cover.jpg

 

Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

Glossar

Impressum

PERRY RHODAN – die Serie

 

img1.jpg

 

Nr. 2329

 

Gestrandet in Hangay

 

Rückkehr ausgeschlossen – die SOL in fremder Umgebung verschollen

 

Hubert Haensel

 

img2.jpg

 

Über die Welten der Milchstraße bricht im Jahr 1344 Neuer Galaktischer Zeitrechnung – dies entspricht dem Jahr 4931 alter Zeitrechnung – eine Veränderung herein, wie sie sich niemand hat vorstellen können: Die Terminale Kolonne TRAITOR, eine gigantische Raumflotte der Chaosmächte, greift nach der Galaxis.

Im unmittelbaren galaktischen Umfeld der Milchstraße soll in der Sterneninsel Hangay eine sogenannte Negasphäre entstehen, ein absolut lebensfeindlicher Raum. Die Menschheitsgalaxis soll dieser kosmischen Region als »Ressource« zugeführt werden.

Hangay ist eine Riesengalaxis, die vor knapp 1300 Jahren aus dem sterbenden Universum Tarkan in die Lokale Galaxiengruppe transferiert wurde. Hier siedeln alte Völker wie die katzenähnlichen Kartanin oder die menschenähnlichen Hauri.

Die SOL, das legendäre Fernraumschiff der Menschheit, brach schon vor Jahren auf, um nach Hangay zu fliegen. Dort soll die Besatzung den Hinweisen auf eine Negasphäre auf den Grund gehen. Der goldene Hantelraumer scheitert aber an der erhöhten Hyperimpedanz. Nun ist das Schiff GESTRANDET IN HANGAY …

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Ronald Tekener – Der Smiler will mit der SOL-Besatzung den Hantelraumer wieder flottmachen.

Dao-Lin-H'ay – Die Kartanin knüpft enge Verbindungen zu den Graukartanin.

Ron-Sha-R'itt – Der Hohe Mann von Ultrablau erkennt in der SOL eine Chance für die Zukunft.

Blo Rakane – Der weiße Haluter sieht einige neue Probleme.

1.

 

Die vielfältigen Stimmen in der Zentrale der SOL, die bis eben zu vernehmenden Kommandos, all das war innerhalb eines einzigen Augenblicks verstummt. Es schien, als halte die Mannschaft des gewaltigen Fernraumschiffs plötzlich den Atem an, weil schlimmste Befürchtungen aufkamen.

Falls das Schiff nicht sicher in der Mulde ruht … Mit einem ärgerlichen Kopfschütteln wischte Ronald Tekener seine Zweifel beiseite und blickte zu der Kommandantin hinüber. Die Stabilisierung der SOL in ihrer senkrechten Landeposition hatte Vorrang vor allem anderen. Knapp acht Kilometer hoch erhob sich die hantelförmige Konstruktion über die eisbedeckte Piste – außen stehenden Beobachtern musste sie wie ein stählernes Monstrum erscheinen, dessen weitaus größter Teil nur für kurze Zeit über der aufgerissenen Wolkendecke sichtbar geworden war.

Die Außensensoren übertrugen das Toben eines Blizzards. Dazu ertönten andere Geräusche. Ein unheilvolles Knistern schien die SOL zu durchlaufen, und für Sekundenbruchteile glaubte Tekener sogar zu spüren, dass der Boden schwankte. Einbildung? Das war es wohl kaum, denn er registrierte besorgte Mienen ringsum.

Dao-Lin-H'ay maunzte verhalten. Die schwarzen Pupillen ihrer goldtopasfarbenen Augen weiteten sich, als sie ihm einen bedeutungsvollen Blick zuwarf. Obgleich das Knistern schnell wieder verstummt war, erklang aus der Tiefe ein anhaltendes Knacken wie von träge brechendem Material.

Im Holo vor der Kommandantin zeichnete sich die kräftige Gestalt von Oberstleutnant Servenking ab. Er leitete die Abteilung Triebwerke und Bordmaschinen.

Servenkings abwehrende Bewegung wurde von Fee Kellind beinahe zornig quittiert. »Ein Vielleicht, Oberstleutnant, kann in unserer Situation tödlich sein!«, bemerkte sie frostig. »Ich brauche das gerade noch Machbare, und wenn die erforderliche Leistung nicht möglich sein sollte, dann ziehe ich, mit Verlaub gesagt, deine Qualifikation …«

Ein neuerlicher Ruck durchlief das Schiff. Tekener argwöhnte, dass die SOL um mehrere Meter abgesackt war. Unter normalen Umständen wäre eine solche Erschütterung allerdings von den Absorbern kompensiert worden.

