem Ton zurück. »Der Kerl ist bockig, sonst wäre er nicht angebunden.«

In diesem Augenblick hob der Mann den Kopf und sah zu der Frau im schwarzen Ordensgewand hinüber, die ihn vom Rücken ihres Pferdes herab so neugierig musterte. Seine hellen blauen Augen begegneten den ihren mit durchdringender Kühle, und Reina hatte alle Mühe, diesem Blick standzuhalten. Was für Augen dieser Kerl hatte! Das kalte Meer des Nordens schien darin zu liegen, eisblau und von fremder, unergründlicher Tiefe. Nimm dich in Acht, sagte dieser Blick, denn ich bin kein Spielzeug für Frauenhände.

Sie spürte wieder dieses seltsame Zittern, zugleich aber überkam sie ein unerklärliches Mitgefühl. Dieser Mann hatte nichts von einem Sklaven an sich, viel eher erschien er ihr wie ein besiegter Kämpfer, ein gestürzter Riese. Die Geschichte von Goliath kam ihr in den Sinn. Simson, in Ketten gelegt.

»Du hast sicher recht«, sagte sie scheinbar gleichmütig zu Robert. »Dennoch finde ich, dass wir nachdenken sollten. Immerhin erwerben wir mit ihm die Kraft von drei Männern, müssen aber nur einen füttern.«

Robert wusste nicht, ob er lachen oder sich ärgern sollte. Sie wollte mit ihm handeln, und wie er sie kannte, würde sie hartnäckig sein. Was zum Teufel trieb sie nur dazu, sich auf diesen Kerl zu versteifen?

»Was haben wir von einem Sklaven, der vermutlich kein Wort fränkisch versteht?«

Sie ließ sich nicht so rasch entmutigen.

»Er braucht nicht viel zu verstehen, um Steine zurechtzuhämmern.«

Ärgerlich schlug er mit der flachen Hand auf den Sattel seines Pferdes, so dass das Tier einen kleinen Satz machte und er es erst wieder beruhigen musste. Da war sie wieder, diese kleine, sture Person, die ihn damals bis aufs Blut gereizt hatte. Er hätte sie seinerzeit gern geprügelt, wenn ihre Schwester Gisela sich nicht vor sie gestellt hätte, um sie zu schützen.

»Willst du, dass ein Heide dein Kloster baut?«, knurrte er. »Was soll der Unsinn, Reina? Ich werde diesen Sklaven ganz bestimmt nicht kaufen.«

Sie sah den dunklen Keil zwischen seinen Augen und seinen harten Mund – aber dennoch gab sie nicht auf. Sie wusste selbst nicht genau, was sie dazu trieb, aber sie spürte, dass sie nicht anders konnte. Sie wollte diesen unbekannten großen Mann mit dem kühlen, abweisenden Blick unbedingt aus seiner kläglichen Lage befreien.

»Wer mein Kloster erbaut, das wird Gott der Herr selbst entscheiden«, sagte sie ruhig, als habe sie Roberts zornige Aufwallung nicht bemerkt. »Lass uns in eine Herberge einkehren und ein Mittagsmahl einnehmen. Ist der Sklave noch auf dem Markt, wenn wir zurückkehren, dann werden wir ihn kaufen. Ist er aber bereits verkauft, so erwerben wir fränkische Sklaven. Was hältst du von diesem Vorschlag?«

Robert hielt gar nichts davon. Auf der anderen Seite würde er während des Mittagsmahls Gelegenheit haben, auf sie einzuwirken. Das war auf jeden Fall besser, als einfach über ihren Kopf hinweg zu entscheiden. So etwas konnte man mit der sanften Gisela, seiner Frau, tun. Nicht aber mit ihrer kleinen Schwester. Wobei er sich längst hatte eingestehen müssen, dass ein Weib, das sich allzu leicht fügte, auf Dauer langweilig war. Ein wenig Widerstand konnte auch anregend sein.

»Also gut«, lenkte er ein. »Lass uns reiten.«

Der Sklave hatte ihr Gespräch aufmerksam verfolgt, und obgleich Reina sich nicht sicher war, ob er ihre Worte verstehen konnte, so spürte sie doch den Blick seiner blauen Augen auf ihrem Rücken, während sie langsam davonritten.

Die Herberge, die der Graf auswählte, befand sich unweit des bischöflichen Hauses und war – wie alle anderen Gebäude außer der Kirche – aus Holz und Lehm errichtet. Die meisten Gäste hatten sich vor der Herberge im Gras oder auf hölzernen Bänken niedergelassen, man packte mitgebrachte Lebensmittel aus und sprach dem Wein oder dem Bier zu. Robert führte seine Begleiterin in den Innenraum, der wegen des Feuers und der dampfenden Kessel stickig und heiß war – dafür gab es jedoch einige lange Tische und Bänke, an denen gegessen und getrunken wurde. Der Wirt, ein feister Mann mit rot verschwitztem Gesicht, eilte dienstbeflissen herbei, um dem »Schwarzen Grafen« und seiner Begleiterin einen guten Platz am Kopfende eines der Tische zuzuweisen und gleichzeitig die übrigen, weniger hochgestellten Gäste am anderen Ende des Tisches zusammenzuschieben. Robert orderte Wein und sah belustigt zu, wie Reina ihr Getränk mit einer großen Menge Wasser vermischte. Schade – er hätte sie gern ein wenig betrunken gemacht, dann wäre sie möglicherweise auch leichter von ihrem lächerlichen Vorhaben abzubringen.

