Autoren: Gaston Migeon und Henri Saladin

Redaktion der deutschen Ausgabe: Klaus H. Carl

 

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ISBN: 978-1-78310-667-7

 

Gaston Migeon und Henri Saladin

 

 

 

Die Kunst des Islams

 

 

 

 

 

 

Inhalt

 

Einleitung

Die Architektur

A – Der Nahe und der Mittlere Osten

B – Nordafrika und Spanien

C – Der Iran und die persische Schule

D – Die osmanische Schule

E – Das muslimische Indien

Die plastischen Künste

A – Bildhauerei

B – Metallbearbeitung

C – Goldschmiedekunst und Bergkristalle

D – Mosaik

Fertigwaren

A – Keramik

B – Emailliertes Glas

C – Stoffe

D – Teppiche

Die Buchkunst

A – Arabische Manuskripte

B – Ägyptische Korane

C – Persische Manuskripte

D – Indisch-Persische Miniaturmalerei

E – Türkische Manuskripte

Schlussbemerkung

Bibliographie

Index

Einleitung

 

 

Im Laufe von weniger als hundert Jahren erschütterte die arabische Eroberung, die in einem gewaltigen Vorstoß den gesamten Orient, Nordafrika und Spanien einnahm, das soziale Gefüge aller unterworfenen Völker und führte gleichzeitig eine neue Religion und Organisation, neue Werte und Gewohnheiten ein. Bei der Verbreitung einer alleinigen Ordnung half die Kraft eines einheitlichen Glaubens. In den noch immer von den Eroberungsfeldzügen der Barbaren ausgelaugten ehemaligen römischen Provinzen, in diesen zerrütteten und durch die Konflikte christlicher Sekten zerrissenen Ländern entstand eine neue, die muslimische Welt, die bereits jahrhundertelang viel zivilisierter war als die meisten europäischen Länder.

Mohammed hatte seinen Anhängern die weltweite Besitzergreifung aller Königreiche versprochen. Der Genuss weltlichen Besitzes wurde als Geschenk und Belohnung betrachtet, nicht als verachtenswertes, dem religiösen Menschen nicht zustehendes Glück. Die muslimischen Herrscher wollten sich auch mit Luxus umgeben und ihre Städte und Paläste reich schmücken. Der Prunk der Kalifen wurde sprichwörtlich, und in ihrem Reich sah man aller Orten großartige Monumente entstehen, deren prächtige und luxuriöse Ausstattung im Orient bis heute legendär sind. Doch diese Kunst war in ihrem Kern nicht eigenständig, nur die neue, ihr von neuen Meistern aus Asien und Afrika angetragene Ausdrucksweise war es.

Die muslimische Zivilisation, an der zahlreiche unterschiedliche Völker beteiligt waren, ist nicht durch und durch arabisch geprägt. Aufgrund der Vorbilder, die sie inspirierten, und der Milieus, in denen sie sich entwickelte, ist sie auch griechisch, persisch, syrisch, spanisch, ägyptisch und hinduistisch. Betrachtet man jedoch das große Ganze, ist doch der Einfluss der Araber unbestreitbar am größten, auch wenn dessen Form bis heute nicht exakt definiert worden ist. Die Araber verstanden es, zahlreiche verschiedene Elemente in ein homogenes Gemisch zu verschmelzen und daraus eine von ihrem Geist durchdrungene Kultur entstehen zu lassen. Als gemeinsame Inspirationsgrundlage für die ersten Werke der muslimischen Kunst darf jedoch eine Quelle nicht übersehen werden: die Kunst des „Glücklichen Arabiens“, des Arabia felix, des Jemen. Die erste Auswirkung der islamischen Expansion war daher eine Fusion der Kunst des Orients mit der Kunst des Okzidents.

