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MANFRED RUMPL

Reisende in Sachen Relativität

Copyright © 2015 Picus Verlag Ges.m.b.H., Wien
Alle Rechte vorbehalten
Grafische Gestaltung: Dorothea Löcker, Wien
Umschlagabbildung: © Dorothee Haering
eISBN 978-3-7117-5280-2
ISBN 978-3-7117-2020-7

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des Picus Verlags und Veranstaltungen unter
www.picus.at

Manfred Rumpl, 1960 in der Steiermark geboren, jobbte in verschiedenen Sparten in Österreich und Deutschland, bevor er in Graz und Wien Philosophie studierte und mit einer Arbeit über Baudelaire abschloss. Er erhielt für seine Romane unter anderem den »aspekte«-Literaturpreis des ZDF und den Deutschen Kritikerpreis. Manfred Rumpl lebt in Wien und in der Steiermark.

MANFRED RUMPL

Reisende in
Sachen Relativität

ROMAN

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As a matter of fact my early desire was to be a poet.

ERWIN SCHRÖDINGER

Man kann vorhersagen, wann eine bestimmte Menge Popcorn aufgeplatzt sein wird, aber nicht, wann ein einzelnes Plopp macht.

VOLKSMUND

Man kann sich aber durch Verstoß gegen den guten Ton eine schöne Ungestörtheit verschaffen.

ALBERT EINSTEIN

Wenns so wäre, könnt es sein; wenns so sein könnte, wär es; weils aber nicht so ist, isses auch nicht. Das ist logisch!

LEWIS CARROLL,
Alice hinter den Spiegeln

Inhalt

Zum Autor

Wein

Wein

Semmering

Wien

Arosa

Arosa

Görz

Duino

Arosa

Wein

Arosa

Zürich

Berlin

Princeton

Oxford

Dublin

Graz

Wein

Alpbach

ALPBACH AROSA BERLIN DUBLIN DUINO GÖRZ GRAZ OXFORDPRINCETONSEMMERINGWIENZÜRICH

Plötzlich leuchtete ihm alles ein, und er öffnete die Augen.

Da ist ein Rudel Rotwild, das reglos auf einer Lichtung des Tiergartens steht. Jetzt lösen sich einige Rehe aus ihrer Erstarrung und beginnen zu äsen, andere stehen weiter, wie unter Hypnose, mit erhobenen Köpfen im Schnee. Es ist, als würden sie auf etwas hinhorchen, das irgendwo dort drüben, keine fünfzig Meter entfernt, in der Luft liegt. Von Zeit zu Zeit zittern ihre Flanken, und ein jähes Zucken jagt über ihr Fell.

Zweifellos existierten sie nicht nur in seiner Einbildung. Er konnte ihren Atem sehen, wenn er sich konzentrierte, dessen Wärme von der kalten Luft absorbiert und in etwas anderes verwandelt wurde.

Während er nur so dalag und, zu einem Fenster des Lainzer Spitals hinaus, in den Tiergarten schaute, wo der erste Schnee fiel, beschlich ihn das Gefühl, sein Körper messe die Zeit, die ihm noch blieb. Wenn er seine Konzentration auf sich selbst richtete, drang er in sein eigenes Fleisch und Blut ein. Mit einem Ächzen warf er sich in die Pölster, die ihm Rücken, Nacken und Kopf stützten, und legte die vom Rheuma krummen, mit Flecken gesprenkelten Hände auf die Decke. Er schloss widerwillig die Augen.

Es ist wie eine Reise durch Haut, Fett, Muskeln, Nerven und Knochen, bis in die Zellen und Moleküle hinein. Dann weiter zu den Atomen, wo sich riesige Räume auftun und Impulse seine Zeit messen wie atomare Uhren, und immer weiter in die Tiefe, bis er in eine Art Raum-Zeit-Schaum gerät, wo alles gleichzeitig geschieht. Er strengt sich an, genauer hinzusehen. Doch sein Bewusstsein verändert die Dinge, indem es sie wahrnimmt, sodass er nicht weiß, ob sie einfach da sind, oder ob er selbst es ist, der sie erst hervorbringt.

Das Chaos am Grund der Dinge macht ihm Angst. Seine Hände auf dem Laken zucken, wie unter Strom, und sein Kopf windet sich, als möchte er sich aus einer Schlinge ziehen. Schweiß tritt ihm auf die Stirn: Sekrete, die nach den Medikamenten riechen, die er einnehmen muss, seit er hier gestrandet ist. Aber schaut er in der vibrierenden Dunkelheit hinter seinen geschlossenen Augen überhaupt bis auf den Grund der Dinge? Dieser Karneval der Kräfte, ein anarchischer Tanz von Wellen, die, wie aus dem Nichts, kommen und gehen, ohne irgendeiner bekannten Ordnung zu gehorchen. Eine Unterwelt voller Geister und Gespenster, die sich dem menschlichen Verständnis entzieht. Er kann ja nicht einmal sagen, was dort zuerst geschieht und was danach. Die Zeit selbst erscheint an diesem seltsamen Ort ohne jede Richtung.

»Alles löst sich auf«, stöhnte er, mehrere Male, und wälzte sich im Bett auf die Seite. Er wollte die Augen öffnen, um wieder in die Dimension der großen Dinge zu gelangen, doch seine Lider waren verklebt wie von einem Traum. Sein Bewusstsein befand sich im freien Fall, der Kopf dröhnte und sein Puls raste.

Mit der Kraft der Verzweiflung konzentrierte er sich noch einmal, um endlich die Rätsel seines Körpers zu durchdringen. Es muss doch einen Weg geben, dachte er, dort am Grund der Welt, wo die Kräfte des Chaos sich scheiden. Einen Ausweg, der endlich ins Freie führt, hin zu jenem Ort, an dem alles mit allem in einer logischen, um nicht zu sagen göttlichen Verbindung stünde.

Er spürte den Griff an seiner Schulter, wollte sich mit einem Ruck entziehen und fiel fast aus dem Bett. Eine entschlossene Hand hielt ihn zurück. Als er nun die Augen öffnete, war die Lichtung im Tiergarten drüben auf einmal leer. So leer wie ein weißes Loch in der Landschaft. Vom Rotwild war weit und breit nichts mehr zu sehen. Der dicht fallende Schnee hatte sich heimlich über alle Spuren gelegt. Hatte er das alles nur geträumt?

»Herr Professor Schrödinger!«

Diese Stimme kannte er doch. Sie zwang ihn dazu, ihr den Kopf zuzuwenden. Als er das besorgte Gesicht Schwester Helenes dicht über seinem sah, atmete er auf. Sie tupfte ihm mit einem Tuch Schweiß von der Stirn. Dann ordnete sie eine halbe Handvoll Tabletten auf einem Tablett zu einem lächelnden Kreis und stellte es ihm auf die Brust.

