ATLAS DER
ERLESENEN
CHILIS UND
PAPRIKA
Vorwort
A
Aconcagua
Aji Benito
Aji Dulce Amarillo
Aji Limo
Aji Panca
Aji Pen
Albaregia
Alma
Ampuis
Anaheim
B
Beni Highland
Bibanos
Bih Jolokia
Biker Bill’s
Bolivian Rainbow
Brown Egg
C
Caribbean Red
Carousel
Cecei
Chevuena Chujski
Cumari
Cuneo
D
De Caprigio
Dundicut
E
Ecuadorian Sweet
F
Fatalii
Feher Ózon
Fish Pepper
G
Garden Sunshine
Golden Cayenne
Golden Treasure
Goldie
Green To Orange
H
Habanero Chocolate
Habanero Orange
Habanero Red
Hai Xean Gjia
Healthy Pepper
I
Italian Sweet
Italian Yellow Marconi
J
JalapeÑo
K
Kapia Yak Biberi
Kitchen Pepper
L
Limo
Lingua Di Fuoco
M
Madame Jeanette
Marbles
Miniature Yellow
Mushroom Red
N
Naso Di Cane
Numex Sunburst
O
P
Paradeispaprika Lozi
Peter Pepper Orange
Petits Becs
Pimento
Pimientos De PadrÓn
Poblano
Pusa Jwala
Quadrato D’Asti Oro
R
Rocotillo
Rocoto Costa Rica
Rocoto Peru Cusco
Royal Gold
S
Santa Lucia Sweet
Sarit Gat
Sebes
Shata Baladi
Su Tsu
T
Takanotsume
Tears Of Fire
Tochigi Santara
Trinidad Scorpion
U
Ubatuba Cambuci
V
Vicentes Annum
Y
Yellow Pointy
Yong Jiu Qing Jiao
Z
Zhou Pi La Jiao
Rezepte
Glasierter Bachsaibling mit Petits-Becs-Chili, cremiger Teriyaki-Sauce und Lauchblatt
Glasierte Ente mit Habanero-Chili, saftiger Mango und gedämpftem Reis
Nuss-Eis-Satays auf Limetten-Chili und Himbeersaucetropfen
Marinierter Rettich und Eiszapfen mit Chili, Kamut und Passionsfrucht
Glasierte Rouille-Cannelloni, marinierte Tomatillo, Bouillabaissesud, Chili & Puntarelle
Kokos, wei e Schokolade, Buddhas Hand & Erichs Paprika
Chili mit Emmerkorn-Vinaigrette
„Scharfer Hase“ – Wildhase x 3 mit Zwetschke-Schoko-Chili
Birne und Mini-Chili
Wachs- und Muskatkürbis mit gelbem Paprika, Haselnüssen und Petits Becs
Paprika-Vielfalt (eingelegt)
Spitzpaprika mit Spitzkraut, Chili und Sungold-Paradeisern
Gebratener Waller mit Paprika und Zucchini
Koteletts vom Mangaliza-Schwein mit gefüllten Auberginen-Paprika-Röllchen
Ziegenfrischkäsetorte mit Mandel-Pistazien und Paprika-Vinaigrette
Zweierlei Tsarskaya-Austern mit Gazpacho-Granité
Gezupfter Herbstsalat in der Spitzpaprikaschote, mit cremigem Burrata und gelber Paprika-Vinaigrette
Gegrillte Miniaturpaprika am Spie mit Scheiben von der Kalbsniere und Cannellibohnen
Calamari und Jakobsmuscheln mit grünen und roten Chilis
Fein gehacktes Chili-Schweinefleisch auf knusprigem Tofu
Gedämpfter Fischkopf mit gehackten Chilis
Weiches Ei mit Chilipaste
Gemüse-„Gatsch“ mit Chili
Scharfer Melonensalat mit Garnelen
Autoren
Impressum
Der „Atlas der erlesenen Chilis und Paprika“ unternimmt einen ausgedehnten Streifzug durch die weite, bunte und überraschend vielfältige Welt der Chilis und Paprika. Er ist vieles in einem: ein Nachschlagewerk für Gärtner und Gärtnerinnen, die nach Informationen aus Profihand suchen, um Chilis und Paprika anzubauen. Ein Prachtband zum Verschenken an alle, die gerne Geschichten über Pflanzen lesen, eine Leidenschaft für botanische Kulturgeschichten haben und sich gerne in ein Thema vertiefen. Schließlich ein Buch für jene, die gerne Chilis und Paprika essen und kulinarisch interessiert sind. Sie können sich in ihrer eigenen Küche von den Rezepten inspirieren lassen, die Spitzenköche und die Autoren für dieses Buch zusammengestellt haben.
