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Über die Autorin

Jen Hatmaker ist in den USA eine bekannte Rednerin und Autorin von zahlreichen Büchern. Weil ihr die Frauen dieser Welt sehr am Herzen liegen, spricht sie auf vielen Konferenzen und Freizeiten, um sie zu ermutigen. Jen Hatmaker lebt mit ihrem Mann Brandon und drei Kindern in Austin, Texas, wo beide hauptberuflich in der Gemeindearbeit tätig sind. Mehr Informationen finden Sie unter www.jenhatmaker.com.

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Dieses Buch ist der bemerkenswerten Truppe von Müttern gewidmet, die in meinem Leben eine Rolle spielen. Ich kenne keine anderen Frauen, die so schwer arbeiten, so intensiv lieben und auf so echte Weise fürsorglich sind. Ich kann mir keinen einzigen Tag ohne euch an meiner Seite vorstellen.

Inhalt

  1. Ich bin perfekt, und meine Kinder streiten sich nie
  2. Meine Kinder sind auf dem besten Weg in die Therapie
  3. Eine Zusatzladung (Blödsinn)
  4. Dreifach heilig
  5. McDonald’s, Rudelbildung und andere Überlebensstrategien
  6. Häschen ohne Messer
  7. Ach, du lieber Himmel
  8. Kleine versteckte Überraschungen
  9. Bedeutung, Anerkennung und andere Mythen übers Muttersein
  10. Heute ist das Gestern von morgen
  11. Nein-Suri
  12. Sieben Mal am Tag
  13. Jesus als Flaschengeist
  14. Sich nicht auffressen lassen
  15. Camping im ersten Jahrhundert
  16. Eine halb volle Tüte Chips
  17. Tequila Sunrise
  18. Mein „Empty Nest Syndrom“
  19. Das Weihnachtsmann-debakel
  20. Hosenrock
  21. Eiersalatsandwich-Macke und Wut am Steuer
  22. Meine abhandengekommene innere Heilige
  23. Schrott zu Weihnachten
  24. MAHM
  25. Baby Couture
  26. Mama mit einer Mission
  27. Vivienne
  28. Unsere kleine Ausbeuterfirma
  29. Oberes Mittelfeld
  30. Arbeitermädchen
  31. Das sind die Pflaumen
  32. Nachfolge und Hunde
  33. Profi-Sorgenmacherinnen
  34. Wieder sexy
  35. Mutter des Jahres
  36. Keine Liebesgeschichten in der ersten Klasse
  37. Tun, was die Stimme sagt
  38. „Nein Hände, nein Jesus!“
  39. Miese Abstammung
  40. Geliebt
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1

Ich bin perfekt, und meine Kinder streiten sich nie

Mit allem, was sie (die Pharisäer) tun, stellen sie sich zur Schau. Sie tragen besonders breite Gebetsriemen und an den Gewändern auffällig lange Quasten. Bei den Festen wollen sie die Ehrenplätze bekommen, und auch in der Synagoge sitzen sie am liebsten in der ersten Reihe. Es gefällt ihnen, wenn man sie auf der Straße ehrfurchtsvoll grüßt und „Rabbi“ nennt.

MATTHÄUS 23,5–7

Mein jüngster Sohn Caleb ist von seiner Persönlichkeit her ein Mensch, den man gemeinhin als Rakete bezeichnet. Es ist eine permanente Herausforderung, ihn im Zaum zu halten, aber seine urkomischen Streiche und Eskapaden haben meinen Mann dazu veranlasst, ihn als unser Familienmaskottchen zu bezeichnen. Wenn er mit Erwachsenen spricht, und ich nicht dabei bin, um aufzupassen, werde ich richtig nervös, und Calebs Lehrerin in der ersten Klasse gibt mir reichlich Gründe dafür, dass diese Ängstlichkeit nicht nur bleibt, sondern sich stetig verschlimmert.