Seit Tagen und Nächten begleitete sie ihn schon durch die endlosen Korridore des Krankenhauses, von einer Abteilung zur nächsten, wo Hirn, Herz und Lungen, wie er immer mehr argwöhnte, bereits nach den Vorboten seines Todes untersucht wurden. Mehr oder weniger harmlose Scherze, und mochten sie nun auch ein wenig albern sein, wussten sie mittlerweile beide zu schätzen. Wie denn sonst sollte man hier dem Lauf der Dinge trotzen? Seinem Krankheitsverlauf, der nur allzu oft dort endete, wo er vor Minuten (oder Stunden, er wusste es nicht) in Gedanken (oder im Traum?) gewesen war. Wo sich jemand, möglicherweise er selbst, in seine kleinsten Teile auflöste, um derart ein weiteres Mal von den Kräften der Natur verwandelt zu werden.

Wenn er atmete und sich das Tablettengesicht auf seiner Brust hob und senkte, sah es aus, als würde es über seine Bedenken lächeln. Als er das Lächeln erwidern wollte, überkam ihn wieder einer dieser lästigen Anfälle. Er röchelte, hustete und zuckte, bis die Tabletten abhoben und in alle Richtungen flogen. Schwester Helene sammelte auf, was sie noch finden konnte.

»Sie wissen aber schon«, sagte er mit gerötetem Gesicht und belegter Stimme, »wie leicht sich Patienten in ihre Krankenschwestern verlieben?«

»Wenn Ihre Frau erst da ist, ist Schluss mit solchen Reden!« Mit Nachdruck stellte sie ein Glas Wasser auf das Metalltischchen neben seinem Bett.

Auch das nur ein Spiel und Zeitvertreib im sterilen Klima des Krankenhauses. Sein Leben lang war er den Frauen zugetan gewesen, und jetzt, da es auf das Ende zuging, bereute er das genauso wenig wie seine Leidenschaft für Physik, Philosophie, Kunst und Literatur. Er war sogar davon überzeugt, dass alles auf irgendeine Weise zusammenhing. Eins ohne das andere wäre in seinem Fall gar nicht möglich gewesen. Und ob das, was ihn erwartete, überhaupt das Ende sein würde, stand ja noch in den Sternen.

»Meine Frau wird Sie ebenso mögen wie ich«, sagte er. Anny erholte sich nur langsam von einem Asthmaanfall, der sie fast umgebracht hätte. Wenn er sich, wieder einmal, fragte, warum ihre Ehe war, wie sie nun mal war, ein Auf und Ab und Hin und Her all die Jahre lang, kam er zu keiner Erklärung. Beide hatten es mit der Treue nicht so genau genommen, und die Frage, wer damit angefangen hatte, war mit der Zeit verblasst; obwohl er sich ja selbst im Verdacht hatte, wenn er an seine jungen Jahre dachte. Doch wer hatte den Tod auf den Plan gerufen? Diesen Gleichmacher, der hier durchs Haus schlich und sein Zimmer suchte. »Weil Sie sich so aufopfern für einen alten Narren wie mich«, sagte er zur Schwester, während er sich in Erinnerungen verlor.

»Sie sind ein berühmter Mann«, sagte sie. »Man würde sich überall gut um Sie kümmern.«

»Davon war in diesem Land lange Zeit nicht viel zu spüren«, sagte er. »Wie halten Sie es eigentlich mit der Physik, Schwester?«

Oft wusste sie nicht, wie sie mit ihm dran war. Ein Blick in seine trotz seines Zustands sehr lebhaften Augen hinter den blitzenden Brillen verriet ihr, dass er die Frage ernst zu meinen schien. »Physik bedeutet für mich vor allem«, sagte sie nach einem Zögern, »dass ich das Gewicht meines müden Körpers spüre, wenn ich in der Nacht aufstehen und mich um Sie kümmern muss.«

»Setzen Sie sich zu mir?« Er rückte ein Stück zur Seite und strich das Laken über der Matratze glatt.

»Ich hab aber zu tun«, sagte sie, während sie sich zu ihm aufs Bett setzte. War es nicht ihre Aufgabe, dem Patienten zuzuhören, wenn der das Bedürfnis hatte, sich mitzuteilen? Dass dafür im Dienstbuch keine Rubrik vorgesehen war, durfte sie nicht davon abhalten, den Kranken auch Zeit zu widmen, die nichts mit Hygiene oder der Einnahme der Medikamente zu tun hatte. Sie riskierte einen diskreten Blick auf ihr modernes Gerät, nicht im Geringsten ahnend, dass es das praktische Ding ohne die Gleichung dieses Mannes gar nicht geben würde. Das Gerät blinkte lautlos vor sich hin.

»Von Einstein haben Sie doch schon gehört, oder?«

»Sie meinen den, der Schuhe ohne Socken trug?«

»Das war wohl so was wie eine Nebenwirkung, Schwester. Ein Spleen, der ihm half, sich und seine Bestimmung besser zu spüren. So vergaß er jedenfalls nicht, dass er trotz seines Ruhmes ein Außenseiter blieb.«

»Hat er Ihnen auch die Zunge gezeigt?« Sie lachte auf, als sie sich vor Augen führte, dass ein Mann derart kindisch sein konnte, ein weltberühmter Wissenschaftler noch dazu.

»Wir waren Freunde«, sagte er und fixierte eine Tanne im Tiergarten, um sich zu erinnern. Bald war wieder Weihnachten, das er nach all den Jahren noch immer nicht mochte. Der Baum trug schwer an der Last des Neuschnees, seine Äste sackten immer tiefer ab. »Wir wollten verstehen, wie das alles zusammenhängt, das Kleinste und das Größte, das Schwerste und das Leichteste, das Schnellste und das Langsamste, das Stärkste und das Schwächste, das Nächste und Fernste, und es in einer einzigen Theorie zum Ausdruck bringen.«

»Das ist mir zu hoch, Professor.« Sie langte nach seiner Stirn und fühlte seine Temperatur. »Aber muss nicht alles zusammenhängen, wenn Gott es erschaffen hat? Sie sollten schlafen, bis ich die Tabletten wieder bringe.«

Dieses routinierte Mitleid in ihrem Blick mochte er nicht. Sie gefiel ihm besser, wenn sie mit ihm scherzte und dabei frivol wurde. »Glauben Sie an Gott?« Was für eine Frage, dachte er, während er sie noch stellte. Die Lichtung drüben blieb leer, das Wild war verschwunden. Sie nahm seine Hand wie früher seine Frau, die Stunden an seinem Krankenbett verbracht hatte und nun selbst fast ihrem Asthma zum Opfer gefallen wäre. Sie hatten, ihren Kritikern zum Trotz, ein gemeinsames Leben gehabt, das bezweifelte er nicht, auch wenn sie beide, auf anderen Wellenlängen gleichsam, noch je eins für sich gelebt hatten.

Warum dachte er über das Leben nach, als wäre es schon vorbei? Noch einmal fragte er die Schwester, die jetzt auch auf die Lichtung im Tiergarten drüben starrte, als wäre da etwas, ob sie an einen Gott glaube.