Wie schon sein Vorgängerband – unser „Atlas der erlesenen Paradeiser“ – will auch der „Atlas der erlesenen Chilis und Paprika“ dazu animieren, sich gärtnerisch und kulturhistorisch, anekdotisch und kulinarisch anregen zu lassen und tief einzutauchen in die reichen Geschmacks- und Formenwelten von Chilis und Paprika.
Ein Glossar versammelt in weit über 100 Stichwörtern gleich einem Lexikon alles Wissenswerte über Chilis und Paprika. Ob Sie erfahren möchten, wie man Chilis anbaut oder wie man sie verarbeitet, welche Rolle sie in der chinesischen Küche spielen oder was die alten Azteken mit ihnen gemacht haben – hier erfahren Sie es! Am Ende jedes Stichworttextes finden sich Verweise auf andere Stichworte: So kann man vor- und zurückspringen, Wissen vertiefen, sich von einem zum nächsten Thema treiben lassen. Immer bleibt man dabei mitten im Geschehen.
Das zweite Herzstück des Buchs sind 77 ausführliche Sortenporträts, die mit fantastisch detail-genauen Fotografien illustriert sind – davon etwa ein Drittel über sehr scharfe, ein Drittel über mittelscharfe und ein Drittel über süße Sorten. Auch dabei kommt jeder auf seine Kosten. Sie werden staunen. Mit mehr Detailwissen sind einzelne Sorten noch nie beschrieben worden. Erich Stekovics, der burgenländische „Kaiser der Paradeiser“, ist auch ein legendärer Chili- und Paprikakenner. Seit Jahrzehnten beschäftigt er sich mit diesen Früchten und baut jedes Jahr Hunderte verschiedener Sorten auf seinen Feldern im burgenländischen Frauenkirchen an.
Wir haben uns dafür entschieden, die im Buch beschriebenen Chilis und Paprika in nur drei Gruppen zu unterteilen: süß, leicht scharf bis mittelscharf und scharf bis sehr scharf. Das hat praktische Gründe: Denn die üblichen Skalen, mit denen Schärfe gemessen und beschrieben wird – seien es nun Scoville oder die Schärfegrade von 1 bis 10 –, sind für den Alltag nicht aussagekräftig. Es wird zwar gern darüber diskutiert, ob eine Chilifrucht eine 5er- oder eine 8er-Schärfe hat, dabei aber vergessen, dass sich die Früchte einer Sorte je nach Standort und Bedingungen und manchmal sogar die Früchte ein- und derselben Pflanze durchaus unterschiedlich in puncto Schärfe entwickeln können. Wenn man dazu noch bedenkt, dass jeder Mensch eine andere Schärfe-Wahrnehmung besitzt, die ihrerseits von Tag zu Tag schwanken kann, erkennt man schon, dass man mit nur drei Schärfe-Gruppen bestens bedient ist. Vor allem, wenn man mit Chilis kocht.
Wir wollen auch darauf hinweisen, dass dieses Buch sich natürlich an LeserInnen und GärtnerInnen im deutschsprachigen Raum wendet. Dementsprechend haben wir für manche Sorten, die in wärmeren Klimazonen durchaus im Freiland kultivierbar sind, nur die Topf- und Glashauskultur empfohlen. Davon soll sich niemand verwirren lassen.
Uns war es wichtig, ebenso ausgefallene Sorten zu beschreiben und damit der riesigen Chili- und Paprikavielfalt Rechnung zu tragen. Dafür haben wir auf manche der gängigsten Sorten verzichtet. Die Welt der Chilis ist weit, bunt und vielfältig. Auch der sonst so oft vernachlässigten großen Gruppe der süßen Paprika haben wir besonderes Augenmerk geschenkt. Sie sind um nichts weniger interessant als scharfe Chilis, ihr Geschmacksspektrum ist ebenso breit und differenziert.