»Wir haben deutliche Bewegungen im Untergrund!«, verkündete die Kommandantin über Rundruf. »Trotzdem bekommen wir das in den Griff! Kellind Ende.«

Sie schaltete das Mikrofonfeld ab und wandte sich Tekener zu. »Falls das Schiff nicht zur Ruhe kommt, müssen wir allen Wenn und Aber zum Trotz einen Start versuchen. Ich werde kein Risiko eingehen.«

Ein bitteres Lächeln umfloss Tekeners Mundwinkel. »Im Weltraum, Fee, können wir auch nicht mehr tun.«

Mit der rapiden Veränderung der hyperphysikalischen Standards um 2.28 Uhr Standardzeit am 11. September 1331 NGZ hatten sich die bisherigen Probleme potenziert. Anhaltende Unregelmäßigkeiten in den Antigravs waren nur ein Aspekt, doch sie bargen die Gefahr, dass die SOL unter ihrer eigenen Masse auseinander brach. Druck und Scherkräfte im Koppelbereich der Schiffszellen würden die Teilung der Hantel wirkungsvoll verhindern, mit der normalerweise ein Unglück dieser Art zu verhindern war. In einem solchen Fall bliebe nur der Einsatz schwerer Sprengladungen mit allen unangenehmen Folgen.

Tekener machte sich nichts vor. Das Fernraumschiff war im Halo von Hangay gestrandet – und der umfassende Ausfall aller höher entwickelten Technik ließ es nicht mehr zu, in die Galaxis Hangay zurückzufliegen. Und sie brauchten nicht einmal an den Versuch zu denken, die heimatliche Milchstraße zu erreichen.

»Diesmal hat es uns erwischt!«, raunte Dao-Lin-H'ay so leise, dass es allein Tek hören konnte. »Aber wahrscheinlich haben wir noch Glück im Unglück.«

Ihre Miene zeigte kaum eine Regung. Nur die flachen Nasenflügel bebten leicht, als sie hastiger zu atmen schien, und dann öffnete Dao-Lin den Mund einen Spaltbreit, gerade so weit, dass ihre spitzen Zähne sichtbar wurden.

»Die Kartanin auf Ultrablau werden uns weiterhelfen!«, behauptete sie.

»Bislang hat es nicht den Anschein, als wären sie dazu in der Lage«, widersprach Tekener. »Unsere Landung muss auf dem halben Kontinent bemerkt worden sein, trotzdem geschieht nichts.«

Er musterte das Panoramaholo. Seit die SOL-Zelle-2 Bodenkontakt hatte, war die Bildfläche dreigeteilt. Rings um den Kugelraumer, dessen Polrundung in der von den Desintegratoren geschaffenen Mulde wie in einem Futteral steckte, tobte der Schneesturm. Innerhalb weniger Minuten hatte er hohe Wechten aufgetürmt, die den Eindruck erweckten, als sollten sie das Schiff zusätzlich stützen. An anderen Stellen zeigten sich heftige Verwirbelungen, dort wirkte die Eisfläche des Bodens wie poliert.

Selbst für die Hochleistungsoptiken war die Sicht auf wenige Kilometer beschränkt. Was dahinter lag, versank in der Anonymität des wirbelnden weißen Chaos.

Vierhundert Meter kragte der äquatoriale Ringwulst der SZ-2 aus. Über die Rundung ergossen sich Sturzbäche von Schmelzwasser auf die Piste. Ein bizarrer Eiswall, mehr als dreitausend Meter durchmessend, wuchs rings um das Schiff empor. Die herrschenden Minustemperaturen ließen zudem monströse Eiszapfen entstehen, denn die Schiffshülle kühlte schnell ab.

Der zweite Bereich der Panoramagalerie zeigte brodelnde Wolkenschichten. Hin und wieder aufzuckende Blitze verbreiteten eine fahle Aura. Das Gewitter tobte ungefähr auf Höhe der Zentrale im SOL-Mittelteil, rund vier Kilometer über dem verwaisten Raumhafen.

Erst die Bildübertragung aus der SOL-Zelle-1 ließ mehr erkennen. Wild aufgepeitschte Wolkenwirbel erstreckten sich nach allen Seiten. Aus diesem brodelnden Ozean ragten zwei Drittel der Kugelhülle wie eine goldfunkelnde Kuppel auf, von der untergehenden weißen Sonne in gleißendes Licht getaucht.

Auf der anderen Seite, scheinbar eine Handbreit über der Wolkenfront, stand der düsterrot glühende Mond.