»Ist es nicht wichtiger«, fragte sie, »ob Gott an mich glaubt? Hier, wo mitunter Kinder sterben und üble Typen gerettet werden, liegen die Dinge wohl anders als in einer Kirche oder in einem Labor. Glauben Sie denn, als jemand, der sich sein Leben lang mit Wissenschaft beschäftigt hat, glaube ich an Gott?«

Er schloss die Augen, seufzte. Sein Herz schlug so laut, dass er fast nicht hörte, was er sagte, und jeder Schlag kam so zögernd, als würde es bald ganz aussetzen, und versetzte ihm einen Stich, der ihn durchbohrte. Alpbach kam ihm in den Sinn, jener Ort in den Tiroler Bergen, wo er vor Kurzem einen Bericht über Leben und Arbeit verfasst und nebenbei seine Tuberkulose (oder war es umgekehrt?) auskuriert hatte, die nach vierzig Jahren erneut akut geworden war. In den Bergen war er fast immer glücklich, ob er nun arbeitete, Ski lief, wanderte oder krank war. Als wäre er dort der Schwerkraft, die das Leben auf seiner Bahn anhäufte, völlig enthoben.

Nachdem er vergessen zu haben schien, was sie ihn gefragt hatte, erhob sich die Schwester und legte seine Hand aufs Laken zurück. »Versuchen Sie zu schlafen. Ich komme bald wieder vorbei.« Sie brachte ihren weißen Kittel in Ordnung, glättete ihn mit beiden Händen an Hintern, Hüften und Schenkeln, und nahm das Tablett mit den Essensresten vom Tisch. »Sie sollten mehr essen«, sagte sie, »schlafen und essen, wenn Sie wieder zu Kräften kommen wollen.«

Er strengte sich an, seiner Stimme jene Festigkeit zu geben, die er vergeblich suchte, seit es ihn hierher verschlagen hatte. »Warten Sie doch, Schwester! Ich denke, nun, das sind doch alles bloß Worte.«

Sie hielt, eine Hand an der Tür, inne, machte auf dem Absatz kehrt, blickte ihn fragend an und sagte: »Worte?«

»Wörter, Begriffe, Metaphern, Zahlen, Formeln. Modelle für etwas, meine ich, von dem wir vielleicht nie sagen können, was es wirklich ist, weil wir nicht nur reine Beobachter, sondern immer auch Mitspieler im universellen Spiel sind. Und das ist ja weder gut noch schlecht, es ist halt einfach nur so.«

»Hat das auch Ihr Freund Einstein gedacht?«

»Wir wollten es damals ganz genau wissen«, sagte er, lächelte und schweifte mit seinem Blick nach draußen ab, um sich zu vergewissern. »Und dabei ist es mir nicht erspart geblieben, ihn zwei Mal zu enttäuschen. Ein Mal in privater Hinsicht und ein anderes Mal in beruflicher. Aber gehört das nicht zum Leben, Schwester, die Helden seiner Jugend zu verraten? Und mögen sie Grillparzer, Einstein, der eigene Vater oder Gott sein. Eine Art Mord, den jeder begeht, dieser Vatermord. Freud hat es uns oft genug gesagt. Haben Sie Freud gelesen, Helene?« Etwas Aggressives kam auf einmal in seinen Tonfall, während er noch immer zum Fenster hinausschaute. »Können Sie mir die Traumdeutung von Freud besorgen? Aber ein bisschen plötzlich, Helene, bevor es zu spät ist! Ich habe seltsame Träume, seit ich an diesem Ort hier gelandet bin!«

Meinte er das ernst? Sie war sich nicht sicher. Jedenfalls hatte das nicht mehr viel mit den Scherzen zu tun, die sie bisher gemacht hatten, um ihre Rollen in diesem öden Stück Realität zu relativieren. »Ich hole jetzt die Tabletten«, sagte sie, »dann schlafen Sie besser und träumen nicht so wirres Zeug. Morgen müssen noch einige Untersuchungen gemacht werden.«

»Der Traum der Vernunft gebiert Ungeheuer!« Er wusste nicht mehr, wer das gesagt hatte, als er es ihr nachrief, und er wusste auch nicht, warum er das tat.

Mit der Nacht kamen die Träume in Schüben. Immer wieder fuhr er aus einem Traum hoch (oder waren es Erinnerungen?), in dem er zu ersticken drohte, um Luft ringend, bis sich Herz und Atem wieder beruhigten. Atman, dachte er, Atem, Fluss des Lebens, der mich nicht mehr trägt. Wo würde es ihn an Land spülen, an welchem Ufer würde er wohl stranden? Oder würde er untergehen, im Strudel der Zeit auf den Grund sinken und in Nichts zerfallen für immer? Etwas würde geschehen, zweifellos, und er würde vielleicht niemals erfahren, was es war.

Der Schnee auf der Lichtung leuchtete blau im Schein des Mondes. Das Blau erinnerte ihn an eine Nacht in Duino, als er fast über die Klippen in die Brandung gestürzt wäre. Er war so jung gewesen, und obwohl seine Liaison mit Ella gescheitert und Boltzmann gestorben war, damals, vor mehr als fünfzig Jahren, voller Hoffnung, Wissbegier und Leben. Jetzt aber lag er hier, ausgeliefert, schlaflos oder von Träumen bedrängt, wartete auf etwas (die Verwandlung?) und fand eine Menge Fragen statt Schlaf; aber auch Angst.

Wäre nur Anny da! Sie war ihm immerhin geblieben. Was würde sie tun und sagen? Dass er sich keine Sorgen machen müsse, schon gar nicht um sie! Das würde sie sagen, um ihn zu trösten, weil die Zeit weder umkehrbar noch rückgängig zu machen war. Die Zeit der Menschen jedenfalls. Sie würde an seinem Bett sitzen, schöner nach all den Jahren, als sie früher gewesen war. Wie eine seltene Spezies, die im Leid über sich selbst hinauswächst. Sie würde seine papierene Hand halten, die hier immer leichter wurde, von Nacht zu Nacht, und er würde wissen, dass alles in Ordnung war, so wie es war. Wie es Ruth gehe, das könnte er zum Beispiel fragen. Als würde er sich, wie so oft, nach der Tochter erkundigen, die sie nicht miteinander gehabt hatten und die es dennoch gab.

Er konzentrierte sich auf den Fluss seines Atems, um sich zu entspannen und einzuschlafen. Bevor er ins tiefe Schwarz fiel, stieg immer irgendetwas in ihm hoch und hielt ihn wach, Bilder, Geschehnisse, Szenen, Gesichter, Gedanken, aber auch Dinge, die er vergessen geglaubt hatte: der Geruch Tante Minnies, die ihn hochhebt und an ihre Brust drückt, Freund Fränzel, der sich auf Gott beruft, Lise und er bei der Entgegennahme des Ordens Pour le Mérite, die Krankheit der Mutter, Eindrücke aus dem Kaleidoskop seines Lebens, die funkeln wie Kristalle im Licht, Sheila vor dem Grün irischer Hügel im Hochland bei Regen, und auf einmal sind da sogar drei Töchter, von denen ihm zwei abhandenkommen … Landstriche, Städte, Wohnungen, wo er in all den Jahren gelebt hat, Gesichter von Frauen, die sich nicht mehr zu erkennen geben, das Lächeln Lottes, der ersten Liebe, in sich selbst verstrickt, wie es zu Mayas Mund wird, der sich auf einmal in ihr Geschlecht verwandelt, wo sie ein Kind versteckt … Einsteins Enttäuschung über ihn, der Gipfel des Weisshorns im Schneetreiben, aber auch Einsteins Erleichterung über seine Gleichung, der Sog des schwarzen Lochs Schlaf, der dem Tod ähnelt, dem er sich nicht anvertraut, weil ihn der Krieg davon abhält, dieses Pfeifen der Granaten, das Flugbahnen beschreibt, die nie bei ihm enden … Der Campus in Princeton im Frühling, das Misstrauen an der mit Nazis verseuchten Grazer Universität, dann die Vergrößerung einer Zelle im Mikroskop, ein Vexierbild, das in den ersten Bezirk umschlägt, so wie man ihn sieht, wenn man vom Glockenturm des Doms auf Wien hinabschaut …