Kurz darauf löffelten sie eine Mahlzeit aus Bohnen, Speck und gekochtem Fleisch, die auf einem großen Brotfladen serviert wurde. Reina machte sich hungrig darüber her, aß Bohnen und dicke Brotbrocken, die mit dem Fleischsaft getränkt waren – das Fleisch selbst ließ sie unberührt.

Robert stocherte nur widerwillig in seiner Portion herum – er bevorzugte gebratenes Wild und auserlesene, fein gewürzte Speisen, die Küche einer Herberge konnte ihn nur wenig befriedigen. Dafür beobachtete er Reina umso schärfer und goss ihr heimlich Wein nach. Wie unbefangen sie sich dem Genuss dieser Mahlzeit hingab. Hin und wieder hob sie den Kopf und blinzelte durch den Rauch zu dem Wirt und seinen Mägden hinüber, sah aufmerksam zu, wie sie schwitzend in den Töpfen rührten, Weinfässer anzapften und die frischen Brote herbeischleppten. Alles, was sie sah, schien ihr großes Vergnügen zu bereiten. Er konnte sich entsinnen, dass sie als Kind überall in der Burg herumgestromert war, ein schmales, wuseliges kleines Mädchen mit einem Wust dunkler Locken, die sich immer wieder aus dem langen Zopf herausstahlen. Es war ohne Zweifel ein Fehler gewesen, sie ins Kloster zu stecken.

»Wir werden noch Gewürze und Kerzen einkaufen«, sagte sie, als sie die letzten Brotkrümel vertilgt hatte. »Gisela hat mich darum gebeten.«

Er nickte. Sie hing wie eine Klette an ihrer älteren Schwester, auch die Zeit im Kloster hatte daran nichts geändert. Eine Tatsache, mit der er sich abfinden musste.

»Hör zu, Reina«, sagte er leise. »Ich habe kein gutes Gefühl dabei, diesen Sklaven zu kaufen. Er ist ein Wikinger, das sieht man auf den ersten Blick.«

Sie trank einen Schluck Wein und beobachtete entzückt zwei schwarz-weiße Kätzchen, die in einer Ecke des Gastraumes herumtollten.

»Mag sein«, meinte sie gleichgültig. »Aber diese Zeiten sind doch vorüber.«

Er schüttelte den Kopf über ihre Naivität und verfluchte die Nonnen von St. Emilien, die scheinbar der Meinung gewesen waren, je weniger man über die Schrecken dieser Welt wusste, desto besser für eine Klosterfrau.

»Es ist gerade neun Jahre her, dass Rouen von den Wikingern verwüstet und niedergebrannt wurde«, meinte er und nahm einen tiefen Zug aus seinem Becher. »Die Kerle sind immer noch in der Gegend – südlich von Rouen auf einer Halbinsel haben sie ein Winterlager eingerichtet.«

Das hatte sie nicht gewusst, und sie schien für einen Moment nachdenklich, dann beugte sie sich mit einem leisen Aufschrei zur Seite, denn eines der Kätzchen hatte sich in ihrem Gewand verfangen.

»Nun«, meinte sie lächelnd. »In diesem Fall ist es doch gerade besonders klug, einen Wikinger zum Sklaven zu haben, nicht wahr? Vielleicht kann er uns Ratschläge geben, wie man seinen Landsleuten beikommen kann.«

Er sah sie verblüfft an – diese junge Frau schien tatsächlich nicht von dieser Welt zu sein. Einen Moment lang war er versucht, ihr die Gräuel zu schildern, die die Nordmänner in fränkischen Klöstern angerichtet hatten, doch er beherrschte sich. Der Wein hatte ihre Wangen gerötet und ihren Augen einen samtigen Glanz verliehen. Wie voll und frisch ihre Lippen waren. Wenn sie lächelte, zeigten sich zwei bezaubernde Grübchen in ihren Wangen. Sie war sieben Jahre jünger als ihre Schwester, und trotz des dunklen Nonnengewandes und des Schleiers schien sie vor Jugend und Lebendigkeit zu sprühen.

»Das glaube ich kaum«, meinte er düster. »Höchstens, dass man ihn als Geisel benutzen könnte. Pass auf: Ich gebe dir einen Monat. Wenn der Kerl nicht arbeitet und nur Probleme macht, wird er wieder verkauft. Einverstanden?«

Sie lächelte erleichtert, und er begriff, dass sie die ganze Zeit über keineswegs so ruhig und sicher gewesen war, wie er angenommen hatte. Fast bereute er jetzt, so rasch nachgegeben zu haben – aber gesagt war gesagt.