Caleb hat sich nämlich beispielsweise auf ihre Frage, was die Kinder einmal werden wollen, wenn sie groß sind, eifrig gemeldet und geantwortet: „Wenn ich groß bin, möchte ich Missionar werden und den Menschen was von Gott erzählen, obwohl meine Mama gesagt hat, dass alle Missionare umgebracht werden.“

Notiz an mich selbst: Wenn ich den Kindern erkläre, dass wir hier in unserem Land die Freiheit genießen, wann immer wir wollen in eine Kirche zu gehen, und zwar in eine Kirche, die wir uns selbst aussuchen können, dann Vorsicht bei Ausführungen darüber, dass manche Leute in manchen Ländern gar nicht in die Kirche gehen können und – jetzt kommt’s – sogar für ihren Glauben sterben müssen. Es gibt hier nämlich einen Sechsjährigen, der diese Aussage so verdreht, dass ich wie ein Schwachkopf dastehe, wenn er sie wiedergibt.

Stellen Sie sich dazu noch vor, wie ich mir im Gespräch mit besagter Lehrerin wie eine Idiotin etwas zurechtstammele und erkläre, was ich zu meinem Sechsjährigen gesagt habe und warum. Aus irgendeinem Grund war es mir wichtig, dass diese junge Lehrerin mich nicht für seltsam hielt und ich Stoff für Lehrerzimmergeschichten lieferte, was allerdings wahrscheinlich ohnehin schon der Fall war.

Mutter zu sein, setzt offenbar wieder etwas in Gang, das eigentlich mit Ende der Mittelstufe erledigt war.

Wir wollen, dass man gut über uns denkt, uns bewundert und uns in unserer schweren Aufgabe als Mütter mit Bestätigung versorgt. Deshalb neigen wir auch dazu, damit anzugeben, dass unsere Babys länger schlafen, als sie es tatsächlich tun, dass unsere Erziehungsmethoden besser und öfter funktionieren, als es tatsächlich der Fall ist, und dass unsere tolle Strukturiertheit und unser Organisationstalent für einen reibungslosen Familienalltag sorgen, den es in Wirklichkeit so nicht gibt. Wir sind Meisterinnen darin, unser Leben ein bisschen aufzuhübschen, einen Faden Unwahrheit mit einzuweben in einen prachtvollen Wandteppich der Größe und Erhabenheit – während wir Mütter kleiner Kinder es in Wirklichkeit alle mit einem permanenten Kampf mit Windeln und Schmodder zu tun haben.

Jesus kannte diesen Hang zur Schönfärberei und Prahlerei, denn auch für die religiösen Führer seiner Zeit war es typisch, zu posieren, sich zur Schau zu stellen und ein Bild von sich zu präsentieren, das mit der Realität nur herzlich wenig zu tun hatte. Am allerwichtigsten war ihnen, was andere über sie dachten und wie sie wahrgenommen wurden, und sie waren bereit, erhebliche Opfer zu bringen, um so gesehen zu werden, wie sie es sich wünschten.

Moment mal. Wie bitte? Die Pharisäer sollen Opfer gebracht haben? Ja, genau. Vor allem indem sie auf echte und ungeschönte Beziehungen verzichteten. Sie verhielten sich nicht wie normale Sterbliche, sodass niemand offen, echt und unverstellt mit ihnen in Beziehung treten konnte. Sie übten moralischen Druck auf die Menschen in ihrem Umfeld aus mit der Folge, dass diese dann genauso viel und so heftig heuchelten wie die Pharisäer selbst. Letztlich müssen sie aus diesem Grund furchtbar einsam gewesen sein.

Dieses Prinzip hat bis heute Gültigkeit. Wenn unser Verhalten von unserem Wunsch und Ziel bestimmt wird, anderen ein bestimmtes Bild von uns zu vermitteln, dann können wir in der ganz normalen – aber eben auch nicht immer ordentlichen – Realität keine gesunden Beziehungen entwickeln, weil diese unordentliche Realität nun mal der einzige Ort ist, an dem sich gesunde Beziehungen entwickeln können. Anderen ein perfektes Fake-Leben zu präsentieren, das aber nichts mit der Realität zu tun hat, weckt Ängste, schüchtert ein und schafft natürlich auch nur Fake-Beziehungen mit unseren Freunden, mit der Familie und sogar mit unseren eigenen Kindern.