Er öffnete die Augen und starrte lange ins Dunkel des Krankenzimmers. Alle möglichen Eindrücke suchten ihn heim, aber der Schlaf schlich immer wieder an ihm vorüber. Als er an Hamlet dachte, gelang ihm ein Lächeln im Dunkeln. Schlafen, nur schlafen, vielleicht ein bisschen träumen … Aber Hamlet ist jung und ein Heißsporn! Er jedoch war ein alter Mann, der sein Drama gehabt hatte und endlich zur Ruhe kommen sollte.

Er wälzte sich im Bett herum, um die Lichtung im Blick zu behalten. Falls die Tiere doch noch auftauchten, wollte er sie auf keinen Fall versäumen.

Er überlegte lange, ob er nach der Schwester klingeln und sie um ein stärkeres Schlafmittel bitten sollte. Wenn er sie jetzt mitten in der Nacht weckte, nur weil er nicht schlafen konnte, wäre sie womöglich nicht mehr so freundlich zu ihm wie bisher.

Er schlug die Decke weg, zog sich am Bügel, der über seinem Kopf baumelte, hoch, setzte sich auf und schlüpfte, ohne hinzusehen, in die Pantoffeln, die genau da waren, wo sie zu sein hatten. Dann machte er das Licht auf dem Nachttisch an und startete die Suche, planmäßig und akribisch, wie er früher im Labor gearbeitet hatte. Er gliederte den Raum in ein Raster und arbeitete ein Feld nach dem anderen ab. Als er fertig war, hatte er alle Tabletten zusammen, die von der Schwester übersehen worden waren. Elf Stück. Die für Lungen und Herz sortierte er aus. Übrig blieben Beruhigungspillen, Schlaftabletten und Schmerzmittel, die Morphium enthielten. Mit denen, die er aus der Schublade des Nachttischs holte, hatte er wieder elf Stück.

Er legte sich ins Bett, machte es sich bequem, so gut es eben ging, und spülte die Tabletten mit einem großen Schluck kaltem Tee hinunter. Dann machte er das Licht aus und wartete darauf, dass der Schlaf stärker sein würde als jede Erinnerung, die ihn wach hielt; stärker vor allem aber auch als jene Träume, die ihn in das Innere seines kranken Körpers schickten. Er wartete darauf, in ein Reich weit jenseits dieser Tagträume und Albträume zu reisen. Dorthin, wo es keine Zeit gab und damit auch keinen Schmerz in der Zeit.

Er wartete auf seine Verwandlung.

Die Zeit löste sich auf. Und mit der Zeit verschwanden auch die Erinnerungen und Bilder, die ihn um den Schlaf gebracht hatten. Die Gesichter der Frauen, die in seinem Leben eine Rolle gespielt hatten, verblassten nach und nach. Nur die Gestalt Mayas, wie er sie aus Arosa in Erinnerung hatte, sinnlich, selbstbewusst und dabei ein Rätsel verkörpernd, das er erst zehn Jahre später lösen sollte, stand noch eine Weile vor seinem geistigen Auge, bis auch sie verblasste. Alles entwickelte sich rückwärts. Alles zog sich ganz in sich selbst zurück, bis es verschwand. Bis nur mehr blieb, was er sich nicht vorstellen konnte, so sehr er es auch versuchte.

Stattdessen stellte er sich vor, wie sich die Funktionen im Körper entkoppelten und von Alter und Krankheit beschädigte Verbindungen immer weiter aufgespalten wurden. Würde sein Geist am Ende, das dann gar kein echtes Ende wäre, womöglich recycelt werden? Seinen Körper und die seit Langem an ihn gefesselten Schmerzen spürte er jedenfalls nicht mehr.

Er hatte kein überirdisches Strahlen erwartet, auch keinen Tunnel aus Licht, der ihn retten würde, keinesfalls aber hatte er diesen Abgrund erwartet, der nun auf ihn zustürzte.

Als alles zum Stillstand kommt, ist er noch immer da. Er schwebt in einem Raum, der sich offenbar in einem etwas größeren Raum befindet. Er kann sich weder rühren, noch auch nur spüren. Beim Versuch, sich zu orientieren, entdeckt er, dass er immerhin seine Augen bewegen kann. Nach und nach treten nun Konturen aus dem Dunkel, das ihn umgibt. Es wird heller, doch ein Zwielicht bleibt. Er kann nicht genau sehen, wo er ist und was ihn umgibt, aber er sammelt die Eindrücke, um sie in eine Ordnung zu bringen. Nachdem er alles vermerkt hat, was er aus seinem begrenzten Blickwinkel ausmachen kann, schließt er die Augen, um sich zu konzentrieren.

Die Stille, in der er schwebt, entspricht keinem Ort im Koordinatensystem, das er in seinem Geist aufspannt, um die Dinge darin zu ordnen. Es ist auch keine Stille im herkömmlichen Sinn, sondern vielmehr die Abwesenheit von Schall. Als wäre der kleine Raum in den großen Raum und alles zusammen in ein Vakuum gepackt. Dem Modell, das er im Kopf baut, fehlt jedoch das, was er im Zwielicht nur erahnen konnte. Als er damit beginnt, die fehlenden Elemente hinzuzufügen, formiert sich in seinem Bewusstsein ein neuer Raum, und je vollständiger sich dieser Raum gestaltet, desto besser versteht er, wo er sich befindet, und desto größer wird sein Unbehagen.

Auf einmal weiß er, was das hier ist und soll. Kein Wunder, dass ihm die Dinge jetzt alle bekannt vorkommen, und nicht nur das, auch die Anordnung dieser Dinge und der Zweck dieser Anordnung.

Er ist selbst Teil einer Versuchsanordnung, die er vor fünfundzwanzig Jahren entworfen hat. Um Einstein zu unterstützen, der mit Kollegen im Wettstreit lag, die den Zufall als fixe Größe in der Physik etablieren wollten. Radioaktives Material wird in diesem Raum in der nächsten Stunde mit fünfzigprozentiger Wahrscheinlichkeit ein Quantum Strahlung an einen Detektor abgeben, der in der Folge einen Schlag auf ein mit Giftgas gefülltes Glas auslösen und ihn töten wird.

Und jemand, der nur in diesen Raum blickte, um nach ihm zu sehen, würde allein durch die Beobachtung einen Quantensprung auslösen und ihn damit, indem exakt derselbe Vorgang abliefe, gleichfalls töten.

