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Tim LaHaye • Jerry B. Jenkins

Die Ernte

Die letzten Tage der Erde

Roman

Die amerikanische Originalausgabe erschien im Verlag

Tyndale House Publishers, Inc., Wheaton, Illinois, USA,

unter dem Titel „Tribulation Force“.

© 1998 by Tim LaHaye und Jerry B. Jenkins

© der deutschen Taschenbuchausgabe 2007 by Gerth Medien GmbH, Dillerberg 1, 35614 Asslar

Aus dem Englischen von Eva Weyandt mit Genehmigung

von Tyndale House Publishers, Inc.

Left Behind © ist ein eingetragenes Warenzeichen

von Tyndale House Publishers, Inc.

Die Bibelstellen wurden der Einheitsübersetzung entnommen.

© 1980 Katholische Bibelanstalt, Stuttgart.

Verlag Katholisches Bibelwerk GmbH, Stuttgart

Taschenbuch ISBN 978-3-86591-273-2

eBook ISBN 978-3-96122-101-1

Umschlaggestaltung: Michael Wenserit; Julie Chen

Umschlagfoto: Chris Butler (Mond); Unifoto (Menschenmenge)

Umsetzung eBook: Greiner & Reichel, Köln

Unseren neuen Brüdern und Schwestern gewidmet

Prolog: Was bisher geschah …

Bucks Mut sank, als er den Kirchturm der New-Hope-Gemeinde entdeckte. Er war noch knapp 600 Meter entfernt und die Erde bebte und bewegte sich noch immer. Gebäude stürzten zusammen. Hohe Bäume fielen um und legten sich quer über die Straße. Buck brauchte einige Minuten, um die Schutt-, Holz- und Betonhaufen zu überwinden. Je näher er dem Gemeindehaus kam, desto leerer fühlte er sich innerlich. Nur noch der Kirchturm war erhalten geblieben. Sein Fundament stand noch fest. Die Scheinwerfer des Range Rovers fielen auf ordentlich nebeneinanderstehende Bänke; einige davon waren noch vollkommen unbeschädigt. Der Rest des Gemeinderaums, die gewölbten Deckenbalken, die bemalten Fenster: alles fort. Das Verwaltungsgebäude, die Gruppenräume, die Büros – alles war dem Erdboden gleichgemacht.

Ein einziger Wagen war in einem Krater zu entdecken, der früher einmal der Parkplatz gewesen war. Die vier Reifen waren geplatzt und der Wagen war platt auf die Erde gedrückt worden. Zwei Menschenbeine ragten unter dem Fahrzeug hervor. Buck hielt den Range Rover etwa 100 Meter von dem Wagen entfernt an. Seine Tür ließ sich nicht öffnen. Er löste den Sicherheitsgurt und stieg auf der Beifahrerseite aus. Und plötzlich war das Erdbeben vorbei. Die Sonne schien wieder. Es war ein strahlender, sonniger Montagmorgen in Mount Prospect, Illinois. Buck spürte jeden Knochen in seinem Körper. Er stolperte über den unebenen Boden zu dem kleinen, platt gedrückten Auto. Als er nahe genug herangekommen war, entdeckte er, dass ein Schuh an dem eingezwängten Körper fehlte. Doch der noch verbleibende Schuh bestätigte seine schlimmsten Befürchtungen. Loretta war von ihrem eigenen Wagen erdrückt worden.

Buck stolperte und fiel kopfüber in den Dreck. Irgendetwas verletzte ihn an der Wange. Er ignorierte es und kroch zu dem Wagen. Er machte sich innerlich auf das gefasst, was ihn erwarten würde, und versuchte mit aller Kraft, das Fahrzeug von dem Körper wegzuschieben. Doch es rührte sich nicht. Alles in ihm wehrte sich dagegen, Loretta einfach hier liegen zu lassen. Aber wohin sollte er den Leichnam bringen, selbst wenn er ihn befreien konnte? Schluchzend kroch er nun über den Schutt und suchte nach dem Eingang des unterirdischen Schutzbunkers. Schließlich fand er den Lüftungsschacht. Er legte die Hände darüber und rief nach unten: „Tsion! Tsion! Sind Sie da?“

Er drehte sich um und legte nun sein Ohr an den Schacht. Kühle Luft stieg von dem Schutzraum auf. „Ich bin hier, Buck! … Wie geht es Loretta?“