Weil sich die religiösen Führer damals so sehr an Regeln, theologischen Lehrsätzen und an ihrem Image festhielten, konnten sie nicht Jesu Freunde werden, denn dessen engster Freundeskreis bestand aus Prostituierten, Lügnern, Feiglingen und Nobodys. Jesus verlangte ausdrücklich keine Vollkommenheit, vielmehr rangiert Authentizität auf der Liste der Eigenschaften, die Jesus wichtig sind, ganz weit oben. Nicht wie gut wir sind zählt, sondern wie aufrichtig wir in Bezug auf unsere Unvollkommenheit sind. Erst wenn wir in Bezug darauf, wie wir wirklich sind, ehrlich werden, kann Jesus anfangen, die erlösten Töchter aus uns zu machen, die wir in ihm eigentlich schon sind.

Können wir das Imponiergehabe nicht einfach lassen? Können wir nicht im Umgang miteinander aufrichtig sein und um Hilfe bitten, wenn wir sie brauchen? Können wir nicht unser Scheitern und Versagen eingestehen und aufhören, uns darüber Gedanken zu machen, was andere über uns denken könnten? Können wir nicht einfach zulassen, dass die anderen so sind wie sie sind? Können wir nicht einfach voreinander echt sein – unvollkommen in unserem Menschsein, aber von Jesus angenommen und ganz neu gemacht?

Ich bin dazu bereit, und hoffe, dass Sie es auch sind.

Und wenn Sie und ich echt sind, dann können es auch andere wagen, und irgendwann wagen es vielleicht alle.

+ Gibt es in Ihrem Leben einen Kampf, Zweifel, eine Versuchung oder eine Krise – egal ob klein oder groß – von der/dem niemand etwas weiß?

+ Was ist der Hauptgrund dafür, dass Sie noch mit niemandem darüber gesprochen haben?

Raus aus dem Schleudergang

Tun Sie heute einen Schritt in Richtung Authentizität. Bei wem können Sie ganz offen und ehrlich sein, ohne etwas vorzutäuschen? Rufen Sie diese Person noch heute an oder schreiben Sie ihr, und bitten Sie sie ganz aufrichtig, an Ihrem Leben teilzuhaben.

Vielleicht ist diese Person ja Jesus …

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2

Meine Kinder
sind auf dem besten Weg
in die Therapie

Wir sind mit unserer Familie genau an dem Wochenende umgezogen, an dem mein Mann und ich eine neue Gemeinde gegründet haben – und das war so ziemlich das Dümmste, was wir jemals gemacht haben.

Zu dem ohnehin schon massiven Chaos, das dadurch hervorgerufen wurde, kam noch erschwerend hinzu, dass unsere Kinder an diesem Wochenende ihre erste Woche in der neuen Schule, die sie wegen des Umzugs hatten wechseln müssen, hinter sich hatten. Und ein geradezu sadistischer Winkelzug des Schicksals bestand dann noch darin, dass am Freitag vor diesem besagten Wochenende das Schulsportfest stattfand, und alle drei Kinder natürlich von mir erwarteten, dass ich dabei war, um sie anzufeuern, Fotos zu machen und was nicht sonst noch alles – so wie all die anderen guten Mütter auch.

Durch den Umzug war leider mein Zeitgefühl etwas durcheinandergeraten, und ich kam eine Viertelstunde zu spät, um, wie versprochen, meinem Vorschulkind sein Mittagessen zu bringen. Ich traf es weinend mit dem Kopf auf der Tischplatte an, und bekam mit, wie andere Eltern vergeblich versuchten, ihm etwas zu essen zu geben, weil sie ihn offenbar für ein Kind aus einer sozial schwachen Familie hielten.