Seine Zeit tickt in den Atomen, und er kann sich nicht bewegen, um etwas dagegen zu tun! Wenn er die Schwester zu Hilfe ruft, wird sie ihn umbringen, indem sie die Tür zu seinem Raum öffnet, vorausgesetzt, sie käme überhaupt, nachdem er sie womöglich beleidigt hat; und falls er es nicht schafft, seine Lippen zu bewegen und um Hilfe zu rufen (oder sie einfach nicht kommt, weil sie tatsächlich beleidigt ist), hängt sein Leben eine Zeit lang am Faden der Wahrscheinlichkeit, mit der Atome zerfallen.

Was auch passieren wird, alle Möglichkeiten und Wahrscheinlichkeiten sprechen letztlich gegen ihn. Er lebt noch und ist doch schon so gut wie tot. Halb tot und halb lebendig. Man hat ihn mit der Katze vertauscht, die in seinem Entwurf vorgesehen war, und in sein eigenes Experiment gesperrt!

»Das war doch nur ein Gedankenexperiment!«

Er schrie es hinaus. In die Dunkelheit des Krankenzimmers, nachdem es ihm gelungen war, Luft zu holen. Und als er begriff, dass er sich wieder bewegen konnte, rief er um Hilfe, immer wieder und wieder, bis die Tür aufflog und Schwester Helene ins Zimmer stürmte, gefolgt von zwei Pflegern, die ihn sanft ins Kissen drückten, als er aufbegehrte. Mit routinierten Handgriffen zogen sie ihm eine Zwangsjacke an.

Die Schwester beugte sich über ihn. Mit dem Strahl einer Stablampe versuchte sie, seinen Blick zu fixieren, der aber immer wieder nach der Lichtung abschweifte. Inzwischen zog ein Pfleger eine Spritze auf.

»Was für ein Tag ist heute? Wie ist Ihr Name, Professor? Welches Jahr haben wir?« Während sie so auf ihn einredete, stach sie ihm die Spritze in den Arm und drückte den Kolben durch.

»Neunzehn … sechzig«, murmelte er, »glaube ich. Bald ist doch schon wieder Weihnachten, oder?«

Er war klatschnass geschwitzt und zitterte am ganzen Körper.

Während ihn die Pfleger stützten und hinausführten, erhaschte er einen Blick auf den Tiergarten. »Da«, sagte er und wollte hinzeigen, doch seine Arme steckten in dieser verdammten Jacke.

»Da ist nichts«, sagte einer der Pfleger, ohne überhaupt hinzuschauen, »rein gar nichts!«

Aber es war da! Das Rudel Rotwild stand wieder auf der Lichtung, regungslos, und schaute mit erhobenen Köpfen zu ihm herüber. Alles war erleuchtet, vom Licht des Mondes, das der Schnee reflektierte, und vom Funkeln der Blicke, in dem er das Wesen jeder Kreatur zu erkennen glaubte.

Auf dem Weg durch die Stadt bis in die psychiatrische Klinik der Universität beruhigte er sich allmählich. Wien zeigte sich aus einer Perspektive, die er seit seiner Kindheit nicht mehr wahrgenommen hatte. Alles erschien ihm viel größer als es war. Größer, geheimnisvoller und wirklicher. Sie fuhren über den Ring, am Volksgarten entlang. Gedanken an Minnie, an deren Hand er als Bub hier oft herumspaziert war, zauberten ein zaghaftes Lächeln in sein verwirrtes Gesicht.

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Ohne hinzusehen tastete er nach der Hand der Tante, die in ihrer Tasche nach dem Schlüssel kramte. In Gedanken war er bei den Geschichten, die sie ihm, wie fast jeden Abend, auf Englisch vorlesen würde: Storys, die ihm mitunter mehr kindisch als kindlich vorkamen; besonders wenn er daran dachte, wie sie die Welt sahen, die ihn umgab. Ging es in diesen biblischen Erzählungen zu wundersam her, verdunkelte sich sein Blick und seine neugierige Miene wich spöttischer Skepsis.

Der kleine Erwin ließ sich nicht gerne für dumm verkaufen. Ein Dreikäsehoch halt, wie Tante Minnie bisweilen bemerkte, der erst fünf Jahre alt war, aber schon einen ganz eigenen Kopf hatte.

Bis auf ihn und den Vater, der mehr im Geschäft als zu Hause war, gingen in der Wohnung im letzten Stock des Hauses Gluckgasse 3 meist Frauen aus und ein. Die Mutter. Tanten, Emily vor allem, die Minnie gerufen wurde. Und Freundinnen des Hauses. Die Dienstmädchen nicht zu vergessen. Es dauerte ein paar Jahre, bis er sich mit der Vorstellung abfand, dass nur eine davon seine Mutter sein konnte. An der Hand Minnies jedenfalls, die vierzehn Jahre älter und viel mit ihm zusammen war, kam er sich schon ganz schön mutig, klug und auch ziemlich groß vor.

Niemals würde er vergessen, wie ihm diese Hand während einer Kundgebung inmitten einer tobenden Menge auf dem Stephansplatz abhandengekommen war. Er war wie gelähmt, konnte weder atmen noch schreien, umstellt von einem Wald aus Beinen, hoch droben eine Hydra aus Tausenden Köpfen: Parolen skandierend und johlend, wenn der Redner, den er nicht sehen, aber hören konnte, eine Pointe nach der andern über den Platz brüllte. Der Hass der Vielen, der sich, soviel er mitbekam, gegen die Juden richtete, flößte ihm Angst ein. Er hörte zwar die Parolen, doch sie entbehrten jeder Logik und ergaben in seinem Kopf gar keinen Sinn. Das aggressive Wogen der Menschen, hin und her, vor und zurück, drückte ihn beinah zu Boden. Niemand im Tumult nahm von dem Kleinen da unten Notiz. Als von irgendwoher Minnies Hand wieder auftauchte und ihn aus der Menge fischte, bevor er zu Boden ging, war er bereits den Tränen nahe.

»Erwin!«

Sie hob ihn hoch, küsste ihn auf die Wangen und flüsterte ihm Schwüre ins Ohr. »Wie dumm von mir, ausgerechnet jetzt über den Platz zu wollen!« Erleichtert drückte sie den Buben an ihr klopfendes Herz. Sie haderte mit sich, ihrem Egoismus und der Kundgebung, die, wie sie schimpfte, alle Ignoranten der Stadt ins sonst so ruhige Zentrum gelockt habe. »Komm, mein Schatz, schnell weg von hier.«

In einer der engen Gassen abseits des Doms verebbte der Druck der Masse. Minnie setzte Erwin ab, ließ ihn aber bis zum Geschäft nicht mehr aus den Augen. Kurz nur hatte sie sich einer Bekannten zugewandt, und schon war der Bub weg gewesen. Ihr Herz raste noch immer. Erwin schien sich zum Glück wieder gefangen zu haben. »Ich verrat dich eh nicht, Minnie«, flüsterte er, als sie das kühle Kontor der Manufaktur des Vaters betraten.