»Die Durchschnittstemperatur beträgt nicht mehr als drei Grad Celsius«, sagte jemand. »Ein Sonnenumlauf nimmt knapp zwei Standardjahre in Anspruch. Wegen der Achsneigung dürfte hier im Landegebiet für höchstens 150 Tage ein etwas gemäßigter Sommer einziehen.«

»Das sind fünf Monate …«

»Fünf von fünfundzwanzig, um genau zu sein – sofern wir auf unseren 24-Stunden-Rhythmus umrechnen.«

»Und wennschon … In längstens zwei bis drei Wochen sind wir hier wieder weg! Wen interessieren da solche Details?«

Der Einwand kam von Oberstleutnant Ceineede. Spontan schien Dao-Lin-H'ay die Behauptung der Pilotin korrigieren zu wollen, aber dann streckte sie nur die Arme aus und fasste nach Tekeners Händen. Der Smiler wusste wie sie, dass sie das vorläufige Ende ihrer Reise erreicht hatten.

Die SOL würde sich weder in drei Wochen noch in drei Monaten wieder erheben. Ebenso wenig in drei Jahren. Und falls ein Start irgendwann erfolgen sollte, lag vor dem Schiff ein unüberwindbarer Abgrund – das Nichts.

Eine steile Falte grub sich über Ronald Tekeners Nasenwurzel ein. »Ich muss den detaillierten Schadensbericht nicht abwarten, Dao-Lin. Mir ist seit mindestens einer Stunde klar, dass wir verdammt viel Zeit haben werden, diese Station zu suchen, die von Sonnenlicht-18 angefunkt wurde.«

 

*

 

Nicht nur, dass sich der Schnee auf der dem Sturm zugewandten Schiffsseite hoch auftürmte und die aus dem Schmelzwasser modellierten Eissäulen in dick ummantelte Stalaktiten verwandelte, auf dem Ringwulst lag die weiße Pracht ebenfalls schon halb mannshoch.

»Keine Reaktion auf unsere Kontaktversuche!«, meldete die Dienst habende Funkerin. »Auf allen Frequenzen empfangen wir nur Hintergrundrauschen und Störungen.«

»Irgendjemand muss doch reagieren«, beharrte Dao-Lin-H'ay. »Wir funken im Normalbereich.«

Am Nordrand des weitläufigen Landefelds, in Richtung der nahen großen Stadt, standen drei Trimarane der Kartanin. Diese Schiffe gehörten der 200-Meter-Klasse an, sie machten aber in jeder Hinsicht einen verlassenen Eindruck.

Kurz nach der Landung hatte Fee Kellind zwei positronische Sonden ausschleusen lassen. Der Begriff Uralt-Technik, fand Ronald Tekener, beschrieb den fliegenden Schrott zutreffender. Das High-Tech-Arsenal in den Lagern und Werkstätten der SOL war jedenfalls nicht mehr einsatzfähig, und die Sonden hatten Schwierigkeiten, gegen den Orkan und die drückende Schneelast anzukämpfen. Ihre Bildübermittlung blieb dürftig.

Nicht mehr als ein Provisorium, zeigte die erste Sonde dennoch, dass die Trimarane halb unter Schnee begraben lagen. Zudem hatte der Sturm die nahe Stadt, deren Kuppelbauten während der Landung für kurze Zeit zu sehen gewesen waren, längst wieder verschluckt.

Das Gleiche galt für die Masseansammlung nahezu am entgegengesetzten Ende des Raumhafens, gut fünfzehn Kilometer entfernt. Die zweite Sonde übermittelte Bilder großer Frachtcontainer. Schnee und Eis hatten sie in ein zerklüftetes Gebirge verwandelt und kleinere Kuppelbauten in der Nähe nahezu völlig verdeckt.

»Wie heißt es auf Terra? Bei einem solchen Wetter jagt man keinen Hund auf die Straße«, sagte Dao-Lin-H'ay wie beiläufig. »Aber müssen wir uns daran halten?«

»Diese unsinnigen Sprüche hast du wohl von Bully aufgeschnappt. Hat er auch gesagt, dass sie seit Einführung der Klimakontrolle auf Terra ohne Bedeutung sind?« Tekener schaute seine Gefährtin forschend an.

»Ich frage mich, was in der Stadt vor sich geht …«, sagte sie. »Warum antworten die Siedler nicht?«

»Weil sie unser Schiff fürchten und sich zurückgezogen haben«, überlegte er.

»Kartanin verkriechen sich nicht!«

»Auch dein Volk ist nicht unfehlbar, meine Liebe.« Tekener rieb sich das Kinn und stellte fest, dass es Zeit wurde, den Bartwuchs wieder einzudämmen. Als »Flaumfell« waren Dao-Lin die Stoppeln zu steif, aber sobald er sich einen Vollbart wachsen ließ, schimpfte sie über das ungepflegte Fell in seinem Gesicht.

»Vielleicht ist sonst was«, murrte der Smiler. »Muss ich sagen, was mir alles nicht gefällt? Schon dieser weit überdimensionierte Raumhafen erscheint irreal.«

Ruckartig schob Dao-Lin-H'ay das Kinn vor, ihre Pupillen verengten sich. Tekener spürte förmlich, wie sich ihr Fell sträubte.