Nach Klärung und Auflösung dieser herzallerliebsten Szene musste ich mich dann auch schon beeilen, um es noch rechtzeitig zum Wettrennen meiner Zweitklässlerin zu schaffen. Ich traf sie mit geröteten und geschwollenen „Ich-habe-geheult“-Augen an eine Mauer gelehnt an.

„Sie sagt schon den ganzen Tag, dass ihr schlecht ist. Sie hat viel früher mit Ihnen gerechnet, und ich glaube, sie ist einfach nur enttäuscht“, sagte ihre Lehrerin, was in diesem Moment alles andere als hilfreich war.

Nach einem ziemlich missglückten Versuch der Schadensbegrenzung bei meiner Tochter sprintete ich dann weiter zum Sackhüpfen-Wettkampf meines Viertklässlers, wo ich feststellte, dass er als einziges Kind aus der Klasse kein grünes T-Shirt und kein Stirnband trug und auch keine Wasserflasche dabeihatte. Er sah mich nur mit einer Miene an, die Bände sprach, und weinte später auf dem gesamten Heimweg.

Wer hätte gedacht, dass Elternsein so schwer sein würde? Wer hätte gedacht, dass man den ganzen Tag – und zwar jeden Tag – an Zehntausende von Kleinigkeiten würde denken müssen? Wer hätte denn damit gerechnet, dass wir mit dem Tag der Geburt unseres ersten Kindes in einen permanenten Konkurrenzkampf mit anderen Müttern treten würden? Wer hätte gedacht, dass wir unsere Kinder so oft enttäuschen würden und wie weh das jedes Mal tun würde? Wer hätte gedacht, dass wir uns permanent darüber Sorgen machen würden, dass unsere Kinder eines Tages auf der Therapeutencouch landen werden?

Werde ich als Mutter jemals genügen?

„Der Schüler kann froh sein, wenn es ihm ergeht wie seinem Lehrer“, lehrt Jesus sehr behutsam (Matthäus 10,25, Gute Nachricht).

Wenn der Schüler so wird wie sein Lehrer, dann treten seine Unzulänglichkeiten und Macken – genau wie unser Versagen als Mutter – in den Hintergrund, weil der liebevolle Geist Jesu unser Menschsein zudeckt. Unsere Kinder werden sich nicht an jeden Zettel erinnern, den wir zu unterschreiben vergessen haben, oder an die Woche, in der es sieben Tage hintereinander Hotdogs zum Abendessen gab. Sie werden vergessen, wie wir einmal den Badetag abgeblasen und sie stattdessen für eine halbe Stunde seliger Stille mit einem Sesamstraße-Video bestochen haben.

Erinnern dagegen werden sie sich daran, wie wir mit ihnen gebetet und uns ihre kleinen Sorgen und Ängste angehört haben. Sie werden nie vergessen, wie wir uns um die Menschen in unserem Wohnort gekümmert haben, denen es nicht so gut ging wie uns, und wie wir ihnen dadurch den Auftrag nähergebracht haben, den Jesus uns als Christen gibt. Sie werden sich lebhaft daran erinnern, dass wir nicht vorschnell über Menschen geurteilt, dafür aber viel gelacht haben. Unsere Kinder werden sich daran erinnern, wie unbändig und über alles Verstehen und alle Maßen wir sie geliebt haben.

Die richtigen Schulen, die richtigen Vereine, die richtigen Teams … das genügt nicht.

Perfekte Systeme und Lehrbuchmethoden … das genügt nicht.

Vorteile durch Beziehungen oder strategisch geschicktes Engagement … das genügt nicht.

Aber es genügt, wenn ich Geduld aufbringe, wo ich am liebsten wie ein Kleinkind die Finger in die Ohren stecken und schreien möchte. Es genügt, mich zu entscheiden, barmherzig zu sein, wenn sie zum x-ten Mal den gleichen Fehler gemacht haben. Es genügt, Jesus nachzuahmen, der nie durch Reifen gesprungen ist, die ihm hingehalten wurden, sondern der den Lauf der Geschichte durch Gnade und sein Opfer verändert hat.