In dieser vielseitigen und weitläufigen islamischen Welt, der die Araber durch Pilgerreisen nach Mekka ihre nomadische Lebensweise auferlegten, lief eine kontinuierliche Vermischung, Transmission und Vereinheitlichung ab, durch die die Kunst ohne Unterlass eine Erneuerung erfuhr. Die für jeden guten Muslim verbindlichen Pilgerreisen brachten in Friedenszeiten Menschen aus den verschiedensten Ländern zusammen. Angehörige desselben Gewerbes blieben aufgrund einer natürlichen Verbundenheit eher unter sich und inspirierten sich so gegenseitig. Für Handwerker aus den Randgebieten war die Reise nach Mekka lang und beschwerlich, und die ärmsten unter ihnen mussten ihre Reise unterbrechen und für die notwendigen Mittel und Vorräte arbeiten. Während ihrer mehr oder minder langen Aufenthalte in den Städten konnten die Gescheiterten Konstruktionsverfahren und Kunsthandgriffe erlernen. Sie sahen neue Modelle und versuchten, sie nach ihrer Heimkehr nachzuahmen.

In der reichen und mächtigen muslimischen Welt erblühte aufgrund dessen im gesamten Mittelmeerraum, entlang der Karawanenrouten und bis zum Roten Meer und Persischen Golf ein bemerkenswerter Handel. Reichtum und Wohlstand der Bürger erleichterten in den langanhaltenden Friedenszeiten unter den großen Kalifen den gegenseitigen Austausch. Überall in den großen Städten, den Karawansereien, sogar mitten in der Wüste entstanden riesige Basare. Die muslimische Marine stand in Konkurrenz zu Byzanz und Italien. Nichts könnte vorteilhafter für die Erneuerung und Verbreitung von Kunstformen sein. Zwischen der in den ersten Jahrhunderten des Mohammedanismus vorherrschenden Pracht und der Unzivilisiertheit der christlichen Welt bestand bis zu den ersten Kreuzzügen ein außergewöhnlicher Kontrast.

 

Blick vom Minarett der Großen Moschee von al-Mutawakkil,

848-852. Höhe: 50 m. Samarra, Irak.

 

Hof der Al-Azhar-Moschee, 970-972. Kairo.

 

 

Erster Teil

 

Die Architektur

 

 

A – Der Nahe und der Mittlere Osten

 

Die Geschichte Ägyptens war schon immer eng mit derjenigen Syriens verknüpft, und so wurde es, nur wenige Jahre nachdem Umar (592 bis 644) Syrien eingenommen hatte, rasch von Amr ibn al-As (um 580 bis 664) erobert. Das Ergebnis dieser beständigen Verbindungen zeigt sich in der gegenseitigen Beeinflussung dieser beiden Länder. Dadurch kam es in vielen Fällen dazu, dass sich die Kunst dort analog entwickelte. Im Jahr 634 fiel Damaskus den Muslimen in die Hände, drei Jahre danach betrat Umar Jerusalem und kurz nacheinander fielen Aleppo und Antiochia (Antakya). Vielleicht kann man sogar so weit gehen, den Bauwerken Antiochias einen Einfluss auf den Bau des Qubbat As-Sachra, des Felsendoms, von Jerusalem zuzusprechen, denn in Antiochia gab es eine berühmte, der Jungfrau Maria geweihte Rundkirche, die nach dem Historiker al-Masudi (895 bis 957) zu den Weltwundern gehörte. Der Stil dieser syrisch-ägyptischen Bauten unterscheidet sich jedoch erst gegen Ende des 9. Jahrhunderts vom Stil der maghrebinischen Architekten.

Das Herz der Moschee bildet der Mihrab, eine in die Mauer eingefügte Nische, die den Gläubigen anzeigt, in welcher Richtung Mekka liegt, wohin sie sich beim Gebet richten müssen. Die Mauer grenzt an einen offenen Hof und stellt damit bereits die einfache Anordnung nordafrikanischer Moscheen dar. Der erste Typ ist die Moschee mit Säulenhallen. Sie besteht aus einem quadratischen Innenhof, in dessen Mitte sich der von Säulenhallen umgebene Brunnen für die rituellen Waschungen befindet. Die größte dieser Hallen ist nach Osten ausgerichtet, und an ihrem Ende befindet sich der Mihrab. Diese Halle stellt ein überdachtes, aus parallelen Schiffen gebildetes Oratorium dar. Neben dem Mihrab finden sich das Minbar (eine Kanzel), die Podeste, auf denen die Koranleser Platz nehmen, und die massiven Lesepulte, auf denen die Heilige Schrift abgelegt wird. Dieser Grundriss galt bis zur Herrschaft der Ayyubiden für sämtliche Moscheen Kairos. Aber von dieser Zeit an entstehen kleine und sogar große Moscheen nach dem kreuzförmigen Grundriss der religiösen Akademien, auch Madrasa (Plural: Madaris) genannt, später bringt schließlich die osmanische Eroberung die Form der großen türkischen Kuppelmoscheen nach Kairo.

