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Über die Autorin

Rachel Anne Ridge entdeckte eines Tages beim Bemalen von Weihnachtsgeschenken ihre Liebe zur Kunst und begann daraufhin mit Wandmalereien spontan eine neue berufliche Laufbahn. Als das kleine Unternehmen expandierte, schloss sich ihr auch Ehemann Tom an. Gemeinsam weiteten sie die Dienstleistung auf Raumgestaltung, Grafikdesign, Leitsysteme und kundenspezifisches Artwork aus. Rachel und Tom haben drei Kinder großgezogen und sich durch Verlust, Fehler und Erfolge hindurchmanövriert. Und sie haben einen streunenden Esel adoptiert, der vor ihrem Haus erschien und nie mehr fortging. Die beiden leben mit mittlerweile zwei Eseln in Texas.

Über ihren Esel

Flash liebt es herumzuschlendern, Karotten zu fressen, sich die langen Ohren kraulen zu lassen und laut zu schreien, wenn man es am wenigsten erwartet. Er ist mit dem Management seiner Scheune und Koppel beschäftigt.

Besuchen Sie Rachel und Flash online auf
www.flashthedonkey.com und Rachels Blog auf
www.homesanctuary.com.

Für Tom, meinen besten Freund.
Und für Lauren, Meghan und Grayson,
meine größten Geschenke.

Inhalt

Vorwort

Prolog

1. Ein unerwarteter Gast

2. Namen und ihre Bedeutung

3. Der arktische Wind

4. Flash rennt mit Pferden

5. Eine Wiesenromanze

6. Unterwegs auf guten Pfaden

7. Eine Frage des Innern

8. Auf dem Trockenen

9. Scheunenmanagement

10. Veränderung liegt in der Luft

11. Beau

12. Ein besonderer Esel

13. Eine unerwartete Antwort

Bildteil

Vorwort

Gute Bücher sind wie gute Freunde. Schwer zu finden. Viele sehen anfangs vielversprechend aus, enttäuschen uns aber am Ende. Selbst wenn ein Buch von einer Person empfohlen wird, der man vertraut, kann man nie sicher sein, dass man das Gleiche mit dem Buch verbinden wird, dass man es am Ende genauso zu schätzen weiß.

Doch manchmal – häufig aus Gründen, die man nicht genau benennen kann – beschließt man, ein Buch zu öffnen und sich selbst diesem Buch zu öffnen. Und hin und wieder geschieht es, dass man überrascht und dankbar ist für die Wärme, die Freude, die Aufregung und den Genuss, den man in diesem Buch findet.

Ich hatte das Privileg, beides zu finden: gute Bücher und gute Freunde. Und ich kann es kaum erwarten, Ihnen einige davon vorzustellen.

Rachel trat vor mehr als zehn Jahren in mein Leben und schenkte mir eine dicke, beständige und florierende Freundschaft, die einen besseren Menschen aus mir machte. Nicht nur theoretisch, sondern spürbar und ganz praktisch. Sie lehrte mich, Schönheit, die in der Einfachheit verborgen liegt, zu suchen und zu entdecken und wundervolle Details zu erkennen, die andere Menschen versäumen, weil sie zu beschäftigt oder zu müde oder zu sehr von sich eingenommen sind.

Die kleinen Nuancen des Lebens sind Rachels Schätze. Ich habe beobachtet, wie sie das Alltägliche und die Routine, das Gewöhnliche und Schlichte nimmt und daraus Güte und Schwung herauskristallisiert, bis jedermann in ihrem Umfeld von Hoffnung und Liebe erfüllt ist. Sie restauriert, was andere wegwerfen würden, indem sie es in etwas Lohnendes und Unvergessliches verwandelt. Aus ihrer Sicht verbergen sich in allen Dingen endlos viele Möglichkeiten.

Vor zehn Jahren fuhr sie zu einem heruntergekommenen Farmhaus aus den 70er-Jahren, in dem sie aber das blühende Potenzial eines gemütlichen, liebevollen Heims für ihre Familie sah. Sie liebte das Haus und tat alles, damit es zu diesem Heim wurde.