Den krönenden kulinarischen Abschluss des Buches bildet ein opulenter Rezeptteil, für den uns sieben Spitzenköche ihre Lieblingsrezeptkreationen mit Chilis und Paprika verraten haben: Wini Brugger, Thomas Dorfer, Josef Floh, Heinz Reitbauer, Jörg Wörther, Eckart Witzigmann und Jian Zhao.
Wir danken dem in Chili-Fragen ungeheuer kenntnisreichen Gerald Zhang-Schmidt für die zahlreichen Anmerkungen, Informationen und Hinweise, die wir von ihm bekommen haben.
Erich Stekovics Julia Kospach Peter Angerer
Es empfiehlt sich, junge Chilipflanzen, die später im Freiland in Töpfen oder direkt in der Erde kultiviert werden sollen, abzuhärten. Das tut man, indem man sie ab Anfang Mai untertags von drinnen nach draußen stellt und sie so an die kälteren Temperaturen und den Luftzug gewöhnt. Dabei sollte man unbedingt auf die Eisheiligen zwischen 10. und 15. Mai achten. Fällt die Temperatur an diesen Tagen unter fünf Grad Celsius, bleiben die Jungpflanzen drinnen.
>> Anzucht >> Aussaat
Man könnte sagen, Chilipflanzen haben es gern intim. Sie suchen mehr die Nähe zu ihren Nachbarn als den Abstand. Fast scheint es, als lehnten sie sich gerne bei anderen an. Mein Vater ging ehemals sogar so weit, sie jeweils zu zweit in ein und dasselbe Pflanzloch zu setzen. Heute setzen wir unsere Chilis in einem Ab-stand von 50 mal 20 Zentimeter. Das hat sich als ideal erwiesen.
>> Einzelkämpfer >> Nachbarn
Die Schärfe hat viele Gesichter. Und Schärfe ist nicht gleich Schärfe – das gilt im Besonderen für Chilis. Nicht nur gibt es unterschiedliche Schärfegrade, auch die Art und Weise, in der Schärfe wirkt und sich entfaltet, ist sehr unterschiedlich. Manchmal schleicht sie sich langsam an und hält dafür, wenn sie einmal da ist, lange vor. Bei asiatischen Sorten ist das häufig der Fall. Es gibt aber auch eine Schärfe, die rasch, unvermittelt und sofort zuschlägt, dafür aber auch schnell wieder nachlässt – genau so, nämlich „arrebatado“, spanisch für „jähzornig, ungestüm oder unbeherrscht“, wird etwa die Schärfe von Chiltepin beschrieben.
Dann ist da manchmal eine fast gemeine Schärfe, die den Gaumen beinah zu überspringen scheint, um dann – mitunter erst nach Minuten, wenn man schon längst hinuntergeschluckt hat – über Hals und Magen heftig wieder aufzusteigen. Eine Chili, die diese Art der Hinterlist besonders gut beherrscht, ist die chinesische Sorte ‚Chi Chien‘. Beschrieben wird sie fast immer als mittelscharf, bricht aber dann in einer zweiten Phase aus wie ein Vulkan.
>> Capsaicin >> Diesel >> Skala
Chilis von ein- und demselben Stock, die zur selben Zeit reif sind, können sich in der Schärfe stark voneinander unterscheiden. Viele Leute wollen nicht glauben, dass das wahr ist. Es ist aber wahr. Der Grund: Die Intensität des in den Früchten enthaltenen Capsaicins, das für die Schärfe verantwortlich ist, entwickelt sich in Abhängigkeit von der Sonneneinstrahlung. Daher können Früchte, die mehr Schatten haben, deutlich weniger scharf sein als solche, die an sonnenexponierten Stellen der Chilipflanze reifen. Dazu hat es auch einen tollen Versuch gegeben, bei dem die Frage beantwortet werden sollte, ob unterschiedliche Farben die Schärfe von Chilis beeinflussen. Man spannte verschiedenfarbige Folien unter die Pflanzen. Dabei fiel auf, dass blaue Folie für die Pflanzen messbaren Stress bedeutete und die Früchte besonders scharf machte.