Die ersten Moscheen folgten alle diesem ursprünglichen Grundriss. Die Wand, in der sich der Mihrab befindet, wird eigentlich im Moment des Gebets auf ihrer ganzen Länge im Hinblick auf die Ausrichtung der Gläubigen mit dem Mihrab selbst gleichgesetzt. Zusammengefasst handelt es sich also bei dem Querschiff, das sich entlang dieser Wand erstreckt, eigentlich um das wahre Kernstück der Moschee. Die Vergrößerung einer Moschee müsste also parallel zu dieser Richtung stattfinden, und genau so ist es auch häufig geschehen. Für die Abstützung der Decken und Gewölbe dieser Schiffe wurden natürlich Säulen benötigt. Daher griff man zum Bau der Arkaden auf antike Säulen, ihre Basen und Kapitelle zurück.

 

Kairo

Die ersten Moscheen Ägyptens verdankten ihren Reichtum viel mehr der Malerei, der Vergoldung und den Wandbehängen als dem Einsatz prächtiger Baumaterialien. So wurde die Ibn-Tulun-Moschee, eine der ältesten Moscheen Kairos, einzig aus verputzten Ziegeln erbaut. In Syrien hingegen, in Damaskus und Jerusalem, wiesen die ebenfalls wertvollen Verzierungen andere Merkmale auf: Hier wurden ausgesuchter Marmor, Metalle und glasierte Mosaike eingesetzt. Marmorne Säulen, Basen und Kapitelle, Wandverkleidungen aus Marmor oder Mosaiken, Bronzetore, bemalte und vergoldete Decken und mit getriebenen und vergoldeten Bronzeplättchen belegte Balken dienten hier ebenso als Baumaterial wie als Verzierung. Im Grunde handelte es sich hierbei um die Anwendung römischer und byzantinischer Methoden, doch folgte man einer grundlegend neuen Gesamtanordnung, deren orientalische Ausrichtung an den üppigen Verzierungen deutlich erkennbar wird.

Es ist nicht so, dass die Darstellung von Menschen vollständig aus dieser ursprünglichen muslimischen Kunst verbannt gewesen wäre. In den Palästen von Herrschern und bedeutenden Persönlichkeiten fanden sich oft Gemälde, Statuen und Flachreliefs. Leider können wir uns das mögliche Aussehen dieser Bauten nur anhand von Texten vorstellen, denn es steht kein einziges Gebäude mehr, das die Merkmale der Paläste von Ibn Tulun (835 bis 884) und seines Sohnes Chumarawaih (864 bis 896) verdeutlichen könnte, von denen uns der Historiker Al Makrisi (1364 bis 1442) so fesselnde Beschreibungen geliefert hat.

Im 13. Jahrhundert tauchte der kreuzförmige Grundriss auf, der sich so weit verbreitete, dass er sogar bei kleineren Moscheen Anwendung fand. Bei religiösen Bauten kann man daher den wachsenden Einfluss Syriens bereits erkennen, und in den unter den Fatimiden entstandenen Festungsanlagen Kairos ist er noch stärker ausgeprägt. Schließlich stammten die Architekten der drei Tore in der Ringmauer von Badr al-Dschamali aus Edessa und waren somit Syrer.

Als die Ayyubiden in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts die fatimidische Dynastie aus Kairo verdrängten, verschwand auch der orientalische Einfluss im Hinblick auf seine unorthodoxe Auslegung. Hingegen gewann der Einfluss der syrischen Methoden die Oberhand, insbesondere auf die übernommene Bauweise. Der Einsatz von Stein, von fortschrittlichen Apparaten, von Marmor und farbigen Steinen aus Syrien für vielfarbige Verzierungen, verbreitete sich immer stärker, und zwar nicht nur in der religiösen, sondern auch in der zivilen Architektur.