Jahre später, als ihre zweite Tochter den Mann ihrer Träume traf, verwandelte Rachel ein von Unkraut überwuchertes und vernachlässigtes Stück Land in einen üppigen grünen Teppich, geradezu verschwenderisch von Blattwerk umgeben, um 250 Gäste zu empfangen und einen Gang zum Altar zu schaffen.

Und erst der Empfang! Eine alte, unförmige Scheune verwandelte sie dekorativ in ein Juwel mit Lüstern und eleganten, funkelnden weißen Lichtern, die zum Klang der Musik tanzten wie Pusteblumensamen, die in die abendliche Brise gepustet wurden.

So ist Rachel. Sie bringt überall dort ihre Herzensgüte hervor, wo keine zu sein scheint.

Und als Flash auftauchte – als er über ihre Zufahrt zockelte, verloren, verwirrt, verängstigt und hungrig –, schlenderte er geradewegs in die weit geöffneten Arme von Gnade. In die Arme von Rachel Ridge, die überall und in allem Schönheit sieht. Sogar in einem schmutzigen, hungrigen, ungewollten, obdachlosen Esel.

Und er fand bei ihr ein Zuhause.

Rachel und ihr Mann Tom suchten eine Zeit lang nach Flashs Eigentümer. Nun, wer würde ihnen das vorwerfen? Wer braucht schon einen Esel, den man bürsten und füttern und versorgen muss? Doch die Tage wurden zu Wochen und zu Monaten – und plötzlich waren Jahre vergangen. Flash war zu einem festen Bestandteil ihres Lebens geworden. Und er verwandelte sich von einem ambitionierten Haustierprojekt zu einem wahren Geschenk. Zunächst für Rachel, anschließend für mich und ganz bestimmt auch für Sie als Leser.

Es stimmt wirklich: Flash ist ein Geschenk. Ich hätte nie gedacht, dass ich die Art von Frau bin, die mit einem Esel warm werden könnte, doch Flash hat mein Herz erobert – genau wie das Herz meiner drei Söhne, die vom ersten Tag an beschlossen, dass er ihr persönliches Haustier ist. Seine Neigung, ihnen auf dem Fuß zu folgen und sein weiches Maul in ihre Schultern zu bohren, damit er gerieben und gestreichelt wird, gehört zu besonders schönen Momenten, die sie mit ihm verbringen. Flash hält seinen Kopf dann so nahe an ihre Köpfe, dass sie zusammenstoßen. Sie lieben das. Sie lieben ihn. Wenn meine Jungs am Gatter auftauchen und seinen Namen rufen, kommt er sofort begeistert angetrabt. Er hat schon auf sie gewartet, nach ihnen Ausschau gehalten. Und sie haben auf ihn gewartet.

Wie sich herausstellte, haben wir alle auf ihn gewartet, ohne es zu wissen.

Denn Flash brachte Lektionen fürs Leben mit sich. Rachel erzählte mir, wie es ihm immer wieder gelang, durch das einzige Loch in dem Zaun zu entwischen. Oder sie erzählte mir von den Rindern auf den umliegenden Weiden, mit denen er sich angefreundet hatte. Oder von seiner Störrischkeit, wenn er sich weigerte, sich auch nur einen Zentimeter von der Stelle zu bewegen, egal, wie fest man ihn am Halfter zog. Oder über seine Beziehung zu Beau, dem Labrador der Familie, mit dem er sich erst nach einer langen Fehde anfreundete.

Mit jedem neuen Abenteuer bekamen wir eine neue Lektion erteilt; ein neues Juwel, das unser Leben bereicherte. Bilder und Einsichten, die jemand anderer als Rachel, der weniger beobachtend und interessiert ist, leicht hätte übersehen können. Doch Rachel sieht all den Glanz, der in den normalen, einfachen Dingen des Lebens verborgen ist. Sie erfasst Details und gräbt aufmerksam nach der Schönheit im Kleinen. Und sie motiviert andere, dasselbe zu tun.

