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Tim LaHaye • Jerry B. Jenkins

Harmagedon

Die letzten Tage der Erde

Roman

Die amerikanische Originalausgabe erschien im Verlag

Tyndale House Publishers, Inc., Wheaton, Illinois, USA,

unter dem Titel „Armageddon“.

© 2003 by Tim LaHaye und Jerry B. Jenkins

© der deutschen Taschenbuchausgabe 2007 by Gerth Medien GmbH, Dillerberg 1, 35614 Asslar

Aus dem Englischen von Eva Weyandt mit Genehmigung

von Tyndale House Publishers, Inc.

Left Behind © ist ein eingetragenes Warenzeichen

von Tyndale House Publishers, Inc.

Die Bibelstellen wurden der Einheitsübersetzung entnommen.

© 1980 Katholische Bibelanstalt, Stuttgart.

Verlag Katholisches Bibelwerk GmbH, Stuttgart

Taschenbuch ISBN 978-3-86591-280-0

eBook ISBN 978-3-96122-107-3

Umschlaggestaltung: Michael Wenserit; Julie Chen

Umschlagillustration: Tim O’Brien

Umsetzung eBook: Greiner & Reichel, Köln

Zur Erinnerung an

A.W. Tozer,

der Gott nachjagte

Mit besonderem Dank an

David Allen

für seine technische Beratung

Sechs Jahre nach Beginn der Trübsalszeit – zweieinhalb Jahre nach Beginn der Großen Trübsalszeit

Die Christen

Rayford Steele, Ende 40, flog als Flugkapitän für die Fluglinie Pan-Continental und verlor bei der Entrückung Frau und Sohn. Nach den dramatischen Ereignissen wurde er Flugkapitän von Potentat Nicolai Carpathia. Er ist Gründungsmitglied der Tribulation Force. Mittlerweile ist er ein international gesuchter Flüchtling. Aufenthaltsort: Petra.

Cameron „Buck“ Williams, Anfang 30, ehemaliger Chefreporter des Global Weekly und früherer Herausgeber des Global Community Weekly. Er ist Gründungsmitglied der Tribulation Force und mittlerweile Herausgeber einer Internet-Zeitung mit dem Namen „Die Wahrheit“. Er hält sich als international gesuchter Flüchtling in San Diego auf.

Chloe Steele Williams, Mitte 20, war vor den Ereignissen Studentin an der Stanford-Universität und hat Mutter und Bruder bei der Entrückung verloren. Sie ist die Tochter von Rayford, Ehefrau von Buck und Mutter des dreieinhalbjährigen Kenny Bruce. Darüber hinaus ist sie Leiterin und Initiatorin der „Internationalen Handelsgesellschaft“, einem Untergrundnetzwerk von Christen. Auch sie ist Gründungsmitglied der Tribulation Force. Sie hält sich als international gesuchter Flüchtling in San Diego auf.

George Sebastian, Ende 20, ehemaliger Kampfhubschrauberpilot der in San Diego stationierten US-Luftwaffe. Er hält sich mit anderen Mitgliedern der Tribulation Force im Untergrund in San Diego auf.

Ming Toy, Mitte 20, Witwe, früherer Wachoffizier in einem belgischen Frauengefängnis, hat sich unerlaubt vom Dienst entfernt. Sie hält sich in San Diego im Untergrund auf.

Ree Woo, Mitte 20, Pilot der „Internationalen Handelsgesellschaft“. Er hält sich in San Diego im Untergrund auf.

Tsion Ben-Judah, Anfang 50, früher rabbinischer Gelehrter und ehemaliger israelischer Staatsmann. Er sprach im israelischen Fernsehen öffentlich über seinen Glauben an Jesus als den Messias, woraufhin seine Frau und seine beiden Kinder ermordet wurden. Einige Zeit lang war er geistlicher Führer und Lehrer der Tribulation Force, heute lehrt er die jüdischen Flüchtlinge in Petra. Über das Internet kommuniziert er täglich mit mehr als einer Milliarde Menschen.

Dr. Chaim Rosenzweig, Anfang 70, israelischer Nobelpreisträger, Botaniker und Staatsmann. Er verübte den Anschlag auf Carpathia. Er führt die jüdischen Flüchtlinge in Petra an.

Abdullah Smith, Mitte 30, war früher jordanischer Kampfflieger und danach Erster Offizier der Phoenix 216. Man nimmt offiziell an, dass er bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam, in Wahrheit hält er sich aber in Petra auf.