Dieser Einfluss wird zunächst in der Zeit der Fatimiden und schließlich auch unter den Ayyubiden spürbar, er verstärkt sich weiter unter den Sultanen der bahrischen Mameluken (von 1250 bis 1382) und erlebt schließlich seinen Höhepunkt unter der Mamelukenherrschaft (1382 bis 1515).

Die Ausführung religiöser Bauten wurde stets durch den Eroberer beeinflusst, der für alle sunnitischen oder orthodoxen Muslime auch zugleich der oberste Kalif und Stellvertreter Mohammeds war. So führten die Türken in Kairo zwar die Kuppelform der osmanischen Moschee ein und wollten so ihren Besitzanspruch unterstreichen, doch konnten sie sich damit nicht überall durchsetzen, da viele der kleineren, nach 1516 erbauten Moscheen in Kairo den traditionellen Typ beibehalten haben. Die zivile und die Wohnarchitektur erfuhren durch die osmanische Eroberung hingegen überhaupt keine Veränderung.

 

Brunnen für rituelle Waschungen, 1363.

Sultan-Hasan-Moschee, Kairo.

 

Hof der Ibn-Tulun-Moschee, 876-879. Kairo.

 

Felsendom, 691-692. Jerusalem.

 

 

Jerusalem

Die Al-Aqsa-Moschee in Jerusalem steht ganz in der Nähe der unter dem Namen Felsendom viel bekannteren Omar-Moschee, der sie hinsichtlich ihrer Schönheit in nichts nachsteht. Die Al-Aqsa-Moschee ist eine ehemalige, unter Justinian I. (um 482 bis 565) errichtete Basilika, die unter dem Kalifen Abd al-Malik (646 bis 705) umgebaut wurde. Nachdem sie zwei Mal durch Erdbeben zerstört wurde, baute man sie 785 wieder auf. Sultan Saladin (1137/1138 bis 1193) restaurierte sie 1187, wovon noch eine Inschrift zeugt. Er ließ auch das schöne Minbar hierherbringen, die Nureddin ursprünglich für die Moschee von Aleppo hatte herstellen lassen. Die Mosaiken, mit denen Saladin das Kernstück der Moschee schmücken ließ, sind denen im Qubbat As-Sachra (Felsendom) trotz der Epoche ihrer Entstehung ähnlich und fast ebenso schön.

 

Mekka

Die den heiligen schwarzen Stein, von dem die Muslime glauben, er sei vom Himmel gefallen, umgebende Kaaba von Mekka hat eine weit zurückreichende Geschichte. Mit ihrem Bau soll Adam begonnen haben, den anschließend Seth, dann Abraham, dann die Amalekiter und schließlich, im 7. Jahrhundert, die Koreischiten mit dem koptischen Architekten Dokun fortsetzten. Nach der Zerstörung durch den Kalifen Yazid (644 bis 683) wurde sie von Abdallah ibn az-Zubair (619 bis 692) wieder aufgebaut. Im Namen Abd al-Maliks wurde sie erneut zerstört, doch kurz danach ließ er selbst hier die Säulengänge errichten. Von diesem Zeitpunkt an geht sie in die Geschichte ein.

 

Medina

Die erste Moschee in Medina war anscheinend nur ein viereckiger Raum, der von einer Ziegelmauer umgeben und teilweise von einem mit Gips verputzten, von Palmenstämmen getragenen Holzdach überdeckt war. Dieser Hof mit Säulengängen, an dessen Rückwand sich das Kernstück der Moschee befindet, entspricht dem Grundriss alter semitischer oder phönizischer Heiligtümer und ist der Prototyp der Moschee mit Säulengängen. Diese Moschee (Masdschid an-Nabawi, Prophetenmoschee) wurde 707 unter dem Kalifen Al-Walid (668 bis 715) umgebaut, wobei das Grab Mohammeds mit Fayence-Platten verziert wurde. Nach ihrer Zerstörung durch ein Erdbeben und einen anschließenden Brand wurde sie unter Sultan Kait-Bay (1416 bis 1496) und vermutlich nach dem ursprünglichen Grundriss wieder aufgebaut. Sie zeigt die Anordnung mit Parallelschiffen der alten Moscheen und beherbergt das Grab Mohammeds.