Sie sind als Mutter gut genug, wenn Sie sich so verhalten wie Ihr Erlöser. Wenn Sie reden, wie er geredet hat, lieben, wie er geliebt hat, vergeben, wie er vergeben hat, und lehren, wie er gelehrt hat. Wenn Sie Kinder in diese große, wundervolle, spannende Welt setzen, dann ist das alles, worauf es ankommt, denn daran werden sie sich erinnern und es nachahmen.

Und das genügt.

Mutter ist die Bezeichnung für Gott aus dem Mund und dem Herzen kleiner Kinder.

WILLIAM MAKEPEACE THACKERAY

+ Empfinden Sie als Mutter es auch so, dass es
als Ziel genügt, wie Ihr Lehrer zu werden?

Raus aus dem Schleudergang

Versuchen Sie einmal, für den Rest des Tages, jedes Wort, jede Entscheidung, die Sie treffen und alles, was Sie mit Ihren Kindern tun, erst durch den Filter laufen zu lassen, ob Sie dabei Jesus ähnlich sind – mehr nicht.

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3

Eine Zusatzladung
(Blödsinn)

Meine Freundin Stephanie ist Lehrerin in einer sehr elitären Grundschule mit vielen Kindern aus privilegierten, wohlhabenden Familien.

In der allerersten Schulwoche einer ersten Klasse wurde sie von einem besorgten (sprich: verrückten) Vater doch tatsächlich gefragt: „Was tun Sie hier eigentlich, um meinen Sohn auf ein Studium in Yale vorzubereiten?“

Darauf antwortete Stephanie schlagfertig und so gar nicht in der Stimmung, sich einschüchtern zu lassen: „Also, zuerst mal gewöhne ich ihm ab, in der Nase zu popeln und die Popel dann in den Mund zu stecken. Dann bringe ich ihm bei, länger als fünf Sekunden auf einer geraden Linie entlangzugehen, und am Ende des Schuljahres kann ich ihm dann sicher eine Empfehlung für Yale schreiben.“

Warum machen sich Eltern und insbesondere Mütter eigentlich bei einer ohnehin schon herausfordernden Aufgabe noch zusätzlich Druck? In der Zeit mit kleinen Kindern finden wir uns oft in einer skurrilen Welt wieder, in der wir anfangen zu hyperventilieren, sobald eine andere Mutter ihr vier Monate altes Baby für einen Spanischkurs angemeldet hat und uns versichert, dass sich das Zeitfenster für den Spracherwerb spätestens mit elf Monaten schließt und ihr das für uns jetzt echt leidtut.

Oder eine Frau im Park fragt beiläufig, auf wie vielen Wartelisten Ihr zwei Wochen altes Baby schon steht, und gibt Ihnen damit deutlich zu verstehen, dass, wenn Sie Ihr Kind nicht nach der Montessori-Pädagogik unterrichten lassen (hier könnte man wahlweise auch Waldorf, Reggio oder was auch immer einsetzen), Sie ihm dadurch ein Dauerabo beim Schulsozialarbeiter – oder schlimmer noch Schulpsychologen – sichern. (Ich bin ziemlich sicher, dass einer der Gründe für die Redewendung: „Irgendwo auf der Welt ist es immer 17:00 Uhr.“ dieser Druck von außen ist. Aber Alkohol ist ja bekanntlich auch keine Lösung.)

Dabei ist dieses Phänomen, viel Druck zu machen, gar nicht neu, und es ist auch nicht auf das manchmal richtig fiese Mütteruniversum beschränkt.

Im Judäa des ersten Jahrhunderts nach Christus hatten die religiösen Führer das Sagen, und sie sorgten dafür, dass es extrem kompliziert war, ein Leben im Glaubensgehorsam zu führen. Zusätzlich zu dem Gesetz, das Gott dem Volk Israel durch Mose gegeben hatte (und das allein mich schon dazu gebracht hätte, ernsthaft in Erwägung zu ziehen, die 17-Uhr-Cocktail-Gewohnheit aufzunehmen), bürdeten sie den Israeliten Unmengen von weiteren Regeln und Einzelbestimmungen auf.