>> Capsaicin
Es gibt kaum eine Spezialität, die so eng mit dem Balkan, vor allem den Ländern des ehemaligen Jugoslawien, assoziiert wird wie Ajvar. Einige wenige Zutaten ergeben ein Produkt von absolut unverwechselbarem Geschmack. Ajvar ist eine Art grobes Gemüse-Tartar aus roten, über dem Holzkohlengrill gebratenen Paprika und Melanzani, verfeinert mit Zwiebeln und Knoblauch, Essig, Salz und Pfeffer. Natürlich gibt es regionale Unterschiede und Rezepte, mit leichten Abänderungen bei den Zutaten und Mengen. Serviert wird es klassischerweise kalt zu Fleischspeisen und spielt in etwa die Rolle eines sehr viel feineren Ketchups. Verwendet wird Ajvar aber auch als Brotaufstrich oder Würzmittel.
„Die Schärfe hat viele Gesichter.“
Dieses Rezept für ein mazedonisches Ajvar stammt von meiner Nachbarin in Frauenkirchen, die es wiederum von einer mazedonischen Bekannten, Frau Sesevda Stamenkovska, hat. Wir haben die großen Mengen bewusst gelassen, weil man daran sieht, dass Ajvar traditionell in größeren Mengen gemacht und so auch einfach besser wird.
MAZEDONISCHES AJVAR
Zutaten:
30 kg rote Fleischpaprika (für scharfes Ajvar müssen 2 kg davon scharfe Paprika sein)
80 ml Öl
Salz nach Bedarf
Paprika gut waschen und abtrocknen. Die Paprika direkt auf der Herdplatte ohne Öl und ohne Pfanne von allen Seiten anbraten, bis die Haut schwarz wird. Dann die noch heißen Früchte in ein Plastiksackerl geben und etwas abkühlen lassen, wobei sie im eigenen Dampf weiter durchschmoren. Das erleichtert das Ablösen der Haut und das Heraustrennen des Gehäuses mitsamt Stiel. Die so geschälten Paprika in ein Sieb legen und über Nacht liegen lassen, damit die Flüssigkeit entweichen kann.
Am nächsten Tag die Paprika durch den Fleischwolf drehen, in einen Kochtopf geben, anschließend 40 Mililiter des Öls hinzufügen und bei starker Hitze braten lassen. Dabei mit einem großen Holzlöffel nonstop umrühren.
Den Ajvar drei Stunden bei starker Hitze kochen lassen. Hierbei ist zu beachten, dass die drei Stunden erst ab dem Moment beginnen, ab dem der Ajvar tatsächlich zu kochen begonnen hat. Ständiges Rühren dabei nicht vergessen!
Während der Ajvar kocht, fügt man immer wieder ein wenig Salz hinzu. Niemals die ganze Salzmenge auf einmal dazugeben.
Wann ist der Ajvar fertig?
Er ist erst dann fertig, wenn man beim Rühren mit dem Kochlöffel eine Linie entlang des Topfbodens ziehen kann, dabei Linien an der Ajvaroberfläche entstehen und eine Zeitlang bleiben, ohne gleich wieder ineinanderzufließen.
Diese Prozedur des dreistündigen kontinuierlichen Rührens kann man dadurch erleichtern, dass man mit einem modernen Kupferkessel im Wasserbad arbeitet und damit Anbrennen von vornherein verhindert. Das ständige Rühren fällt weg.
Anschließend den Ajvar in Gläser füllen und pasteurisieren.
Wie alt dürfen Chilisamen sein, damit sie noch gut keimen? Wie lange darf man sie lagern, ohne dass sie an Qualität verlieren? Die Regel besagt: Drei bis fünf Jahre ist der Chilisamen voll keimfähig, wenn man ihn richtig – also trocken, luftig und lichtgeschützt – lagert. Eine verlängerte Keimdauer und unregelmäßiges Aufgehen der Saat ist ein sicherer Hinweis dafür, dass man sich bald um frische Samen umsehen sollte.