»Falls er überhaupt noch zu haben ist«, fügte er hoffnungsvoll hinzu, leerte seinen Becher und warf dem Wirt ein paar Silbermünzen zu, die dieser mit tiefer Verbeugung in Empfang nahm.

Reina verging fast vor Unruhe, während sie sich zum Aufbruch aus der Herberge rüsteten. Himmel – warum benötigten die Knechte so lang, um herbeizukommen? Wieso hatte man die Pferde abgesattelt und brauchte jetzt eine Ewigkeit, um sie wieder für ihre Reiter bereit zu machen? Und noch dazu hatte Robert wieder einmal die Zügel ihres Pferdes genommen und zwang sie, in unendlich langsamem Schritttempo durch die Reihen der Stände zu schleichen. Gewürze wurden begutachtet, probiert und umständlich verhandelt, sie musste ihren Rat dazu geben und über die zu kaufenden Mengen entscheiden. Kerzen wurden ausgewählt, etliche für die Burg, andere für das Kloster. Sie musste die Preise aushandeln und feilschte um jeden Denier, denn sie sah darauf, dass die Mittel ihres Klosters nicht verschwendet wurden.

Während die Knechte die Waren gemächlich und umständlich auf die Packpferde luden, wäre sie am liebsten schon losgeritten. Immer wieder sah sie zum Flussufer hinunter, musterte die von dort zurückkehrenden Käufer mit besorgtem Blick – erleichtert, den Sklaven nicht bei ihnen zu entdecken. Am meisten störte sie das beständige Grinsen im Gesicht ihres Schwagers, der nur allzu gut wusste, dass sie vor Ungeduld brannte und sich nach Kräften bemühte, alle möglichen Vorwände zu finden, um schneller voranzukommen.

Als man die Pferde endlich zum Sklavenmarkt hinüberlenkte, klopfte ihr vor Aufregung das Herz bis zum Hals. Wenn der Mann nicht mehr dort sein sollte, dann war es Gottes Wille, denn sie hatte Ihm die Entscheidung überlassen. Dem Willen Gottes hatte sie sich trotz aller Enttäuschung zu fügen.

Der Sklave saß noch an derselben Stelle wie zuvor, er war jetzt der Einzige auf dem Podest, alle anderen waren bereits verkauft. Der Blick seiner hellen Augen hatte sich gewandelt, die Kühle war daraus gewichen, er sah Reina aufmerksam und voller Neugier an, und einen Moment lang war sie versucht zu glauben, er habe auf sie gewartet.

Man wurde sich bald über den Preis einig und sogar Reina begriff, dass der Händler froh war, die Ware losgeschlagen zu haben. Der Sklave stamme aus dem Norden und sei ein ausgezeichneter Arbeiter, behauptete der Händler kühn. Der Herr Graf könne auf dem ganzen Markt keinen besseren finden. Sein Name sei Halvdan.

Die Kette wurde gelöst, und der Mann richtete sich langsam aus der sitzenden Position auf. Ohne Hast dehnte und streckte er sich, rieb sich den Fußknöchel, den das Eisen wundgescheuert hatte, und stieg von dem hölzernen Podest. Er war so groß, dass Roberts Knechte gegen ihn wie halbwüchsige Knaben wirkten, und es schien ihn zu erheitern, dass die Männer vor ihm zurückwichen.

Robert befahl schlechtgelaunt, dass er während des Heimwegs vor den Pferden herlaufen sollte, die Packtiere hätten schon genug zu tragen.

Kapitel 2

Wie ein dichter, gleißender Schleier fiel die Nachmittagssonne in die Lichtung. Hohe gelbe Königskerzen erhoben sich aus dem Gras, gelbe Ringelblumen und weißer Schierling leuchteten. Im grauen Fels, der schrundig wie ein urtümliches Ungeheuer in die Lichtung ragte, blitzten winzige Quarzkristalle wie kleine Feuerfünkchen.

Gisela, die durch das grünliche Dämmerlicht des Waldes hierhergeritten war, musste die Augen zusammenkneifen, um die Gestalt der Frau auf der hellen Lichtung ausmachen zu können. Roxana saß unbeweglich am Fuße des Felsens. Die Augen der Hexe waren halb von den dünnen Lidern bedeckt und schimmerten grau wie das Gestein hinter ihr.

»Du willst in die Grotte?«, fragte sie die Gräfin und verzog die Lippen zu einem höhnischen Grinsen. »Haben die Gebete deines Priesters nicht geholfen?«

Gisela spürte die Verzweiflung wieder in sich aufsteigen. Ihre Not war so groß geworden, dass sie alles getan hätte, um Hilfe zu finden. Die alten Götter der Vorzeit gehörten der Hölle an, und doch wusste jeder, dass sie ihre Macht nicht ganz verloren hatten.