Al B. (Albie), Anfang 50, gebürtig aus Al Basrah im Norden Kuwaits. Er ist Pilot und ein international tätiger Schwarzmarkthändler. Heute ist er Mitglied der Tribulation Force und hält sich im Untergrund in Al Basrah auf.

Mac McCullum, Anfang 60, ehemaliger Pilot Carpathias. Man nimmt offiziell an, dass er bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam, in Wahrheit hält er sich im Untergrund in Long Grove, Illinois, auf.

Hannah Palemoon, Anfang 30, arbeitete als Krankenschwester in dem Krankenhaus der Weltgemeinschaft in Neu-Babylon. Auch sie saß angeblich in dem abgestürzten Flugzeug, befindet sich aber im Untergrund in Long Grove, Illinois.

Lea Rose, Anfang 40, ehemals Oberschwester im Arthur Young Memorial Hospital in Palatine, Illinois. Sie hält sich im Untergrund in Long Grove, Illinois, auf.

Lionel Whalum, Ende 40, früher Geschäftsmann, heute Pilot der „Internationalen Handelsgesellschaft“. Er befindet sich ebenfalls im Versteck in Long Grove, Illinois.

Chang Wong, 20, ist Ming Toys Bruder. Er ist Maulwurf der Tribulation Force im Hauptquartier der Weltgemeinschaft in Neu-Babylon.

Gustaf Zuckermandel jr. (Zeke oder Z.), Mitte 20, ist Urkundenfälscher und Verkleidungsspezialist. Sein Vater starb durch die Guillotine. Er hält sich in einem Untergrundversteck in Avery, Wisconsin, auf.

Die Feinde

Nicolai Jetty Carpathia, Ende 30, war während der dramatischen Ereignisse Präsident von Rumänien und wurde dann Generalsekretär der Vereinten Nationen. Carpathia war bis zu seiner Ermordung in Jerusalem selbst ernannter Potentat der Weltgemeinschaft. Drei Tage später kehrte er auf dem Palastgelände der Weltgemeinschaft in Neu-Babylon ins Leben zurück.

Leon Fortunato, Mitte 50, ist Carpathias rechte Hand. Augenblicklich ist er der allerhöchste geistliche Führer des Carpathianismus und verkündet den Potentaten als den auferstandenen Gott. Er hält sich im Palast der Weltgemeinschaft in Neu-Babylon auf.

Viv Ivins, Ende 60, ist schon lange mit Carpathia befreundet und arbeitet für die Weltgemeinschaft. Sie hält sich im Palast der Weltgemeinschaft in Neu-Babylon auf.

Suhail Akbar, Mitte 40, Carpathias Sicherheits- und Geheimdienstchef. Er hält sich im Palast der Weltgemeinschaft in Neu-Babylon auf.

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Prolog

„Zum ersten Mal seit langer Zeit“, begann Nicolai, „spielen wir das Spiel wieder gleichberechtigt mit. Die Wasserwege regenerieren sich selbst und im Bereich der Infrastruktur ist einige Aufbauarbeit zu leisten. Wir wollen dazu beitragen, alle unsere loyalen Bürger wieder auf eine Stufe mit uns zu stellen. Direktor Akbar und ich haben für die Abtrünnigen einige Überraschungen parat. Wir sind wieder im Geschäft, Leute. Es ist an der Zeit, dass wir unsere Verluste wegstecken und selbst wieder austeilen.“

Die neue Stimmung dauerte drei Tage. Dann gingen die Lichter aus. Im wahrsten Sinne des Wortes. Alles wurde dunkel. Nicht nur die Sonne, sondern auch der Mond, die Sterne, Straßenlaternen, elektrische Lichter, die Scheinwerfer. Alles, was je Licht abgegeben hatte, war jetzt dunkel. Die Nummern auf den Telefonen, die Taschenlampen, alles, was schillerte, was im Dunkeln glühte. Die Notlichter, Ausgangsbeleuchtung, Alarmleuchten – alles. Es war stockdunkel.

Wie hieß noch die Redewendung? Dass man die Hand nicht vor Augen sehen könne? Das traf zu. Gleichgültig, welche Tageszeit es war – die Menschen konnten nichts sehen. Weder ihre Uhren, Armbanduhren, nicht einmal Feuer, Streichhölzer, nichts. Es schien, als sei das Licht nicht einfach nur ausgegangen. Jede Spur davon schien vom Universum verschluckt worden zu sein.

Die Menschen schrien vor Angst auf, als sie sich mit dem schlimmsten Albtraum ihres Lebens konfrontiert sahen – und es hatte bisher wirklich viele gegeben.

Sie waren blind – vollständig unfähig, irgendetwas anderes außer Dunkelheit zu sehen, 24 Stunden am Tag.