 

Damaskus

Die alte Moschee von Damaskus ist eine ehemalige christliche, im Jahr 379 von Theodosius Johannes dem Täufer geweihte Kirche, die von seinem Sohn Arcadius restauriert wurde. Sie befindet sich am gleichen Ort wie ein früherer antiker Tempel, der inmitten eines riesigen Platzes stand, von dem teilweise noch die Säulengänge existieren. Nachdem die Muslime Damaskus eingenommen hatten, teilten sie sich den Ort mit den Christen, doch der Umayyaden-Kalif Al-Walid übergab sie vollständig den muslimischen Gläubigen und ließ zu diesem Zweck einige Veränderungen an ihr vornehmen.

Die Moschee besitzt innen im oberen Teil kleine, byzantinische Säulen mit sehr flachem Relief und ein Fries mit Rankenornamenten aus vergoldetem weißen Marmor, das sich von einem Hintergrund aus dunklem Marmor abhebt und daher stark an den Stil des Felsendoms erinnert. Die Abschlussstücke über den Kapitellen der Säulen haben die Form von Pyramidenrümpfen, sind im Inneren jedoch gedrungener geformt als an der Außenseite. Vor dem letzten Brand bestanden die Decken der Seitenflügel des Querschiffs aus Sichtbalken sowie Kassetten in Stalaktitform (Muqarnas). Dort, wo in der Nähe der Wand der viereckige Teil mittels vergoldeter Stalaktiten (ähnlich denen des 15. Jahrhunderts in Kairo) in den runden überging, verliefen halbrunde Balken über einem Fries mit einer weißen Inschrift auf blauem Grund. Der Fries selbst wurde von Konsolen mit blauen, roten oder goldenen Ornamenten gestützt. Diese schöne Arbeit stammte sicherlich von der Instandsetzung im 15. Jahrhundert, genauso wie der Mihrab, das Minbar und die Marmormosaiken am unteren Teil der Wand. Doch am interessantesten waren die Mosaiken der byzantinischen, vom griechischen Herrscher zu Al-Walid geschickten Mosaizisten im Querschiff. Diese Mosaiken waren von einer grün-braunen Farbgebung auf goldenem Grund. Den Scheichen der Moschee zufolge handelt es sich hierbei um die Darstellung von Mekka und Medina.

Mit dieser prächtigen Gestaltung muss die Moschee von Damaskus vom Hof aus einen wunderbaren Anblick geboten haben. Die Moscheen von Kairo waren nicht weniger prunkvoll ausgestattet und auch die Paläste standen dem in nichts nach. Glaubt man den Beschreibungen der Historiker, versuchten die Araber überall den großen Luxus der byzantinischen Herrscher zu übertrumpfen.

 

Die Ibn-Tulun-Moschee in Kairo

Ahmad ibn Tulun wurde 868 vom abbasidischen Kalifen Mutawakkil (bis 861) zum Statthalter Ägyptens berufen. Doch schon im darauf folgenden Jahr hatte er sich de facto für unabhängig erklärt und schloss Syrien an Ägypten an. Sein Hof zeugte von beispiellosem Luxus. Er verließ den alten Herrschersitz in Al-Askar und errichtete seinen Palast in der im gleichen Jahr von ihm gegründeten neuen Vorstadt Al-Qattai.

Makrisi liefert uns Beschreibungen der darin enthaltenen Reichtümer: Ein Saal in Gold und Azurblau war mit flachen Holzreliefs geschmückt, die ibn Tulun und seinen Hofstaat in Lebensgröße zeigten. Die Figuren waren mit Gold bekrönt, ihre Turbane mit Edelsteinen verziert und ihre Kleidung bemalt oder mit Einlegearbeiten versehen. Die Paläste seiner Würdenträger waren um seinen Palast herum angeordnet, seine Moschee ließ er auf dem Hügel Gebel Yashkur errichten.

Die Ibn-Tulun-Moschee gehört zum Typ der Moschee mit Säulengängen. Die Nebengebäude sind mit außen liegenden Höfen um sie herum gruppiert. Dies erinnert in der Anordnung an antike ägyptische Tempel.