»Kein Gebet und kein Bittgang«, sagte sie leise mit geneigtem Kopf. »Ich habe im Kloster Saint Vandrille vor der Heiligen Jungfrau gekniet und den Eremiten auf dem Felsen Clochemare um Hilfe angefleht. Doch ich habe immer noch kein Kind empfangen.«

Roxana machte ihr schweigend ein Zeichen, vom Pferd zu steigen und sich zu ihr zu setzen, und Gisela gehorchte. Während sie vor der Hexe im Gras kauerte, spürte sie, wie die tiefe Kluft zwischen der hochgeborenen Gräfin und der Geächteten dahinschmolz. Hier, unter der gleißenden Lichtkuppel und flirrenden Sonnenglut zu Füßen des vorzeitlichen Felsbrockens, herrschten die alten Götter, und Roxana, die sie mit steinernem Blick ansah, war ihre Priesterin.

»Wie lange nicht?«

»Seit der zweiten Tochter, die wieder tot zur Welt kam. Das war vor drei Jahren.«

»Besucht dein Mann dich?«

Giselas Lippen zitterten, als sie antwortete: »Im letzten Jahr kam er nur selten.«

Die Hexe musterte sie mit Blicken, die mühelos durch ihre Kleider zu dringen schienen.

»Hat er eine andere Frau?«

Gisela zuckte zusammen, obgleich sie die Frage erwartet hatte. Sie hatte sie sich selbst häufig gestellt, doch immer wieder verworfen, weil sie ihre angstvollen Ahnungen nicht wahrhaben wollte.

»Er geht zu den Mägden«, wich sie aus.

Roxanas Züge blieben unbeweglich.

»Der Zauber der Grotte lässt sich nicht erzwingen«, sagte sie, ohne den Blick von der Gräfin zu wenden. »Den Starken bringt er Segen, den Schwachen bösen Fluch. Bist du wirklich entschlossen, dich dieser Prüfung zu stellen?«

Gisela lächelte, sie glaubte verstanden zu haben.

»Ich will alle Schmerzen gern aushalten – wenn ich nur ein gesundes Kind auf die Welt bringe. Einen Sohn.«

Roxana lachte kurz auf, es klang wie das Krächzen eines Vogels.

»Folge mir.«

Die Hexe erhob sich, raffte den zerschlissenen Mantel um den Körper und schlug einen schmalen Pfad ein, der sich durch das zerklüftete graue Gestein aufwärtswand. Giselas Herz hämmerte nicht nur wegen des steilen Aufstiegs, sondern auch weil sie wusste, wohin dieser Weg führte. Schweißbedeckt erreichte sie die Kuppe des Felsens und spürte erleichtert den Wind, der ihr feuchtes Gesicht kühlte und ihr durchs Haar fuhr, dann glitt ihr Blick hinab zu dem blaugrün schimmernden Teich. Dort unten war die Grotte.

Der Abstieg dauerte nur kurze Zeit, ihre erhitzten Körper tauchten in den kühlenden Waldschatten ein und das Rieseln des Wassers wurde zu lautem Rauschen. Unablässig flossen Rinnsale aus dem Fels in den kreisrunden Quelltopf und verbargen die Grotte mit einem glitzernden Vorhang aus Wasserfäden.

Gisela erschauerte, als sie den felsigen Grund um den Quellteich betrat. Braune, bizarre Steinbrocken lagen umher wie gebannte Erdgeister. Hier an diesem Ort hatten die Heiden ihren Göttern Tänze und Opfer gebracht, und die Frauen waren durch das herabtriefende Wasser in die Grotte gegangen, um von der Quellgöttin Fruchtbarkeit zu erlangen.

Roxana zog unter ihrem Mantel einen Beutel aus hellem Ziegenleder hervor, der mit seltsamen Zeichen bestickt war. Langsam löste sie die Schnüre, griff hinein und brachte ein kleines, in Stoff gewickeltes Bündel zum Vorschein.

»Gieße Wein auf das Kraut und lass es eine Nacht lang einziehen. Nimm es wieder heraus und gib den Wein deinem Mann zu trinken – dann wird er zu dir kommen«, sagte sie.

Gisela empfing das Bündel, spürte die knisternden, trockenen Kräuter darin und steckte es mit zitternder Hand in ihren Ärmel. Sie war erleichtert – es war viel einfacher, als sie gedacht hatte. Nur ein Kraut, das sie in Wein auflösen musste.

»Und nun geh in die Grotte«, sagte die Hexe, die sie lauernd unter halbgesenkten Lidern betrachtet hatte.

»Aber ... die Kräuter ...«

Roxana stieß ein dunkles Lachen aus, das der Fels vielfach zurückwarf.

»Was nutzt der Same, wenn das Feld nicht bereitet ist? Er trinkt die Kräuter umsonst, wenn du nicht auch deinen Teil erfüllst.«

Es half nichts. Sie hatte sich darauf eingelassen und würde den Weg bis zum Ende gehen müssen. Angstvoll sah sie zu dem rauschenden, gleißenden Wasservorhang hinüber, hinter dem die Grotte der Quellgöttin tief ins Gestein führte. Man hatte unheimliche Dinge über diese Höhle erzählt, bocksfüßige Teufel wohnten darin, gehörnte Götter mit großen Mäulern und langen Zungen und bucklige Zwerge, denen schwarzlockiges Fell auf dem Körper wuchs.