Was im Übrigen den Kern eines gut geschriebenen Buches ausmacht.

Und genau das halten Sie in Händen.

Wir sind Tom und Rachel so dankbar dafür, dass sie eine Unterbrechung ihres Lebens in eine Chance verwandelt haben – als sie einem streunenden Esel ein neues Zuhause und einen neuen Namen gaben, ja, als sie Flash in ihr Leben aufnahmen. Denn als sie das taten, kam Flash auch in unser Leben.

Und nun lässt Rachel diesen Esel auch in Ihr Leben treten.

Jede Lektion, die Sie auf diesen Seiten finden, wird Sie lächeln lassen und zugleich etwas lehren. Und wenn Sie die letzte Seite dieses Buches umblättern, werden Sie überrascht feststellen, dass sie zwei Dinge in einem gefunden haben: ein gutes Buch über einen Esel namens Flash und in einem einfachen Mädchen vom Lande eine gute Freundin namens Rachel. Und sie werden beide nie wieder so ansehen wie zuvor.

Flashs Fan

Priscilla Shirer

Prolog

Unsere Idee schien solide oder zumindest romantisch zu sein. Mein Mann Tom und ich begannen, in den florierenden ersten Jahren des 21. Jahrhunderts in der Gegend von Dallas-Fort Worth ein kleines Unternehmen für dekorative Kunst und Wandmalerei aufzuziehen. Was sollte dabei schiefgehen? Villen im europäischen Stil schossen überall aus dem Boden, als die Wirtschaft boomte. Ein unstillbarer Durst nach dem Besten in Sachen Ausstattung und Dekor füllte unsere Auftragsbücher Monate im Voraus. All das in einer Zeit, in der für anspruchsvolle Kunden Meisterwerke der Innenausstattung kreiert wurden.

Nicht schlecht für ein Unternehmen, das als mein kleines Hobby begonnen hatte. Ich malte Vogelhäuser an und verkaufte sie in Geschäften bei uns im Ort. „Träume groß“ war mein persönliches Motto. Und es war mein Traum gewesen, genug Geld zu verdienen, um mein Haar regelmäßig mit Strähnchen aufhellen zu können, ohne jedes Mal das Familienbudget für Lebensmittel anzugreifen. Meine Güte, wie schrecklich teuer sind diese Strähnchen! Das war ungefähr so hochtrabend wie meine früheren Ziele. Ich kümmerte mich zu Hause um unsere drei Kinder und brauchte dieses kreative Ventil verzweifelt, während Tom viele Stunden in der Elektronikfertigung arbeitete.

Als ich Anfragen für größere und anspruchsvollere Malprojekte erhielt, wurde mein Hobby auf einmal mehr, als ich bewältigen konnte. Ich brauchte Hilfe, um es zu schaffen, und mein Mann war genau die richtige Person dafür. Tom liebte es, abends und an den Wochenenden mit mir Kunst zu kreieren, indem er mir seine Talente und seine Muskelkraft zur Verfügung stellte, denn mittlerweile arbeitete ich mit Staffeleien, und schweres Zubehör musste getragen werden. Toms Kreativität war in einer präzise funktionierenden Industrie gefangen, und im Stillen sehnte er sich danach, die Tretmühle seines Unternehmens zu verlassen und etwas mit seinem künstlerischen Talent anzufangen. Und als sein Job im Zuge des konjunkturellen Abschwungs gestrichen werden sollte, schien der perfekte Zeitpunkt gekommen zu sein, unseren Traum gemeinsam zu verwirklichen.

Es konnte nur göttliche Fügung sein, nicht wahr?

Es war der richtige Moment, um ein Abenteuer zu beginnen, auf das wir nicht vorbereitet waren. Wir würden improvisieren müssen.