Sie tasteten sich durch den Palast, sie drängten sich nach draußen. Sie versuchten, jedes Licht und jeden Schalter anzuknipsen, an die sie sich erinnern konnten. Sie sprachen miteinander, um zu erfahren, ob nur sie das Problem hatten oder alle anderen auch. Sucht eine Kerze! Reibt zwei Stöcke aneinander! Erzeugt Reibung auf dem Teppich und statische Elektrizität. Tut alles. Alles! Irgendetwas muss doch den Hauch eines Schattens erzeugen, einen kleinen Lichtstrahl.

Aber alles war umsonst.

Chang verspürte den Drang zu lachen. Er wollte in brüllendes Gelächter ausbrechen. Er wünschte, er könnte allen Menschen überall erzählen, dass Gott erneut einen weiteren Fluch ausgesprochen hatte, ein weiteres Gericht über die Erde hatte kommen lassen, von dem nur diejenigen betroffen waren, die das Zeichen des Tieres trugen. Denn Chang konnte sehen. Es war zwar anders, da auch er keine Lichter sah. Er sah alles dunkler, als hätte jemand in einem Kronleuchter die Wattzahl heruntergedreht.

Er sah, was er sehen musste, auch seinen Computer, seinen Bildschirm, seine Uhr und seine Wohnung. Sein Essen, sein Waschbecken, seinen Herd – alles. Und das Beste war, er konnte auf seinen Gummisohlen im Palast herumschleichen, zwischen seinen Kollegen hindurch, während sie sich vorantasteten.

Schon nach wenigen Stunden passierte etwas noch Seltsameres. Die Leute starben nicht an Hunger oder Durst. Sie konnten sich den Weg zu Essen und Trinken ertasten. Aber sie konnten nicht arbeiten. Es gab nichts, über das man sprechen konnte, kein anderes Gesprächsthema als die verfluchte Dunkelheit. Und aus irgendeinem Grund fingen sie auch an, Schmerz zu empfinden.

Es juckte und sie kratzten sich. Sie hatten Schmerzen und sie rieben. Sie schrien auf und kratzten sich noch mehr. Bei vielen wurde der Schmerz so stark, dass sie auf dem Fußboden zusammensanken, sich wanden, sich kratzten und Erleichterung suchten.

Je länger es dauerte, desto schlimmer wurde es, und jetzt verfluchten die Menschen Gott und bissen sich auf ihre Zungen. Sie krochen über die Flure, suchten nach Waffen, flehten Freunde und sogar Fremde an, sie zu töten. Viele begingen Selbstmord. Der gesamte Palastkomplex wurde zu einem Heim der Schreie, des Stöhnens und des Jammerns, während in den Menschen die Überzeugung wuchs, dass dies das Ende der Welt war.

Aber sie hatten kein Glück. Wenn sie nicht den Mut aufbrachten, sich selbst zu töten, litten sie. Ihr Leid verschlimmerte sich von Stunde zu Stunde. Von Tag zu Tag. Es ging immer weiter. Und nach einer ganzen Weile hatte Chang die beste Idee seines Lebens.

Wenn es je einen guten Zeitpunkt für ihn gegeben hatte, aus dem Palast zu fliehen, dann jetzt. Er würde sich mit Rayford oder Mac in Verbindung setzen, mit irgendjemandem, der bereit und in der Lage war, ihn abzuholen. Er ging davon aus, dass es den anderen Mitgliedern der Tribulation Force, ja, sogar allen Gläubigen auf der Welt, die das Siegel Gottes trugen, genauso erging wie ihm.

Jemand würde mit einem Jet herfliegen und hier in Neu-Babylon landen. Die Angehörigen der Weltgemeinschaft würden alle in De-ckung gehen, da sie keine Ahnung hatten, wie so etwas in vollkommener Dunkelheit möglich sein sollte. Solange niemand sprach, konnte auch niemand identifiziert werden. Die Tribulation Force könnte Waffen und Flugzeuge anfordern, was immer sie wollte.

Falls jemand sie ansprach oder ihnen drohte, so hatte die Tribulation Force immer noch den Vorteil, dass sie sehen konnte. Aber da Christus in einem Jahr wiederkommen würde, dachte Chang, waren die Guten sogar noch besser dran als damals, als sie nur tagsüber ihre Arbeit hatten tun können.

Im Augenblick waren die Gläubigen im Vorteil, solange Gott es für angemessen hielt, die Rollläden heruntergezogen und die Lichter ausgeknipst zu halten.

„Gott“, betete Chang, „gib mir nur noch ein paar Tage Dunkelheit.“