»Zieh deine Kleider aus!«, befahl die Hexe. »Du musst nackt in die Grotte gehen, so wie Tausende Frauen es vor dir getan haben.«

Gisela zog die Schuhe aus weichem Leder aus und löste die Spange, die den leichten Tuchmantel zusammenhielt. Umständlich zog sie sich die lange seidene Tunika über den Kopf und ließ sie auf den Felsboden gleiten. Das knielange Hemd hatte sich bereits mit hoch gestülpt, und sie streifte es mit einer raschen Bewegung vom Körper.

Die Hexe warf einen kurzen Blick auf den hellen, üppigen Leib der Gräfin und lächelte.

»Du bist schön. Dein Mann ist ein Dummkopf, wenn er zu einer anderen geht.«

»Was muss ich tun?«, fragte Gisela ungeduldig. Sie wollte diese Angelegenheit so rasch wie möglich hinter sich bringen.

»Steck diese Wurzel in den Mund und kaue sie.«

Das schrumplige Ding war nicht größer als ein Kieselstein und schmeckte nach bitterer Süße, als sie es in den Mund schob. Sie spürte einen leichten Schwindel und ihr Herz klopfte rascher.

»Nun steige in den Teich und geh in die Grotte hinein ...«

Sie vernahm die Worte der Hexe plötzlich wie aus weiter Ferne, sie schienen sich zu vervielfachen und von dem Felsgestein auf sie zurückzustürzen.

»Ja ...«, flüsterte sie und spürte, wie ein seltsamer Sog sie erfasste. Hitze stieg von ihren Füßen bis zu ihren Hüften auf und sammelte sich pochend zwischen den Beinen.

»In der Grotte findest du einen Stein, der schwarz aus der Wand herausragt ...«, ertönte Roxanas Stimme mit tausendfachem Echo.

»Ja ...«, stammelte Gisela verzückt.

Sie hörte ihre eigene Stimme fremd und wie ein leises Keuchen. Die Hitze wirbelte über ihren Bauch und brachte ihr Herz zum Pochen. Es fühlte sich an wie ein eingesperrtes kleines Tier in ihrer Brust.

»Umfange den Stein mit beiden Armen und küsse ihn ...«

Die Worte tosten in ihren Ohren, und sie spürte jetzt, wie das kühle blaue Quellwasser ihre Knie umspülte. Sie war in den Teich gestiegen, ohne sich dessen bewusst zu sein, und die herabperlenden Rinnsale umhüllten sie und schimmerten in allen Regenbogenfarben wie ein Vorhang aus farbigem Edelstein.

Nie hatte sie einen Ort so sehr ersehnt und gefürchtet wie die abgeschiedene, dunkle Felshöhlung, die sich hinter diesem glitzernden Spiel verbarg. Sie spürte, wie das kühle Wasser bereits ihre Schenkel berührte, ihren Schoß kitzelte und die erhitzten Hüften benetzte. Die Wurzel quoll in ihrem Mund auf, und sie schluckte gierig den bittersüßen Saft, der die Hitze und Sehnsucht noch steigerte. Sie streckte die Arme nach dem leuchtenden Farbenspiel aus, wollte es mit den Fingern leicht berühren. Da erfasste sie die Gewalt des herabprasselnden Wassers mit unerwarteter Heftigkeit, riss sie fast zu Boden und schleuderte sie in die Finsternis der Grotte hinein.

Dunkelheit umgab sie und das Rauschen des Wasserfalles hinter ihr, und sie vernahm ihren keuchenden Atem. Sie stand bis zu den Hüften im Wasser und streckte die Arme aus, um den feuchten Fels abzutasten. Zackiges Gestein glitt unter ihren Fingern vorüber, kleine Einschüsse waren zu spüren, sanfte Buckel, dann stieß sie an einen Vorsprung. Hart und wuchtig wölbte sich der glatte Fels ihr entgegen und sie umschlang den Stein mit beiden Armen. Kühl und feucht spürte sie die Oberfläche an ihren Brüsten, sie beugte den Kopf und berührte den Fels mit den Lippen.

Ein vielstimmiges Summen erfüllte ihre Ohren, ein Ton von solcher Süße, wie sie ihn noch nie vernommen hatte. Der Fels erwachte zum Leben, strebte auf sie zu, drängte sich mit Macht an ihren Leib, und sie verspürte eine unbändige, nie erlebte Lust. Sie hörte, wie ihre Schreie sich mit dem tiefen, heiseren Ton des Felsengottes vermischten, und ein endloser, dunkler Schlund zog sie in sich hinein.

Als sie erwachte, lag sie vollkommen angekleidet neben dem Quellteich, dessen Wasser jetzt glasklar war und den grauen, kahlen Felsgrund zeigte. Ihr Pferd wartete an einem engen Steig zwischen Büschen und Gestein.

Roxana war spurlos verschwunden, doch in ihrer Hand hielt die Gräfin das kleine Stoffbündel, das leise knisterte, wenn sie mit den Fingern darauf drückte.