Die Moschee selbst ist 20 m lang und 38 m breit. An jedem Ende ihres Kernstücks befindet sich ein kleines Minarett, wobei das echte, aus Stein auf einem quadratischen Grundriss errichtete Minarett außerhalb der Moschee steht, seine Seitenwände zieren doppelte Nischen mit Hufeisenbögen. Es ersetzt ein früheres Minarett, nach dessen Vorbild es erbaut wurde. Makrisi berichtet, dass der ursprüngliche Architekt sich für den Bau der Moschee und des Minaretts an der in 48 km Entfernung von Bagdad gelegenen und im Jahr 542 von Kalif Al-Mutasim gegründeten Moschee von Samarra orientiert hat.

Die Architektur in dieser Region bedient sich jedoch der Ziegelbauweise. Das gleiche gilt für Mesopotamien, wo der Naturgips so schön und so reichlich vorhanden war, dass die Assyrer daraus Hoch- und Flachreliefs formten. Der Einsatz von Halbsäulen, die einen quadratischen oder rechteckigen Pfeiler umfassen, wie man es auch in der Ibn-Tulun-Moschee vorfindet, spiegelt die Tradition der aus vier Säulen bestehenden Säulenblöcke wieder. Die Arkaden der Schiffe in der Ibn-Tulun, die im Bogenfeld zwischen den Arkaden von einer durchbrochenen Arkade aufgelockert werden, haben eine Form unbekannten Ursprungs, die man jedoch auch über den sassanidischen Brückenpfeilern in Dezful und Schuschtar wiederfindet. Bis auf wenige Details erinnert die Verzierung an die Dekoration der sassanidischen Stoffe, besonders an jene, die die geflügelte Kugel in den Kapitellen von Taq-e Bostan nachformen. In der Tulun-Moschee tauchen schließlich zum ersten Mal Spitzbögen auf, die an die Bögen der Monumente von Amman erinnern. Wenn man bedenkt, dass Stein als Baumaterial in Kairo ausreichend vorhanden war, lässt sich die Vorliebe für Ziegel vor allem von den mesopotamischen Bautraditionen herleiten, die unter den Abbassiden nach Kairo gelangten und auch in der Architektur unter der schiitischen Fatimiden-Dynastie noch fortbestanden.

Der von vier Säulen mit byzantinischen Kapitellen umfasste Mihrab ist mit Marmormosaiken verziert, seine Kuppel besteht aus Holz und die einrahmenden Rankenornamente sind aus Emaille-Mosaiken gefertigt. Die kleine Holzkuppel über dem Mihrab wird von Pendentifs getragen, die noch aus der Restaurierung durch Sultan Ladschin (bis 1299) im 13. Jahrhundert stammen, genauso wie der hölzerne Mihrab selbst und die durchbrochenen Fenstergitter. Bei den Fenstern findet man hier keine in ein Gipsgerippe eingefassten Scheiben, sondern winzige Steinfliesen, die recht einfache, doch sehr elegante geometrische Ausschnitte aufweisen.

 

Felsendom, Innenkuppel, 1540-1550. Jerusalem.

 

Ansicht des Gebetsraums der Umayyaden-Moschee in Damaskus, 706-715. Damaskus.

 

Mihrab und Minbar der Umayyaden-Moschee in Damaskus, 706-715. Damaskus.

 

Minarett der Großen Moschee von Aleppo, Anfang 8. Jh. Aleppo.

 

 

Die Al-Azhar-Moschee in Kairo

Die Al-Azhar-Moschee in Kairo wurde von Dschauhar (bis 992) erbaut, einem ehemaligen sizilianischen Sklaven, der es schließlich zum General des Kalifen al-Muizz (932 bis 975) brachte, des ersten fatimidischen Herrschers Ägyptens. Das größere und mit zwei Säulenreihen geschmückte Mittelschiff verweist bereits auf einen ganz anderen Grundriss als man ihn von der Ibn-Tulun- oder Amr-Moschee her kennt. Das lässt sich jedoch nicht mehr vollständig beurteilen, denn kurz nach ihrer Gründung wurde die Al-Azhar-Moschee in eine Madrasa (eine islamische Hochschule) umgewandelt, deshalb wurden an ihr zahlreiche Um- und Anbauten vorgenommen. Das eigentliche Eingangstor stammt ebenso aus der Zeit von Kait-Bay wie das Minarett, dessen Basis noch zu erkennen ist. Eine aus derselben Zeit stammende hölzerne Absperrung am Ende der ersten Säulenhalle wurde vor Kurzem restauriert. Die Moschee selbst wurde von Abd-ar Rahman Katkhoda, dessen Grab sich in einem Raum im Südteil der Moschee befindet, um vier Schiffe erweitert.