>> Anzuch >> Ernte >> Nylons >> Samengewinnung
Das wesentliche Stichwort zum Thema Anzucht von Chilis ist Geduld. Man kann das Anziehen sehr früh beginnen – um einiges früher als etwa bei Paradeisern oder anderen Gemüsepflanzen –, nämlich schon Ende Jänner, Anfang Februar. Der Grund dafür ist, dass die Samen sehr lange zum Keimen brauchen – und das besonders, wenn man unter normalen hausgärtnerischen Bedingungen arbeitet. Profibetriebe haben sehr wohl die Möglichkeit, die Keimung durch genaue Temperatursteuerung zu beschleunigen. Doch das interessiert uns hier nicht. Verraten sei nur, dass Chilis relativ hohe und gleichmäßige Keimtemperaturen lieben. Optimal ist eine Temperatur zwischen 25 und 28 Grad Celsius. Als Anzuchtgefäß kommt vielerlei in Frage: Handelsübliche Anzuchtschalen und kleine Blumentöpfe aus Ton oder Plastik genauso wie umfunktionierte Eierkartons oder Joghurtbecher mit durchlöchertem Boden. Chilisamen entwickeln sich besonders gut in feinkör-niger Aufzuchterde. Die muss man nicht unbedingt speziell kaufen, man kann auch normale Blumenerde durch ein feines Sieb reitern. So lustig es klingt: Wir haben die besten Erfahrungen mit einem Plastiknudelsieb aus der Küche gemacht, das schmale, lang gezogene Abtropfrinnen hatte.
Mit der Erde füllt man die Gefäße, wobei dreifingerhoch für die Anzucht der Samen mehr als ausreichend ist. Keimen die Samen nämlich in zu viel Erde, dann schießen die Sämlinge allzu schnell und unkontrolliert in die Höhe. Das macht sie instabil. Die Erde drückt man fest, um sie zu verdichten. Dann wird sie gut befeuchtet. Die Samen legt man oben drauf. Darüber kommt wieder fingerdick Erde. Die Anbaudichte, also die Zahl der Samen pro Gefäß, hängt davon ab, ob man die Pflänzchen später vereinzeln oder nur als Einzelpflanze in einen größeren Topf umsetzen möchte. Es gibt allerdings einen Erfahrungswert, an dem man sich grob orientieren kann: Auf einer Fläche, die ungefähr der Größe einer Hand entspricht, sollte man nicht mehr als 20 bis 30 Samen anbauen.
>> Abhärten >> Aussaat >> Balkon >> Klarsichtfolie >> Pikieren
>> Samengewinnung >> Standort >> Staunässe >> Wärme
Neben Ingwer und Vanille ist Chili das dritte Gewürz, dem eine stark aphrodisierende Wirkung nachgesagt wird. Die Theorie dazu geht so: Der Körper reagiert auf die Chilischärfe ähnlich wie auf Schmerz, nämlich mit der Ausschüttung von Endorphinen, die nicht nur schmerzunempfindlicher, sondern auch euphorischer machen.
Es ist eine Initiative, die man gar nicht genug wertschätzen kann: Die „Arche Noah“ ist angetreten, der Verarmung der Sortenvielfalt etwas entgegenzusetzen. 1990 gegründet hat der gemeinnützige Verein mittlerweile über 8000 Mitglieder, einen zentralen Sitz im kleinen niederösterreichischen Ort Schiltern oberhalb des Kamptals, einen großen Schaugarten auf dem Gelände des Schilterner Schlosses mitsamt barockem Pavillon und einen Vermehrungsgarten in Langenlois, Zehntausende Besucher pro Jahr, ein dickes, jährlich neu erscheinendes Sortenhandbuch und höchst erfolgreiche Kooperationen mit Botanischen Gärten und mit Organisationen und Firmen wie „Slow Food“ oder „ReinSaat“. Das Sortenarchiv der „Arche Noah“ umfasst mittlerweile das Saatgut von 6000 verschiedenen alten Gemüse-, Obst- und Blumensorten.
Ich arbeite mit der „Arche Noah“ seit der Gründung meines Betriebes 2001 zusammen und vermehre als einer von Hunderten Erhaltern auch Saatgut für sie. Der Anfang der sehr engen Kooperation war das Jahr 2002, in dem wir 70 Paradeisersorten für die „Arche Noah“ kultiviert haben. Ein weiterer beeindruckender gemeinsamer Versuch fand 2003 statt: In diesem Jahr habe ich auf meinen Feldern im Burgenland 270 Chili-und Paprikasorten aus dem Sorten-Archiv der „Arche Noah“ angebaut. Betreut hat das die Leiterin des Archivs, Michaela Arndorfer. Viele der in diesem Versuch angebauten Sorten stammten aus dem ehemaligen Jugoslawien und wären in den Wirren des Jugoslawien-Krieges wohl für immer verloren gegangen, hätte die „Arche Noah“ nicht gerade noch rechtzeitig vor Ausbruch der massivsten Kämpfe eine Sammelfahrt auf die Märkte der Region unternommen, um Früchte und Samen zu retten. Viele dieser jugoslawischen Sorten zeichnet ihre besondere Freilandtauglichkeit, ihr wunderbarer Geschmack, ihre Dickfleischigkeit, Robustheit und Ertragsfreudigkeit aus.