Kapitel 3

Wenn Schwester Afranasia doch wenigstens leise singen würde! Aber nein, sie musste die Psalmen zum Morgenlob des Herrn mit ihrem lauten, falschen Gebrumm verderben. Zweimal schon hatte die junge Äbtissin sie mit missbilligenden Blicken bedacht – doch Afranasia brummelte fröhlich weiter, sie merkte nicht einmal, dass sie die richtigen Töne verfehlte.

Reina beendete das Morgenlob mit der Bitte um den Segen des Herrn für diesen Tag und entließ die acht jungen Nonnen, die sich an die ihnen zugewiesenen Aufgaben machten. Bis zur Terz waren zwei Stunden Arbeit angesagt, die in Küche, Vorratskammer oder in dem kleinen, neu angelegten Klostergarten zu erledigen waren. Eilig trippelten die Nonnen aus dem Refektorium, und Reina wusste recht gut, dass sie eifrig zu schwatzen beginnen würden, sobald sich die Pforte hinter ihnen geschlossen hätte.

Sie musste sich allerdings eingestehen, dass auch ihr selbst heute früh die nötige Andacht fehlte – vielleicht lag es daran, dass sie in der Nacht allerlei wirres Zeug geträumt hatte und immer wieder aus dem Schlaf hochgefahren war. Während des Morgenlobs hatte sie, statt ihre Gedanken auf die Güte und Allmacht Gottes zu. richten, immer wieder auf die Geräusche gelauscht, die von der Baustelle herüberdrangen – die hellen Hammerschläge auf dem Stein, das Knarren der hölzernen Wagenräder und die Stimmen der Männer, die mit der Zeit immer lauter und ungehaltener geworden waren.

Sie hatte kaum die Altarkerzen ausgeblasen, da klopfte es an der Pforte, und Odemar, der Bauleiter, ein kleinwüchsiger Mensch mit rötlichem Haar und Bart, trat schüchtern ins Refektorium.

»Was gibt's?«, fragte sie ahnungsvoll.

Odemar schien seinen Auftrag nur ungern zu erfüllen und zupfte an seinem staubigen braunen Kittel herum.

»Verzeiht, Herrin«, murmelte er verlegen. »Es ist nur – der Kerl will nicht arbeiten.«

Sie hatte es schon befürchtet. Ärgerlich schob sie den Schleier zurecht, der heute immer wieder verrutschen wollte, und stieg die Altarstufen hinunter.

»Ich komme.«

Der rothaarige Bauleiter senkte den Kopf und beeilte sich, der entschlossen voranschreitenden Äbtissin hinterherzutrotten.

»Wir sollten einige bewaffnete Männer vom Grafen erbitten, Herrin«, meinte er mit bedenklicher Miene. »Mit gutem Zureden ist diesem Starrsinnigen nicht beizukommen, glaubt mir.«

Man hatte um die Fundamente der neuen Kirche einige Bauhütten errichtet, in denen die Knechte wohnten und die Werkzeuge untergestellt wurden. Dort hockte der blonde Sklave am Boden, den Rücken an die Wand der Hütte gelehnt, das rechte Knie hochgezogen und den Arm darauf gestützt. Unter seinem zerrissenen Kittel trug er ein seltsames Kleidungsstück, das einer Bruoche ähnelte, jedoch länger und an den Beinen enger war. Gelassen sah er zu, wie die Knechte sich mit dem harten Gestein abmühten, während er grinsend auf einem Grashalm kaute.

Reina platzte fast vor Ärger. Sie hatte diesen Kerl gekauft, um sein Los zu erleichtern, man hatte ihm ein Dach über dem Kopf, zu essen und sogar einen halben Becher Wein gegeben. Und was war der Dank? Er hockte faul auf dem Boden herum und überließ die Arbeit den anderen. Dabei hätte er bei seiner Körperkraft längst jenen dicken Granitbrocken gespalten, mit dem die übrigen Knechte schon seit dem frühen Morgen kämpften.

Zwei der jungen Knechte ließen ihre Arbeit im Stich, als sie die junge Herrin herbeilaufen sahen, und eilten ihr entgegen.

»Geht nicht zu dicht an diesen Teufel heran, Herrin«, warnte sie einer der beiden. »Er ist gefährlich.«

»Macht euch nicht lächerlich, ihr Hasenfüße«, fuhr sie die jungen Burschen an. »Er ist ein Sklave und hat zu gehorchen.«

»Er ist ein Heide«, murmelte der junge Knecht leise. »Er hat keinen Respekt vor der heiligen Kirche und vielleicht auch nicht vor Eurem Nonnengewand.«

»Nun aber Schluss!«, schalt sie, schob die beiden zur Seite und ging geradewegs auf den Sklaven zu.

Er blieb in der gleichen Haltung sitzen und wartete, bis sie dicht vor ihm stand. Die Knechte, die herbeigekommen waren, um ihrer Herrin notfalls gegen diesen Goliath beizustehen, stellten fest, dass der Sklave immerhin aufgehört hatte zu grinsen und die Äbtissin mit ernstem, aufmerksamem Blick empfing.