Trotz all dieser Veränderungen scheint das Podest ein von doppelten Säulenreihen gesäumtes Mittelschiff anzudeuten. Dies ist eine althergebrachte Art der Anordnung und stammt wahrscheinlich aus Tunesien (wo man ihr in den großen Moscheen von Sfax, Beja, Gafsa, Tunis, Mahdia, Kairouan usw. begegnet), der Wiege der fatimidischen Dynastie. Während die neueren Abschnitte aus Stein sind, bestehen die alten Teile der Al-Azhar aus Ziegelsteinen, deren recht dicker Verputz aus Gips mit Ornamenten verziert wurde. Ein besonders gutes Beispiel dafür ist die kleine Kuppel über dem Eingangsbereich.

Den Hof betritt man über einen recht breiten Gang. Dieser Eingangsbereich wird von den Minaretten der anliegenden Madaris dominiert und weist erneut eingesetzte römische oder byzantinische Säulen mit Kapitellen auf. Die den Hof umgebende Mauer wird von einem durchbrochenen Fries überragt, der kostbarer als jener der Ibn-Tulun ausgestattet ist und über dem sich ebenfalls durchbrochene, sechsstöckige Zinnen mit zackenförmigen Auslassungen erheben. Die auf den Säulen ruhenden Arkaden der Al-Azhar-Moschee haben eine eigentümliche Spitzform, ebenso wie die Bögen der dazwischen liegenden Nischen: Es ist die Form der in Persien so häufig eingesetzten Ziegelbögen. Da die fatimidische Dynastie wie die Perser zu den Schiiten gehörte, lässt sich diese Form auf die Beziehungen zu Persien zurückführen und deutet vielleicht sogar auf den Einfluss eines persischen Architekten hin. Diese Bogenform hielt sich lange in Kairo, sogar unter den bahrischen Mameluken, als alle Monumente aus behauenem Stein gebaut wurden.

 

Die Sultan-Hasan-Moschee in Kairo

Zu Beginn des 14. Jahrhunderts zeigt sich in Kairo beim Bau von Moscheen eine wachsende Tendenz zum Einsatz von Steinen, so wie etwa bei der Aqsunqur-Moschee (1346/1347). Doch erst beim Anblick der Sultan Hasan-Moschee erkennt man ein bedeutsames Monument, in dem sich der syrische Beitrag mit anderen Einflüssen aus dem Osten und Norden vermischt. Mit dem Bau dieser Moschee wurde 1356 begonnen, sie wurde 1363 unter Sultan Mohammed Hasan, dem siebten Sohn von an-Nasir (bis 1213), vollendet. Von den Moscheen mit kreuzförmigem Grundriss ist sie die schönste. In ihrem Zentrum befindet sich ein offener Hof mit einem Brunnen für rituelle Waschungen, und im Osten des Hofes das eigentliche Kernstück: hinter der Rückwand liegt der Grabraum mit der im 17. Jahrhundert erneuerten Kuppel. Drei weitere Iwane (zu einer Seite offene Hallen) vervollständigen den Bau. Zwischen den Kreuzarmen liegen die Schulen für die vier orthodoxen Riten des Islam, von denen jede einen eigenen Hof mit Iwan sowie Räume für die Schüler besitzt. Von außen betrachtet, vermittelt die Moschee mit ihren zwei in den Himmel ragenden Minaretten den Eindruck von Größe und Strenge. Das höchste dieser Minarette misst drei Stockwerke oder 55 m. Die Wände der Moschee haben nur wenige Fenster, sind aber auf ganzer Höhe mit langen Rillen versehen. Aus einer Geschichte von Khalil Zahiri ist zu erfahren, dass aus allen Einflüssen, die sich auf den Grundriss der Hasan-Moschee auswirken, vor allem die asiatische und mesopotamische Prägung hervorzuheben sind. Aus seinem Bericht geht hervor, dass Sultan Hasan Architekten aus vielen Ländern zusammenrufen ließ und erfahren wollte, welches das höchste Gebäude der Welt sei, damit seine Moschee dieses überragen konnte. Man berichtete ihm, dass es sich dabei um den Iwan von Chosrau I. Anurschiwan handele. Hasan ließ diesen Bau messen und nachzeichnen und seine Moschee schließlich drei Meter höher bauen. Die Seitenwände der Hasan-Moschee zeigen bis hinauf zum riesigen Gesims aus Stalaktiten, als einzige Verzierung dienen lange, breite, die vertikalen Fensterreihen voneinander trennende Streifen. Der unbekannte Architekt erzielte so mit den einfachsten Mitteln eine unvergessliche Wirkung.