Wir wollten schöne Dinge kreieren und malen und die Leute glücklich machen. Es war ein einfacher Traum. Und es funktionierte, jedenfalls größtenteils. Doch die konjunkturbedingte Situation des Immobilienmarktes stellte eine größere Herausforderung für uns dar, als wir angenommen hatten. Wir wussten, dass Phasen des Reichtums und Phasen des Mangels die Voraussetzungen für unternehmerischen Triumph sind. Doch das zu tun, was wir liebten, machte jeden Tag zu einem Abenteuer. Wir wachten morgens begeistert auf mit dem Gedanken, Kunst zu schaffen, die von den Leuten geschätzt wurde. Wir hatten unsere drei Kinder und unseren Hund und unseren Traum und wir sagten uns: „Das reicht uns.“

Mehrere Jahre lang war unser Leben genau so. Genug. Wir schwelgten in dieser Erfahrung. Doch dann setzten dunkle Vorahnungen ein, bis schließlich die Immobilienblase platzte. Unser Schwelgen wurde zu einem Taumeln.

Es ist eigenartig, wenn sich Erfolg plötzlich in Scheitern verwandelt. Das Leben sieht auf einmal völlig anders aus, wenn die Gedanken ständig um Fragen kreisen wie: Wie sollen wir die Rechnungen bezahlen? Wie können wir die kieferorthopädische Behandlung unserer Kinder bezahlen? Wie kann ich Reis und Bohnen bis zum nächsten Gehalt schmackhaft zubereiten? Und wäre es wirklich so schlimm, in einem Zelt zu leben? Ich vergaß, den Himmel und die Wolken und die Art und Weise wahrzunehmen, wie die Sonne auf dem roten Haar meiner Tochter glänzt, und ich begann zu sehen, dass jedes Auto ein glänzend neuer BMW ist und wie gut besucht die teuren Restaurants sind. Zunächst konnte ich es nicht glauben, dass unsere Freunde sorgenfreie Ferien in Mexiko verbrachten, doch da war der Beweis – Fotos auf Facebook, die zeigten, wie sie ihren Wohlstand genossen. Ich vergaß, mit dem Hund nach draußen zu gehen, obwohl es mir sehr gutgetan hätte, mich ein wenig zu bewegen, und ich aß Fastfood, weil es einfach war und weil es so kompliziert zu sein schien, gesundes Gemüse zu schälen und zu schneiden. Leichtfertigkeit und Spontaneität standen nicht mehr auf meinem Programm, nicht etwa, weil ich keine Zeit dafür gehabt hätte, sondern weil das Luxus ist, den sich reiche Leute leisten. Und ich wusste, dass der „kleine Wochenendausflug“ bedeutet hätte, dass ich nicht mehr genug Geld für das nächste Projekt haben würde.

Vor allem fragte ich mich, warum Gott uns fallen ließ, obwohl wir nichts anderes wollten, als das zu tun, wofür wir geschaffen sind. Ich spürte Risse in meiner Seele, die früher so unerschütterlich zu sein schien. Ich richtete meine Fragen an den Himmel, doch meine Gebete wurden immer schwächer, da sie offenbar nicht beantwortet und beachtet wurden.

Ich fühlte mich allein.

Scheitern fühlt sich wie ein nasser Wollmantel an einem Sommertag an, der das mit Rüschen besetzte Partykleid des Optimismus unter seinem Gewicht begräbt. Überleben, existieren und funktionieren schien das Beste zu sein, was ich tun konnte. Manchmal ist das sogar alles, was man tun kann. Man geht zur Arbeit, stellt das Essen auf den Tisch, hilft den Kindern bei den Hausarbeiten, man lächelt und spornt die Kinder beim Hockeyspiel an und nachts sucht man nach der Hand unter der Bettdecke. Man klammert sich an jeden schönen Moment, den man erleben darf. Doch neben all der Aktivität und Geschäftigkeit wusste ich, dass sich etwas ändern musste, sonst würden wir nicht überleben.

Genau zu diesem Zeitpunkt tauchte bei uns der Esel auf.