»Halvdan«, sagte sie und bemühte sich, einen entschlossenen, zornigen Befehlston anzunehmen. »So heißt du doch, oder?«

Er lächelte – es war nicht zu glauben. Er spuckte den Grashalm zur Seite und streckte lässig das angewinkelte Bein aus. Scheinbar gefiel es ihm, sich so vor der Herrin im Gras zu lümmeln.

»Halvdan«, wiederholte er mit tiefer, kräftiger Stimme, die geeignet war, das Brausen der Wellen und des Sturmes zu übertönen. Dabei wies er mit dem Finger auf seine breite Brust. Halvdan, das war sein Name.

Die Knechte zuckten die Schultern und sahen hilflos drein.

»Er versteht unsere Sprache nicht«, erklärte Odemar. »Was man ihm auch sagt – es kümmert ihn nicht.«

Reina war der Meinung, dass dieser Zustand leicht geändert werden konnte. Er würde schon Fränkisch lernen, wenn er nur einsähe, dass es notwendig war. Dumm schien er nicht zu sein, nur bildete er sich aus irgendeinem Grund ein, nicht arbeiten zu müssen. Sie presste die Lippen zusammen, schluckte ihren Ärger hinunter und beschloss, es mit Geduld und Freundlichkeit zu versuchen.

»Habt ihr ihm zu essen gegeben?«

Die Knechte grinsten. Der große Kerl hatte drei Schalen mit Gerstengrütze verspeist, dazu einiges von dem Fisch, den man gestern gefangen hatte, und ein ganzes rundes Brot. Der Hunger konnte ihn jedenfalls nicht quälen.

Immer noch blickte der Sklave lächelnd auf die junge Äbtissin, fast schien es, als sei er neugierig, was sie als Nächstes tun würde. Seine Augen hatten jenes leuchtende Blau, das ein Gewässer annimmt, das von der Sonne beschienen wird.

Reina hütete sich, diesen Blick zu erwidern, denn sie ahnte, dass er sie aus der Fassung bringen würde. Hier, inmitten ihrer Knechte, musste sie energisch und sicher auftreten. Schließlich war sie als Äbtissin trotz ihrer Jugend eine Respektsperson.

»Steh auf«, befahl sie und begleitete die Aufforderung mit einer deutlichen Handbewegung. »Komm mit!«

Zur Überraschung aller Umstehenden erhob sich der Sklave langsam, rückte seinen ledernen Kittel zurecht und klopfte Staub und Grashalme von der eng anliegenden Bruoche. Man trat einige Schritte zurück, denn die breiten Muskelpartien seiner Schultern und Arme, die bei jeder Bewegung anschwollen, stimmten auch den stärksten Franken bedenklich. Auch war zu erkennen, dass seine Beine ähnlich kraftvoll ausgestattet waren – welcher Teufel hatte den Grafen nur geritten, solch einen Sklaven für das Kloster zu kaufen?

Er folgte der jungen Äbtissin brav wie ein Lamm, doch sein federnder Gang ließ eher an ein Raubtier denken, das auf dem Sprung war. Reina blieb bei einem der dicken Granitbrocken stehen, die zur Spaltung vorbereitet wurden.

»Sieh hin!«, befahl sie dem Sklaven und wies mit dem Finger auf die beiden Löcher, die die Knechte während der vergangenen Stunden mit großer Mühe in den Stein hineingetrieben hatten. Es waren immer zwei Männer dazu nötig, einer trieb den Meißel mit kräftigen Hammerschlägen in den Granit, während der andere den Meißel nach jedem Schlag ein wenig drehte. Hatte man eine Reihe Löcher nebeneinander in den Stein geschlagen, so wurden dicke Eisenkeile in die Vertiefungen getrieben, bis der Stein auseinanderbarst.

»Das ist deine Arbeit«, erklärte sie. »Es wird dir sicher nicht schwerfallen. Nimm den Meißel.«

Sie griff eines der Werkzeuge, das überraschend schwer aufzuheben war, und reichte es ihm. Dabei stellte sie fest, dass sie zu ihm aufsehen musste, denn er war um fast zwei Köpfe größer als sie.

Langsam streckte er den Arm aus und nahm den stählernen Meißel aus ihrer Hand, wog ihn wie ein leichtes Stöckchen und sah sie fragend an. Hatte er wirklich nichts begriffen, oder trieb er nur sein Spiel mit ihr? Unter seinen hellen Augen hatten sich winzige Fältchen gebildet. Lachte er sie aus?

»Da steckst du den Meißel hinein«, erklärte sie und wies auf eines der beiden Löcher im Steinbrocken. »Und hier ist der Hammer.«

Sie wies vorsichtshalber nur mit der Hand auf das schwere Werkzeug, denn sie war sich nicht sicher, ob sie es würde aufheben können. Halvdan, der Sklave, beugte sich über den Granit, besah sich aufmerksam die beiden Löcher, fuhr mit dem Finger hinein, um ihre Tiefe zu messen, und richtete sich dann wieder auf. Er zog die blonden Augenbrauen hoch, schob den Mund vor und nickte fachmännisch. Ja, sie hatten zwei schöne, wenn auch nicht sehr tiefe Löchlein in den Stein gehauen.