Die Kuppel über dem Grabraum war zwiebelförmig, genau wie die von überhängenden Stalaktiten getragenen Rippenkuppeln. Ursprünglich sollte die Moschee mit vier Minaretten ausgestattet werden. Das die Vorhalle überragende Minarett brach im Jahr 1360 jedoch zusammen und wurde nicht wieder aufgebaut. Das schönste der beiden übrigen Minarette steht im Südwesten. Mit Hilfe einer dreieckigen Abschrägung wird ein Übergang vom viereckigen zum achteckigen Grundriss ermöglicht. Im unteren Teil weist der achteckige Turm auf vier Seiten lange Fenster mit von Stalaktiten getragenen Balkonen und an den übrigen Seiten flache Nischen auf. Fenster und Nischen werden zudem von geradlinigen Schrägen eingefasst, der einfachsten Form eines Ziegelbogens mit kurzer Spannweite. Ein Gesims aus Stalaktiten trägt ein zweites, niedrigeres Stockwerk, das wiederum von einem noch üppigeren Gesims überragt wird. Darüber befindet sich die letzte Plattform, auf der sich über acht Arkaden aus dünnen, kleinen Säulen die von einem Piedestal getragene Zwiebelkuppel erhebt. Bis in das 17. Jahrhundert hinein bleibt dies in Kairo das am häufigsten bei Minaretten eingesetzte Abschlusselement.

Das Innere der Moschee war von einer Pracht, die der Erhabenheit des Äußeren entsprach. Das bronzene Eingangstor besaß zwei große, mit einem vieleckigen Geflecht verzierte Felder, deren Hauptelemente reliefartig hervorgehoben waren. Die Felder waren von einer flachen Bronzebordüre eingefasst und zusätzlich mit zwei riesigen, dekorativen Türklopfern verziert. Zusammen mit dem ganzen Portalbereich muss dieses kunstfertige Tor eine unvergleichliche Einheit gebildet haben. Der Sultan al-Muayyad (1369 bis 1421) ließ das Tor in seine Moschee bringen, wo es sich noch heute befindet. Er brachte auch den Bronzekronleuchter der Sultan-Hasan-Moschee, der erst später in die Moschee gekommen war, in seinen Besitz. Man kann den Bronzekronleuchter heute in einem Museum von Kairo betrachten, genauso wie 88 Lampen aus emailliertem und vergoldetem Glas aus derselben Moschee. Es reicht schon, sich die vielen Ketten anzusehen, die dort immer noch von der Decke des großen Iwan hängen und von denen jede eine dieser Lampen hielt, um sich die einstige Pracht im Inneren dieses Gebäudes vergegenwärtigen zu können. Der Iwan war mit einer niedrigen Marmorverkleidung verziert. Im hinteren Teil, dem Kernstück, reichte diese Verkleidung jedoch bis zum herrlichen, ausgeschnittenen, den Ansatzpunkt des Gewölbes betonenden Stuckfries, auf dem eine kufische Inschrift verläuft. Die Dikka (eine Empore), das marmorne Minbar mit ziselierten Bronzetüren und der mit marmornen Einlegearbeiten versehene Mihrab vervollständigen das Bild von strenger, fast nüchterner Pracht.

 

Abbassidenpalast, 1179. Bagdad.