Während Minnie das englische Buch mit den biblischen Geschichten suchte, erinnerte er sich genau an diesen Vorfall. Dann war da auch das Gesicht des Vaters, das sich ihm im dunklen, kühlen Geschäft eingeprägt hatte wie noch nie: Der Blick des von seiner Arbeit in seinem eigenen Büro in die Enge getriebenen Mannes, in dem sich Sorge, Müdigkeit und Zuneigung mischten. Wenn der Vater ihn hochnahm, um mit ihm zu reden und ihm einen Kuss auf die Wange zu drücken, wobei ihn der Bart kitzelte, erzählte er ihm immer etwas über die Natur. Über jene Phänomene, die es zu ergründen galt, wollte man alles besser verstehen. Aber es sollte noch ein paar Jahre dauern, bis er zum ersten Mal einen jungen, noch fast unbekannten Mann erwähnte, der Einstein hieß.

Was? Warum? Wie? Woher? Wozu? Weshalb? Warum vor allem. Warum dies? Warum das? Warum jenes? Und warum nicht? Warum doch? Warum warum? Warum warum warum? Dies und ähnliches fragte er mit blankem Blick, wenn Minnie ihn mit seiner eigenen Methode drankriegen wollte. Fragen zogen ihn in ihren Bann, und während er noch zuhörte und schon verstand, tauchten sie bereits auf: Fragen nach dem, was blieb, wenn eine Frage beantwortet wurde. Überhaupt Fragen nach dem, wonach andere, aus für ihn wiederum fragwürdigen Gründen, einfach nicht fragen wollten.

Minnie machte es sich mit dem Wälzer auf dem Kanapee im Salon bequem. Erwin legte sich dabei, wie fast immer, auf den Perserteppich mitten im Raum, auf den Rücken manchmal, meist aber auf den Bauch. Mit in die Hände gestütztem Kopf und geschlossenen Augen lauschte er der suggestiven Stimme der Tante, während die Mutter am anderen Ende der Wohnung an ihrem Geigenspiel feilte. Die Schallwellen ihres nervösen Stakkatos pflanzten sich durchs ganze Haus fort. Auf verschlungenen Wegen gelangten sie sogar bis auf den Dachboden. Dort war Erwin an der Hand des Vaters, auf der Suche nach einem Mikroskop, Zeuge des patriarchalischen Unmuts über das Musizieren seiner Mutter geworden.

Wie immer wollte Minnie die Nacherzählung der Geschichte hören. Mühelos wiederholte er die Story, indem er die Aussprache theatralisch überbetonte, aber nur bis zum ersten kritischen Punkt. Wo immer im Buch von Wundern die Rede war, die gegen Naturgesetze verstießen, warf Erwin seine gut geölte Fragemaschine an und löcherte die Tante, bis sie aufgab.

Dann nahm sie sein Tagebuch und eine Feder zur Hand, öffnete das Fässchen mit Tinte und ließ sich von ihm in altklugem Tonfall diktieren, was er an diesem Tag alles erlebt hatte. Als er damit fertig war, klappte sie das Buch vor seinen Augen mit einem Klatschen der Seiten zu, dass ihm die blonden Locken wie von einem Sturm aus der Stirn geblasen wurden. In diesen Momenten konnte er sich nie beherrschen und musste einfach loslachen. Er trug das Buch in sein Zimmer wie eine Hostie und verbarg es vor dem Blick dessen, der angeblich alles sieht.

Die Mutter erschien wieder einmal nicht zum Abendessen. Als der Vater aus dem Geschäft nach Hause gekommen war, war ihr Spiel abrupt verstummt. Sie schien seinen Widerstand gegen ihre musikalischen Ambitionen zu akzeptieren, was aber vielleicht dazu beitrug, dass es ihr immer wieder gar nicht gut ging. Von einer Sekunde auf die andere laborierte sie an ihrer mysteriösen Migräne. Auch jetzt war sie, wie so oft in den letzten Monaten, in die Dunkelheit ihres Zimmers geflüchtet, dessen Fenster mit Tüchern aus der Manufaktur der Familie verhängt waren.

Während sie Eis löffelten, brachte der Vater das Gespräch auf die Astronomie. Er wusste, wie gern Erwin über die Weiten des Kosmos, die Sterne und seltsamen Geschehnisse da draußen fabulierte. Durfte er in der Sommerfrische am Semmering einmal länger aufbleiben, tat er nichts lieber, als in den sternhellen Nachthimmel zu schauen, bis ihm schwindlig wurde und er ins Gras fiel. Dass die Milchstraße hieß, wie sie hieß, entzückte ihn jedes Mal aufs Neue. Myriaden von Sternen, die aussahen, als hätte dort oben jemand Milch verschüttet. Wenn er nur lange genug hochsah, begann sich alles zu drehen, und er war auf einmal mittendrin. Das war noch aufregender, als mit an die Seiten gepressten Armen über einen Abhang zu kullern, bis man Gefahr lief, sich eine Darmverschlingung zu holen. Über dem Sonnwendstein leuchteten in diesen klaren Nächten die Sterne wie Münzen aus einem Schatz.

»Was tut sich denn da draußen, mein Großer?« Obwohl er für sein Alter eher klein war, nannte ihn sein Vater gern so.

»Wartet, ich zeig’s euch!« Als hätte er nur darauf gewartet, ließ er vom Eis ab und nahm Minnie bei der Hand. Er zog sie in die Mitte des Zimmers und befahl ihr, dort stillzustehen. »Du bist die Erde, ich bin der Mond!« Er umkreiste sie und rief dabei immer wieder, sie solle sich in einem bestimmten Abstand mit und zu ihm um die Stehlampe bewegen. »Das ist die Sonne!« Sie kreischten und kreiselten dabei so lange durchs Esszimmer, bis sie von der Gravitation der Sonne eingefangen wurden. Und dann kollidierten sie mit ihr. Glas klirrte, das Licht der Lampensonne erlosch.

Einen Augenblick später entflammte der Lüster an der Decke und erhellte die Szene, die im Chaos zum Stillstand gekommen war. Minnie verschluckte sich fast vor Lachen, der Vater schmunzelte, Tante Rhoda runzelte wohlwollend die Stirn.

Die Mutter war aufgestanden und stand lächelnd in der Tür. Ihr Gesicht, das von der Migräne entstellt gewesen war, war wieder klar und liebevoll. Erwin rappelte sich auf und flog förmlich in ihre Arme.

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Jahre später wichen die fürsorglichen Hände Minnies und die trockene Hand des Vaters dem meist feuchten Händchen Lottes, seiner Liebsten. An der Hand des Vaters hatte er gelernt, die Phänomene der Natur zu untersuchen, und das hieß, sie nicht nur zu betrachten, sondern hinter ihre Masken, Kulissen und Erscheinungen zu blicken, wo sein Staunen noch viel größer war. An Lottes Hand ging die Zuneigung nach innen und spürte widersprüchlichen Gefühlen nach.

War er zum ersten Mal verliebt? Er wusste es nicht. Seine Verwirrung mochte andere Ursachen haben. Doch immer, wenn er sie sah, fiel es ihm schwer, Worte zu finden, die das sagten, was er für sie empfand.

»Fragst du deine Eltern, ob du mit mir ins Theater gehen darfst?«

»Wieso willst du mit mir allein sein?« Sie fragte so naiv, dass er nicht anders konnte, als sie vor den Kopf zu stoßen.