Die religiösen Führer erweiterten die Zehn Gebote zu einem derart komplexen System von Regeln und Anweisungen, dass so ziemlich alles außer dem Atmen irgendwie anstößig war. So wurde beispielsweise das einfache Verbot, bestimmte Fleischsorten zu essen, zu einem System von Speisegesetzen aufgebläht, das kaum einzuhalten war. Kein Wunder, dass die Juden in Bezug darauf, ob das, was sie aßen, auch wirklich koscher war, geradezu paranoid wurden.

All diese zusätzlichen Regeln, Bestimmungen, Gesetze und Maßstäbe wurden in einem Begriff zusammengefasst, den jeder Jude kennt, der mit der erdrückenden Last eines unmöglich zu haltenden Gesetzes lebt: das Joch.

Dabei hatte auch noch jeder einzelne Rabbi seine eigene Auslegung der Bestimmungen und Regeln – also sein eigenes Joch. Und weil diese Zusatzregeln so individuell waren, konnte man leicht erkennen, wer Anhänger von welchem Rabbi war. Von ihnen wurde nämlich erwartet, dass sie dessen Auslegungen und Regeln übernahmen – und zwar mit allem Drum und Dran: Den Schuldgefühlen, der Beschämung, der Verdammung, dem Scheitern und dem Versagen.

Und da kommt Jesus ins Spiel.

Kommt alle her zu mir, die ihr euch abmüht und unter eurer Last leidet! Ich werde euch Ruhe geben. Vertraut euch meiner Leitung an und lernt von mir, denn ich gehe behutsam mit euch um und sehe auf niemanden herab. Wenn ihr das tut, dann findet ihr Ruhe für euer Leben. Das Joch, das ich euch auflege, ist leicht, und was ich von euch verlange, ist nicht schwer zu erfüllen.

MATTHÄUS 11,28–30

Wie bedeutsam müssen diese Worte für den ganz normalen erschöpften, völlig erledigten Juden gewesen sein, der sich nach Entlastung sehnte!

Sehen Sie jetzt, inwiefern dieser Rabbi so ganz anders war als seine Zeitgenossen? So ist unser Erlöser. Er nimmt den unnötigen Druck und die sinnlose Gesetzlichkeit – egal, ob sie uns aufgezwungen wird oder selbst auferlegt ist – schiebt beides behutsam beiseite und sagt: „Komm doch zu mir!“

Er schenkt eine Ruhe, die es nur bei ihm gibt. In seiner Nähe, seinen Armen, können wir unterscheiden, was wichtig und was unwichtig ist, worauf es ankommt, und was einfach nur optional ist, was wesentlich ist für unsere heilige Aufgabe als Mütter und was lediglich nur kultureller Druck ist. Jesus hat immer dem Einfachen vor dem Komplizierten den Vorzug gegeben, dem Schlichten vor dem Aufwendigen.

Erkennen Sie seinen Geist hinter dem, was er sagt? Er möchte nicht, dass Mütter in Schuldgefühlen und Selbstverdammung verkümmern. Es gefällt ihm gar nicht, wenn Selbstzweifel an Ihnen nagen und Sie sich ausgerechnet in der Zeit, in der Sie Ihre süßen Kleinen großziehen, unnötig mit Selbstzweifeln quälen. Kommen Sie zu ihm, zu seiner behutsamen und unaufgeregten Art. Kommen Sie dorthin, wo Sie nicht auf jeden Hinweis oder Vorschlag irgendwie reagieren und sich nicht jeder Kritik aussetzen oder gar beugen müssen.

Kommen Sie zu ihm und ruhen Sie sich aus.

Sein Joch ist leichter als das, welches Sie sich selbst auferlegen.

+ Welches selbst auferlegte Joch macht Sie fertig und raubt Ihnen die Freude?