„Sie ist tot!“

„War das das große Erdbeben?“

„Allerdings!“

„Können Sie zu mir kommen?“

„Ich werde zu Ihnen kommen, und wenn es das Letzte ist, was ich tue, Tsion! Sie müssen mir helfen, nach Chloe zu suchen!“

„Im Augenblick geht es mir gut, Buck! Suchen Sie ruhig zuerst nach Chloe. Ich werde auf Sie warten!“

Buck drehte sich um und blickte in die Richtung, in der Lorettas Haus stand. Blutende Menschen in zerrissenen Kleidern stolperten umher. Einige fielen hin und schienen vor seinen Augen zu sterben. Er wusste nicht, wie lange es dauern würde, Chloe zu finden. Zwar hatte er Angst vor dem, was ihn erwarten würde, aber er würde nicht aufgeben, bis er das Haus gefunden hatte. Wenn es nur eine noch so geringe Chance gab, zu ihr zu gelangen, sie zu retten, würde er sie wahrnehmen.

Über Neu-Babylon war die Sonne wieder aufgegangen. Rayford drängte Mac McCullum, nach Bagdad weiterzufliegen. Die drei Männer sahen unter sich nichts als Zerstörung. Krater von den Meteoren, Brände, eingestürzte Gebäude, aufgerissene Straßen.

Als der Flughafen von Bagdad in Sicht kam, ließ Rayford den Kopf hängen und weinte. Einige Flugzeuge waren zur Seite gekippt, andere ragten aus tiefen Höhlen im Boden auf. Der Terminal war dem Erdboden gleichgemacht, der Tower eingestürzt. Überall lagen tote Menschen herum.

Rayford machte Mac ein Zeichen, den Hubschrauber zu landen. Doch als er sich umsah, wusste er Bescheid. Er konnte jetzt nur noch beten, dass Hatties und Amandas Flugzeug während des Bebens noch in der Luft gewesen war.

Als die Rotoren zum Stillstand gekommen waren, wandte sich Carpathia an Mac und Rayford. „Hat jemand von Ihnen ein funktionierendes Telefon?“

Rayford empfand einen so großen Ekel, dass er an Carpathia vorbeigriff und die Tür aufstieß. Er stand auf und sprang aus dem Hubschrauber. Dann griff er hinein, löste Carpathias Sicherheitsgurt, packte ihn am Kragen und zerrte ihn aus dem Hubschrauber. Carpathia landete auf seinem Hintern. Er sprang aber schnell wieder auf, so als sei er zu einem Kampf bereit. Rayford stieß ihn gegen den Hubschrauber.

„Captain Steele, ich kann ja verstehen, dass Sie aufgebracht sind, aber –“

„Nicolai“, zischte Rayford durch seine zusammengebissenen Zähne, „Sie können das erklären, wie Sie wollen, aber ich möchte Ihnen eines sagen: Sie haben gerade den Zorn des Lammes erlebt!“

Carpathia zuckte die Achseln. Rayford stieß ihn noch einmal gegen den Hubschrauber und stolperte davon. Er lief auf die Stelle zu, an der der Terminal gestanden hatte, und betete, es möge das letzte Mal sein, dass er in den Trümmern nach dem Leichnam eines geliebten Menschen suchen musste.

„Als das Lamm das siebte Siegel öffnete, trat im Himmel Stille ein, etwa eine halbe Stunde lang. Und ich sah: Sieben Engel standen vor Gott; ihnen wurden sieben Posaunen gegeben. Und ein anderer Engel kam und trat mit einer goldenen Räucherpfanne an den Altar; ihm wurde viel Weihrauch gegeben, den er auf dem goldenen Altar vor dem Thron verbrennen sollte, um so die Gebete aller Heiligen vor Gott zu bringen. Aus der Hand des Engels stieg der Weihrauch mit den Gebeten der Heiligen zu Gott empor. Dann nahm der Engel die Räucherpfanne, füllte sie mit glühenden Kohlen, die er vom Altar nahm, und warf sie auf die Erde; da begann es zu donnern und zu dröhnen, zu blitzen und zu beben.

Dann machten sich die sieben Engel bereit, die sieben Posaunen zu blasen.“

Offenbarung 8,1–6