Die „Arche Noah“ (www.arche-noah.at) und ich pflegen einen engen Kontakt, beobachten gemeinsam Sorten und tauschen Wissen und Saatgut aus – gerade auch, was Chilis und Paprika anlangt.
>> Institut
Reife Chilis mit Stiel lassen sich durch Auffädeln gut trocknen und konservieren. Dafür durchbohrt man sie Stiel für Stiel mit einer Nadel. Am besten geeignet ist dafür ein dicker Zwirnfaden. Dabei muss man darauf achten, dass die einzelnen Früchte so weit voneinander entfernt aufgefädelt werden, dass sie sich – einmal fertig aufgehängt – nicht berühren können. Andernfalls beginnen sie zu faulen und können einen muffeligen Geschmack entwickeln.
Anstelle des Durchbohrens mit einer Nadel ist auch das Umwickeln der einzelnen Stielansätze mit einem Faden möglich. Davon würde ich aber abraten, weil der Stiel eintrocknet und schrumpft und die Früchte dann leicht herunterfallen können.
>> Backrohr >> Nylons >> Samengewinnung
Die Direktsaat von Paprika und Chilis in Beete ist in unseren mitteleuropäischen Breitegraden nicht möglich. Man muss die Pflanzen unbedingt unter warmen Bedingungen in geschützten Räumen vorziehen.
>> Anzucht
• Gattung: Capsicum baccatum
• Schärfegrad: leicht scharf bis mittelscharf
• Kultur: gut geeignet für Töpfe sowie für Glas- und Folienhaus
• Wuchshöhe: im Topf bis 80 Zentimeter, im Glas- oder Folienhaus bis zu einem Meter
• Pflanze: ausladender Wuchs mit weichen, weit verzweigten, langen Ästen // mittelgrüne, spitz zulaufende Blätter // Blüten gleichmäßig auf der ganzen Pflanze verteilt
• Farbe: von Grün auf leuchtendes Rot abreifend
• Frucht: kleine Blockform mit dickem Zipfel an der Spitze, erinnert an einen Schnuller // dünnwandig // wachsen hängend und stehend // sieben bis acht Zentimeter lang
• Geschmack: saftig-fruchtig mit tropischen Obsttönen und gleichmäßig verteilter Schärfe
• Reife und Ernte: mittelspät reifend // sehr reich tragend
Wenn die Blüten wie bei dieser Sorte sehr eng im Zentrum der Pflanze angeordnet sind, dann müssen sich Früchte im Wachsen buchstäblich zwischen den Zweigen durch- und herauswinden. Das ergibt häufig kuriose Fruchtformen – verdreht, verbogen, eingeringelt, verkrümmt oder mit deutlichen Dellen, Knicken und anderen Verformungen. Eine optimale Ernte solcher Früchte gelingt nur mithilfe einer Gartenschere, mit der man die Stängel sauber und vorsichtig durchtrennt.
• Gattung: Capsicum annuum
• Schärfegrad: süß
• Kultur: gleichermaßen gut geeignet für Glas- und Folienhaus, Töpfe und Freiland
• Wuchshöhe: im Freiland und im Topf bis 60 Zentimeter, im Glas- oder Folienhaus bis zu 130 Zentimeter
• Pflanze: schmaler, aufrechter Wuchs // dunkelgrüne, spitz zulaufende Blätter // Blüten im Zentrum der Pflanze konzentriert // deutlich vorhandene Königsblüte
• Farbe: von Mittelgrün auf sattes, dunkles Rot abreifend
• Frucht: längliche, unregelmäßige Früchte, die entweder langgezogen und verbeult sind oder sich zu fast runden Kringeln einrollen, mit dominanten furchigen Längskammern // dickfleischig // wachsen hängend // bis zu 25 Zentimeter lang
• Geschmack: mehlig-sanfter Geschmack mit ganz zartem Litschiaroma
• Reife und Ernte: sehr früh reifend // mittel reich tragend
Die Pflanzen dieser Sorte, die aus Bolivien stammt, sind sehr robust und für Chilis verhältnismäßig kälteunempfindlich.