»Um mit dir zu schlafen?« Die Gegenfrage war ihm schon peinlich, während er sie noch aussprach. Wenn er sie anschaute, verstohlen wie in diesem Augenblick, erschien sie ihm unnahbar, während sie aber doch, wie er wusste, nur unerfahren war und an Dinge glaubte, die ihn nur ein Achselzucken kosteten. Er wusste so viel mehr als sie, kam ihm vor, doch was ihr Körper zu wissen schien, war ihm wiederum ein Rätsel. Ihr Körper, der sich in den letzten Monaten vor seinen Augen in den Körper einer jungen Frau verwandelt hatte, wusste mehr als sie beide zusammen.

»Du willst also mit irgendeiner Frau schlafen?« Sie lächelte und wandte sich ab, so als ob sie dafür nicht infrage käme, und er wurde ganz rot im Gesicht, weil seine Klappe wieder einmal größer gewesen war als sein Mut, etwas zu tun.

Jetzt, wo es raus war, war es auch schon egal. »Nicht mit irgendeiner«, sagte er, »nur mit dir!«

»Nur?«

»So war’s nicht gemeint, Lotte. Mit keiner andern eben.«

Kaum ein Wort, das sie auch so verstand, wie er es wirklich meinte. Mit einem instinktiven Misstrauen nahm sie alles, was mit ihm zu tun hatte, zur Kenntnis. Sie nörgelte an dem, was er sagte, so lange herum, bis es etwas bedeutete, was er gar nicht gemeint hatte. Am liebsten hätte er sie bloß ganz fest an sich gedrückt und geküsst, damit sie endlich ruhig wäre. In dieser Stille dann hätten sie einander näherkommen können.

Sie kicherte, schaute ihn mit vor den Mund gehaltener Hand groß an. »Willst du denn im Theater machen, wovon du offenbar schon die ganze Zeit träumst?«

Wie wunderbar, dachte er, sind dagegen doch die in der Natur verborgenen Rätsel und Gesetze, die ihre Einfachheit offenbaren, je tiefer man in sie eindringt – nicht ahnend, dass ihn das Gegenteil dieser naiven Vorstellung von der Natur noch sein Leben lang beschäftigen würde.

Seit er ein Gymnasiast gewesen war, mochte er das Theater: Grillparzer vor allem, aber auch Shakespeare, Schiller und Schnitzler. Das Schauspiel der Natur jedoch liebte er über alles. Jenes Stück, das die Natur aufführte, dauerte immerhin bereits Milliarden Jahre, und obwohl die schärfsten Kritiker schon Beachtliches über dieses Drama ans Licht gebracht hatten, blieb es unberechenbar, spannend und geheimnisvoll wie am jüngsten Tag.

In diesen Monaten blieb es ihm nicht erspart, die Beziehungen zwischen den dramatischen Formen und seinem eigenen Leben zu ergründen. Mit seinen siebzehn Jahren war er mitunter gewillt, im Schauspiel der Natur, mit seinem ewigen Fressen und Gefressenwerden, eine grausame Tragödie zu sehen, während das Drama der ersten Liebe immer mehr einer Tragikomödie glich, in der Lotte Rella, die Schwester seines Freundes Tonio, die Hauptrolle spielte. Sie wollte ihn ja. Aber nicht so, wie er sie wollte. Diese Gegensätze im Wollen der beiden führten in der Praxis automatisch zur Form des Tragikomischen. Weil ihnen immer nur das Romantische gelang und nie das Physische, flüchtete er in den Schutz einer wissenschaftlichen Ironie. Von diesem Standpunkt aus wirkte, was er erdulden musste, weil er sich über alle Maßen gedulden musste, immer auch etwas komisch. Was blieb ihm übrig, als von Zeit zu Zeit Hand an sich zu legen? Es gab eben Dinge, über die musste man reden, um Klarheit zu erlangen. Und es gab Dinge, die musste man einfach tun, wenn man sie begreifen wollte! Nicht nur physikalische Theorien verlangten nach Experimenten, auch die Rätsel des Sexus: Phantasmen, die sein von Hormonen befallener Körper Tag und Nacht produzierte.

In den Ferien fuhr er, seinen Rucksack und die Botanisiertrommel auf dem Rücken, mit der Bahn auf den Semmering. Vom Bahnhof wanderte er zum Gasthof Küb, wo ihn Tonio und Lotte, hierorts auch Weibi genannt, bereits erwarteten. Die Rellas betrieben das Landgasthaus seit Generationen in den Sommermonaten. Lotte küsste ihn derart förmlich auf die Wange, als dürfte ihr Bruder, der natürlich im Bilde war, auf keinen Fall mitkriegen, was sie mit ihm verband. Die Freunde umarmten einander stürmisch, ohne irgendwelche Bedenken. Sie befanden sich an der Schwelle jenes Alters, wo dies noch angehen mochte.

Von der Mutter des Freundes bekam er ein Zimmer unter dem Dach zugeteilt. Der karge Raum, von mächtigen Balken durchzogen, die er beim Eintreten mit dem Schädel rammte, lag vom Zimmer Lottes weiter weg als jeder andere im Haus; doch der Ausblick vom kleinen Balkon entschädigte ihn für beides. Frühmorgens tauchte die aufgehende Sonne das tiefe Tal unter ihm in silbriges Licht. Erst nach und nach nahmen überall Konturen Gestalt an. Die Dinge traten wie aus dem Nichts ins Licht des neuen Tages. Als wäre er Zeuge der Entstehung der Welt und würde selbst ein weiteres Mal auf die Welt kommen.

Wenn sie nicht in der Wirtschaft halfen, streiften sie meist durch die Gegend. War er allein unterwegs, folgte er den Spuren des Vaters, mit dem er hier als Kind botanisiert hatte. Er sammelte die Pflanzen in seine Trommel hinein. Dabei erinnerte er sich oft an die Lektionen über Darwin und die Evolution, die ihm sein Vater ganz spielerisch erteilt hatte. Wie zufällige Mutationen in den Individuen zur Anpassung der Population an die Umwelt führten, war ihm aber nach wie vor ein Rätsel, ob nun bei Pflanzen, Tieren oder Menschen. Was passierte da im Innersten der lebendigen Materie tatsächlich? Der Alte hatte auch stets Wert darauf gelegt, der Herren Wallace und Lamarck zu gedenken, die zu Unrecht in Darwins riesigem Schatten übersehen wurden.

Auf dem Balkon nahm er im scharfen Abendlicht die Bestimmung der Beute und das mühsame Abzeichnen vor, bevor er die Pflanzen im Herbarium fixierte.

Lotte trat lautlos in die Kammer, lehnte sich an einen Balken und schaute ihm beim Zeichnen zu. Er spürte ihre Anwesenheit in seinem Rücken, verharrte jedoch weiter in seiner Konzentration, bis die ersten Worte fielen.

»Kommst du, wenn alle schlafen?«

»Weshalb?« Er mimte den Naiven, wollte damit aber andeuten, dass er nicht besonders scharf darauf war, sich ein weiteres Mal frustrieren zu lassen.