Reina spürte, wie die Wut in ihr hochstieg. Dieser unverschämte Kerl wagte es, sich über sie lustig zu machen. Deutlich erkannte sie jetzt die Lachfältchen unter seinen Augen, er trieb sein Spiel mit ihr und stellte sich dumm, um sie vor ihren Knechten lächerlich zu machen.

»Arbeiten sollst du!«, fuhr sie ihn an. »Stell dich nicht so blöd, du verstehst mich sehr gut. Glaubst du, ich füttere dich durch, wenn du hier faul herumsitzt und Grashalme kaust?«

Seine Züge zeigten breite Heiterkeit. Es war keine Häme darin, keine Bosheit – es schien ihn nur köstlich zu amüsieren, wie die kleine, schwarzgekleidete Frau ihn beschimpfte und sogar mit dem bloßen Fuß auf den Boden stampfte. Sie hatte hübsche, zierliche Füße, diese Fränkin, die Körper und Haar vor ihm verhüllte.

Reina war jetzt so außer sich, dass sie ihm fast an die Gurgel gefahren wäre. Er lachte sie tatsächlich aus, dieser dreckige Heidensohn. Was für eine bodenlose Frechheit! Allein dafür hätte sie ihn auspeitschen lassen müssen.

»Wenn du glaubst, dass du den Idioten spielen kannst, um nicht arbeiten zu müssen, dann täuschst du dich!«, fauchte sie. »Von heute ab bekommst du keinen Krümel mehr zu essen, Sklave. Und auch nichts zu trinken. Wir werden ja sehen, ob du arbeiten wirst oder nicht!«

Er war überrascht, denn er hatte nicht gewusst, wie zornig sie werden konnte. Wie eine kleine Furie tobte sie, blitzte ihn böse aus dunklen Augen an, und obgleich er die Worte nicht verstand, begriff er sehr wohl, dass sie ihm drohte.

Er warf den Meißel ins Gras und verschränkte die Arme vor der Brust.

»Halvdan ... Sklave ... nein!«, sagte er, mühsam nach fränkischen Worten suchend. »Halvdan ... König.«

Die Wirkung seiner Worte war völlig anders, als er erwartet hatte. Die Knechte blickten sich mit offenen Mündern an und begannen zu grinsen. Einer tippte sich mit dem Zeigefinger an die Stirn.

»Ein König«, feixte er. »Der will ein König sein! Der hat ja Stroh im Kopf«

Gelächter machte sich breit. Der Kerl war ein Spinner. Wahrscheinlich war er tatsächlich zu blöde, um zu begreifen, was er arbeiten sollte.

»Ein König!«, foppte ihn einer der jungen Knechte. »Wo ist denn dein Königreich? Wohl draußen auf dem Meer, wie?«

Reina stand fassungslos da, unsicher, ob sie weiter schimpfen oder besser lachen sollte. Als sie die Verblüffung und den Ärger auf Halvdans Zügen entdeckte, entschied sie sich dafür, ihn auszulachen.

»Hast du vielleicht auch eine Königin, mein großer König?«, witzelte sie und machte eine kleine höhnische Verbeugung vor ihm. »Sitzt sie auf einem Thron aus Eis da oben im Land der Nordmänner?« Dann stimmte sie mitleidlos in das Gelächter ihrer Knechte ein.

Im nächsten Augenblick spürte sie seine harten Hände, die sich um ihre Taille schlossen, und sie schrie laut auf vor Entsetzen, als ihre Füße den Halt verloren. Der Sklave hatte sie blitzschnell hochgehoben und mit leichtem Schwung auf einen der kleineren Granitbrocken gestellt.

Zitternd vor Schrecken stand sie dort und starrte entgeistert in sein zorniges Gesicht. Ihr Herz vollführte einen solchen Wirbel, dass ihr schwindelig zu werden drohte. Dann vernahm sie plötzlich laute Rufe, das Getrappel herannahender Pferdehufe, und im nächsten Augenblick hatte eine Gruppe Krieger sie umringt.

»Packt ihn!«, brüllte Graf Robert. »Legt ihn an die Kette.«

Ein wildes Getümmel entstand, als die Krieger sich auf den Sklaven warfen, der sich entschlossen gegen die bewaffneten Männer wehrte. Reina sah, wie er seine Angreifer immer wieder mit kräftigen Armen zurückwarf und sich der Übermacht schließlich doch ergeben musste. Als er zu Boden gerissen wurde und die Peitsche herniedersauste, wandte sie sich entsetzt ab.

»Du hast noch viel zu lernen, meine Liebe«, sagte Graf Robert und reichte ihr die Hand, um ihr von dem Stein herunterzuhelfen. Aus seinen Augen sprach der Triumph, und sie hasste ihn dafür.

Kapitel 4

»Leiser?«

Schwester Afranasias Augen waren groß und erstaunt auf die Äbtissin gerichtet. Reina spürte ihr schlechtes Gewissen – sie hatte keinen Grund, ihren Ärger an dieser sanften, wenn auch in ihrer Einfalt anstrengenden Nonne auszulassen.