• Gattung: Capsicum chinense
• Schärfegrad: leicht scharf bis mittelscharf
• Kultur: gut geeignet für Töpfe sowie Glas- und Folienhaus
• Wuchshöhe: im Topf bis 80 Zentimeter, im Glas- oder Folienhaus bis zu 120 Zentimeter
• Pflanze: aufrechter, hoher, ausladender Wuchs // mittelgrüne, sehr große, basilikumähnliche Blätter, die um einiges größer sind als die Früchte // Blüten gleichmäßig auf der ganzen Pflanze verteilt
• Farbe: von Mittelgrün auf Orangegelb abreifend
• Frucht: sehen aus wie in die Länge gezogene Kugeln mit leichter Segmentierung // mittel dickfleischig // wachsen hängend // zwei bis drei Zentimeter lang
• Geschmack: extrem fruchtig mit ausgeprägtem Marillenund Pfirsichton
• Reife und Ernte: mittelfrüh reifend // sehr reich tragend
Diese Sorte wirft sehr reiche Ernte ab und empfiehlt sich – neben dem Frischverzehr – vor allem auch für Chilimarmelade, bei der ihr starkes Marillen- und Pfirsicharoma besonders gut zur Geltung kommt.
• Gattung: Capsicum chinense
• Schärfegrad: leicht scharf bis mittelscharf
• Kultur: gut geeignet für Töpfe sowie Glas- und Folienhaus
• Wuchshöhe: im Topf bis 80 Zentimeter, im Glas- oder Folienhaus bis zu 140 Zentimeter
• Pflanze: schirmförmiger, ausladender Wuchs // hellgrüne, längliche Blätter // Blüten schütter und gleichmäßig über die ganze Pflanze verteilt
• Farbe: von violett-durchzogenem Weißlich über Violett mit weißlicher Spitze auf Orangerot abreifend
• Frucht: walnussartige, aber deutlich größere Früchte mit kurzem Spitz, gewellte, ungleichmäßige Oberfläche // dünnfleischig // wachsen hängend // sechs bis sieben Zentimeter lang
• Geschmack: betont tropische Fruchttöne, Melonenaroma und Blütenaroma in Richtung Holunderblüten
• Reife und Ernte: spät reifend // mittel reich tragend
Für mich ist ‚Aji Limo‘ mit seinem raffinierten Farbenspiel der schönste aller Chilis. Weißlich, Lila, Violett, Orange und leuchtendes Rot umfasst die Palette, die die Früchte dieser Sorte im Zuge ihrer Entwicklung durchlaufen. Dabei sind oft mehrere Farben gleichzeitig auf einer einzigen Frucht vorhanden – vermischen sich miteinander, verlaufen sanft ineinander und bilden Übergänge, als wären sie mit Aquarellfarben bemalt. Man denkt unweigerlich an einen farblich unkonventionellen Regenbogen.
• Gattung: Capsicum chinense
• Schärfegrad: leicht scharf bis mittelscharf
• Kultur: gut geeignet für Töpfe sowie Glas- und Folienhaus
• Wuchshöhe: im Topf bis 80 Zentimeter, im Glas- oder Folienhaus bis zu 140 Zentimeter
• Pflanze: aufrechter Wuchs mit weichen Ästen, die aufgrund der vielen Früchte weit herunterhängen // dunkelgrüne, spitz zulaufende Blätter // Blüten zunächst im Zentrum und dann auch außen an der Pflanze liegend
• Farbe: von tiefem Dunkelgrün auf Schokoladebraun abreifend
• Frucht: rillige, zigarrendicke Form mit zwei gerundeten und zwei flachen Seiten, teilweise zu einer stumpfen Spitze auslaufend, teilweise blockig zulaufend und dazu noch teils gerade, teils gekrümmt // mittel dickfleischig // wachsen hängend // bis zu 25 Zentimeter lang
• Geschmack: extrem rauchig betont mit deutlicher Schokolade- und Kakaonote sowie leichter Schärfe
• Reife und Ernte: mittelfrüh reifend // sehr reich tragend
‚Aji Panca‘ ist ein peruanischer Chili, der dort weit verbreitet ist und in der peruanischen Küche für eine Vielzahl von Rezepten verwendet wird – vor allem in Saucen und Salsas. Er wird auch getrocknet und zu Pulver vermahlen.