Raus aus dem Schleudergang

Was müssten Sie loslassen, um stattdessen das Joch Jesu auf sich nehmen zu können? Welchen konkreten Schritt könnten Sie tun, um diesen Befreiungsprozess heute noch in Gang zu setzen?

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4

Dreifach heilig

Vor Kurzem fuhren meine Schwestern und ich zusammen nach Wichita, Kansas, um an der offiziellen Verabschiedung meines Vaters als Pastor der Gemeinde teilzunehmen, in der wir groß geworden sind. Das müssen Sie sich folgendermaßen vorstellen: Orgelmusik, die Mitglieder des Chores in speziellen Roben und wir in Kleid und Feinstrumpfhose (dieses Teufelszeug). Aus irgendeinem Grund, der mir inzwischen entfallen ist, saßen wir in der ersten Reihe. Dazu sei angemerkt, dass meine Schwestern und ich uns eigentlich immer danebenbenehmen, und die einzige Veranstaltung, bei der wir in der ersten Reihe sitzen sollten, ein Bon Jovi Konzert ist. Die einhundert Chorsänger blickten uns durchdringend an und schienen regelrecht zu erwarten, dass wir während dieses Gottesdienstes unweigerlich Schande über die ganze Familie bringen würden.

Der Pastor, der den Anbetungsteil des Gottesdienstes leitete, hatte gleich zu Beginn seinen Auftritt – mit seiner sehr speziellen Frisur, seinem Hang zum Melodramatischen und dramatisch gerollten Rs – und weil er offenbar das Rampenlicht nur ungern wieder verlassen wollte, zog er die Zeit, die er auf der Bühne hatte, durch ein Gebet noch ein wenig in die Länge. Und dann betete er – so wahr mir Gott helfe – Folgendes:

„Ooooh, guter Gott der Ernte (dramatische Pause) … Du. Bist. DREIFACH! HEILIG!“

Weil ich so reif und erwachsen bin und außerdem eine christliche Autorin und Referentin, brach ich in Lachen aus. In dieser Hysterie, die einen befällt, wenn man um jeden Preis einen Lachanfall verhindern will, saß ich mit bebenden Schultern da, die Hände fest auf den Mund gepresst, während mir Tränen übers Gesicht liefen. Und meine Schwestern waren keinen Deut besser als ich, sodass wir zu dritt in den Lachflash-im-Gottesdienst-Albtraum gerieten. Ich versuchte an richtig schlimme Sachen zu denken, um dem Spuk ein Ende zu bereiten – Tod, Krankheit, Mangelernährung, die extrem hohe Luftfeuchtigkeit –, aber nichts half. Sobald eine von uns Schwestern sich wieder einigermaßen eingekriegt hatte, begannen die Schultern einer anderen zu beben, und schon war wieder alles vorbei. Die Chorsänger schienen darüber nicht gerade erfreut, und meine Mutter hätte uns am liebsten gemeuchelt. (Ich würde jetzt gerne schreiben, dass Teenager nun mal so sind, aber wir waren schließlich alle schon über dreißig. Wirklich traurig.)

War das wirklich sein Ernst? „Dreifach heilig?“ Gibt es diesen Ausdruck überhaupt? Ich weiß nicht, ob der Terminus Gott oder die Gemeinde beeindrucken sollte, aber ich werde bis an mein kühles Grab behaupten, dass das weder beim einen noch beim anderen gelang. Was hat es eigentlich mit dieser Art von besonders spektakulärem Gebet für eine Bewandtnis? Was sollen diese wortreiche und überkandidelte Redeweise und die Sprache Kanaans? Warum wird die Gemeinschaft der Christen dermaßen gequält mit Gebeten, die einfach nur schräg klingen, durchsetzt sind von Worthülsen und der übermäßigen Benutzung von Worten wie „Herr“ und „einfach“? (Herr, ich möchte dich einfach bitten …)

Wir können vielleicht nichts Besseres und Wichtigeres für unsere Kinder tun, als für sie zu beten. Es ist die Aufgabe einer Mutter, für ihre Kinder zu beten, solange sie es selbst noch nicht können, weil sie noch nicht über den nötigen Wortschatz, das Verständnis und die Erkenntnis verfügen. Wir treten für sie ein und beten für ihr Wohl, für Gaben und für ihr Leben, so wie der Heilige Geist es uns zeigt.