»Wir können reden, über uns.«

Er setzte nur den Kohlestift ab und lachte kurz auf. Was sollte er nun dazu sagen?

»Reden können wir doch hier und jetzt«, sagte er endlich. »Bis ich in deinem Zimmer bin, habe ich das ganze Haus aufgeweckt. Über diese Dielen und Treppen hier kommt doch niemand, ohne bemerkt zu werden. Das alte Holz spricht Bände, und die Wände haben Ohren!« Nach allem, was er mit ihr in Wien bereits erlebt hatte, vermied er es, so gut es ging, mit ihr allein zu sein. Ihre Mutter hielt sie zwar an, mit ihm spazieren zu gehen, hatte ihrem Weibi aber jede Menge exotische Ängste vor allem eingeimpft, was mit dem menschlichen Körper zu tun hatte, insbesondere dem männlichen.

»Ich will dich aber spüren. Neben mir«, setzte sie hinzu, damit er nicht auf falsche Gedanken kam.

Er ließ von seinem Zeichenblock ab, drehte sich zu ihr um. Etwas lag ihm auf der Zunge, doch er sprach es nicht aus. Er konnte sie noch immer nicht ansehen, ohne sie zu begehren. Mit ihren fast schwarzen Augen und dem südländischen Teint erinnerte sie ihn an ein Porträt von Caravaggio, das er in den letzten Ferien an der Seite seines Vaters in Florenz gesehen hatte. »Mal sehen«, sagte er und wandte sich seiner Zeichnung zu, um zu verbergen, wie ihm Blut ins Gesicht schoss. Dabei nahm er sich vor, darauf zu warten, bis sie endlich reif genug sei, so zu schmecken, wie er es sich wünschte.

Trotzdem wusste er, dass sie es war, die ihn warten ließ. Sie hatte sich in einem Kokon verpuppt.

Während der letzten Tour dieses Sommers, auf das Plateau des Schneebergs, fanden sie einfach ihr Tempo nicht. Anstatt sich, wie erfahrene Wanderer, die sie ja waren, nur auf das Atmen und Gehen zu konzentrieren, redeten sie drauflos, bis sie Seitenstechen bekamen.

Sie waren lange nicht mehr gemeinsam unterwegs gewesen und hatten sich zu viel zu sagen. Der Kaiser war nun seit Jahrzehnten im Amt, was ein, wenn auch ziemlich fragwürdiger, Weltrekord war. Unisono stimmten sie Victor Adler zu, die Donaumonarchie sei doch nichts als eine durch Schlampigkeit gemilderte Despotie. Dass aber nun Einsteins Theorie über die Beschaffenheit von Raum und Zeit nicht mehr länger ignoriert werden konnte, war eine der erfreulichen Tatsachen dieser Tage. Dann kamen sie auf Lise Meitner zu sprechen. Erwin war über ihre Forschung auf dem Gebiet der Radioaktivität bestens informiert.

Als sie auf die Uhr schauten, war es schon zu spät, um noch auf den Gipfel zu steigen. Es dämmerte, als sie sich an den Abstieg machten. Die letzten Stunden irrten sie in völliger Finsternis über Stock und Stein bergab. Das Schauen aufzugeben, um sich nur aufs Hören zu konzentrieren, war beunruhigend. Immer wieder vernahmen sie ein Pfeifen, das sie an Flugbahnen von Geschossen denken ließ, bevor es sich als das Fiepen eines Nagers entpuppte. Konnte man verstehen, was die Tiere des Waldes sagen wollten? Zirpen, fiepen, pfeifen, gurren, fauchen, schnarren, heulen, knurren und keckern.

Die Dunkelheit ließ viele Ahnungen Gestalt annehmen, und doch ahnten sie nicht im Geringsten, dass bei den Aufnahmeprüfungen an der Akademie der bildenden Künste gerade ein Mann durchgefallen war, der ihr Leben und das von Millionen anderer noch maßgeblich beeinflussen würde.

Lotte tat so, als wären sie ein Paar. Weder ihr Vater noch ihre Mutter stießen sich an dieser, wie Erwin dachte, Vorspiegelung von Tatsachen. Händchenhalten im Verborgenen, verschämte Anspielungen, und immer wieder diese Blicke, die sie ihm zuwarf, all das brachte ihn der Erfüllung seiner Sehnsucht nicht näher. Er machte gute Miene zum harmlosen Spiel. Es gelang ihm, ihr aus dem Weg zu gehen, ohne sich dem Verdacht der Unhöflichkeit auszusetzen. Mit ihrem Bruder unterwegs zu sein, war noch am unverfänglichsten.

Mitten in der letzten Nacht, bevor er nach Wien zurückmusste, erwachte er aus einem Traum, in dem auch Lotte aufgetaucht war. Das Licht des Vollmonds tauchte die Finsternis draußen in ein dunkles Blau. An der Wand gegenüber zeichnete sich ein Muster ab: Streifen mit diffusen Rändern. Durch zwei Schlitze der Vorhänge an der verglasten Balkontür fiel Licht in die Kammer. Wenn aber Licht aus Teilchen bestand, wie konnte es dann so ein Muster erzeugen? Das war doch nur möglich, wenn sich Wellen an bestimmten Stellen überlagerten.

Er stand auf, zog den Vorhang weg, öffnete die Tür und trat auf den Balkon hinaus. Dabei blickte er über die Schulter und sah, wie das Interferenzmuster durch die Bewegung seines Armes weggewischt wurde. Teilchen oder Wellen? Was macht uns derart sicher, fragte er sich, dass die Natur so und nur so funktioniert? Er war nackt, fröstelte an der frischen Bergluft und erschauerte beim Gedanken an das, was es noch zu verstehen galt.

Der Trabant stand am Himmel wie eine geschälte Kartoffel. Alles schwamm in seinem fahlen Licht: die Wiese vor dem Haus, die Wälder, die Gipfel, der Himmel, das tiefe Tal unter ihm. Würde er abreisen, ohne der Einladung Lottes zu folgen, wäre es wohl endgültig aus zwischen ihnen.

Er schlüpfte in seine Badehose, zog sich ein Hemd über und schlich auf nackten Sohlen durchs Haus.

Es war unmöglich, die Schritte so zu setzen, dass nicht irgendeine Diele einen Laut von sich gab, den die Stille ringsum noch verstärkte. Obwohl er schlich wie ein Apache, ächzten manche der alten Bohlen, als könnten sie Schmerz empfinden. Das Ticken der Pendeluhr in der Gaststube war das einzige Geräusch im Haus. Es war selbst so sehr Teil der Stille, dass er es erst bemerkte, als er vor Lottes Zimmer stand und nicht länger die Luft anhielt. Er legte ein Ohr an die Tür, atmete ein paar Mal tief durch und klopfte ein leises SOS.

Lotte empfing ihn, als hätte sie ihn erwartet. Er fragte sich, woher sie diese Zuversicht nahm. Suchte er in ihrem Gesicht nach Zeichen dafür, fand er wieder nur sein eigenes Verlangen, das lästiger war als eine schwierige Gleichung, von der er immerhin wusste, dass er sie irgendwann lösen würde.