Wenn wir beten, dann geht es dabei kein bisschen um schöne – oder seltsame – Worte. Es kommt nicht darauf an, dass sich das Gebet schön anhört, ob es fließend ist, eine erkennbare oder gar logische Gliederung hat oder lang genug ist. Man muss kein geübter Beter sein, der sich damit auskennt, öffentlich zu beten oder die fromme Sprache fließend beherrscht. Im Gegenteil, Jesus mag so etwas noch nicht einmal besonders. Das hat er einmal folgendermaßen formuliert:

Leiere nicht gedankenlos Gebete herunter wie Leute, die Gott nicht kennen. Sie meinen, sie würden bei Gott etwas erreichen, wenn sie nur viele Worte machen. Folgt nicht ihrem schlechten Beispiel, denn euer Vater weiß genau, was ihr braucht, schon bevor ihr ihn um etwas bittet.

MATTHÄUS 6,7–8

Es kommt nicht darauf an, wie wir es sagen, sondern dass wir es sagen: „Bitte, Gott, zieh meine Kinder so früh wie möglich und so klar und deutlich wie möglich zu dir hin.“ Welche Worte Sie wählen, um das zum Ausdruck zu bringen, ist völlig unwichtig. Entscheidend ist, dass Sie beten: „Heiliger Geist, bitte leite du meinen Sohn jede Sekunde seines Lebens.“ Es ist völlig egal, ob wir beim Beten in unserem Auto sitzen oder irgendwo knien und sagen: „Jesus, bitte zeige meinen Kindern, wie man so liebt wie du.“

Manchmal wissen wir ja noch nicht einmal, um was wir bitten sollen; wir sind nur absolut darauf angewiesen, dass Gott in das Leben unserer Kinder eingreift.

Und hier kommt die gute Nachricht:

Dabei hilft uns der Geist Gottes in all unseren Schwächen und Nöten. Wissen wir doch nicht einmal, wie wir beten sollen, damit es Gott gefällt! Deshalb tritt Gottes Geist für uns ein, er bittet für uns mit einem Seufzen, wie es sich nicht in Worte fassen lässt. Und Gott, der unsere Herzen durch und durch kennt, weiß, was der Geist für uns betet. Denn im Gebet vertritt der Geist die Menschen, die zu Gott gehören, so wie Gott es möchte.

RÖMER 8,26–27

Und weil Jesus Christus ewig lebt und für uns bei Gott eintritt, wird er auch alle endgültig retten, die durch ihn zu Gott kommen.

HEBRÄER 7,25

Sie, Jesus und der Heilige Geist umbeten Ihre Kinder gut – ja, sogar perfekt. Ihre Gebete mögen vielleicht nur bruchstückhaft sein, aber Jesus lebt, damit er für Ihre Kleinen eintreten kann; der Heilige Geist bittet in Übereinstimmung mit dem Willen Gottes für sie, und dieser Wille schließt ein, dass sie gerettet werden, intakte Beziehungen haben und dass sie einen Auftrag, Gaben und ein Ziel haben – alles eben, was Sie sich auch für Ihre Kinder wünschen. Sie sind also nicht allein mit ihren Gebeten.

Es sind Sie plus Jesus plus der Heilige Geist …

Und das ist wirklich dreifach wunderbar.

+ Wie empfinden Sie es, wenn Sie beten?

+ Wenn Sie einmal alle Blockaden in Bezug auf
„richtiges Beten“ hinter sich lassen könnten,
würden Sie dann häufiger für Ihre Kinder beten?

Raus aus dem Schleudergang

Was wäre heute Ihr dringendstes Gebetsanliegen?

Beten Sie dafür.