»Du bist der Ansicht, dass auf Ultrablau besondere Überraschungen auf uns warten?«, fragte die Kartanin. »Nicht nur wegen der erwarteten Uralt-Station?«

»Niemand baut einen Raumhafen mit siebenundzwanzig Kilometern Durchmesser allein für drei Schiffe. Zähl alles zusammen, Dao: die isolierte Position des Systems im Halo von Hangay, die fremde Station, die möglicherweise eine Basis ist, und zudem, dass wir wohl nur von hier aus mehr über die entstehende Negasphäre erfahren können …«

»Ein Grund mehr, die Siedler nicht zu ignorieren!«

»Wer ignoriert wen, meine Liebe?«

Tekener wandte sich abrupt um, denn der Haluter Blo Rakane betrat soeben die Zentrale.

»Die Landung hat keine Veränderung gebracht.« Der Chefwissenschaftler gab sich merklich Mühe, seine Stimme zu dämpfen, denn die syntrongesteuerten akustischen Dämpfungsfelder standen nicht mehr zur Verfügung. »An Bord funktionieren lediglich die nachträglich installierten Low-Level-Notaggregate störungsfrei. Perry Rhodan hat Recht behalten; ohne seine Anordnung, fünfdimensional unempfindliche Redundanztechnik einzubauen, hätten wir wenig Chancen.«

»Und mit dieser Schrott-Technik?«, warf Dao-Lin-H'ay ein.

Blo Rakane blieb vor dem Kommandopodest stehen. Er wandte den Oberkörper halb zur Seite und fixierte mit seinen drei Augen die Panoramagalerie. »Im Vergleich mit einer unkontrollierbaren Drift durch den Halo ist der Planet geradezu eine Offenbarung.«

»Wann können wir wieder starten?«, erklang es aus dem Hintergrund.

»Eine Festlegung ist unmöglich«, antwortete der Haluter.

Fee Kellind nickte. »Ob sich unsere Technik entsprechend nachjustieren lässt, vermag niemand zu sagen. Sicher werden wir eines Tages wieder starten können, und wenn die SOL nicht als Ganzes, dann wenigstens die einzelnen Segmente. Aber ein Start bedeutet nicht, dass wir Überlichtgeschwindigkeit erreichen werden. Es ist nicht einmal geklärt, ob das künftige Beschleunigungsvermögen für einen Dilatationsflug ausreichend sein wird. Und ein Dilatationsflug von Hangay bis in die Milchstraße …«

Die Kommandantin ließ bewusst offen, was das bedeutete. Kaum ein Besatzungsmitglied würde in diesem Fall die Heimatgalaxis wiedersehen, bestenfalls ihre Kinder oder Kindeskinder. Die SOL war immer schon ein Generationenschiff gewesen.

Außer Frage stand, dass im Falle eines Dilatationsflugs jenseits der Schiffswände deutlich mehr als zwei Millionen Jahre verstreichen würden – eine Spanne, die alles verändern würde. Die Völker der Milchstraße längst im Dunst der Vergangenheit versunken und nicht mehr als Legende … Die Negasphäre von Hangay mochte dann längst zum beherrschenden Faktor geworden sein, der diesen Bereich des Universums zur lebensfeindlichen Wüste machte …

Schlimme Gedanken waren das.

Mit der flachen Hand fuhr Tekener sich über das Gesicht. Er fragte sich, ob Dao und er eines Tages zu den letzten Überlebenden der alten Zeit gehören würden, nichts anderes als lebende Fossilien.

Dao-Lin-H'ay gab ein gereiztes Knurren von sich. Offensichtlich wälzte sie ähnliche Überlegungen.

Der Smiler war in dem Moment froh, dass Blo Rakane die Aufmerksamkeit wieder auf greifbarere Dinge lenkte.

»Das Hypertakt-Triebwerk muss wahrscheinlich als Totalausfall angesehen werden«, sagte der Chefwissenschaftler, »ebenso die Permanent-Zapfer. Energie steht damit nicht mehr bequem und schon gar nicht in nahezu unbegrenztem Umfang zur Verfügung. Dass Reparaturversuche uns nicht einen Schritt weiterbringen werden, gilt für nahezu alle hoch entwickelten Aggregate. So zumindest meine Überlegungen nach den ersten Untersuchungen. Hyperphysikalische Anwendungen sind, wenn überhaupt, dann nur mit deutlich erhöhtem Energieaufwand machbar, und der Wirkungsgrad der Hyperkristalle ist auf ein erbärmliches Level gesunken.«

»Mit anderen Worten«, fasste Fee Kellind zusammen, »die Erhöhung der Hyperimpedanz hat uns in die Anfangszeit der Raumfahrt zurückgeworfen.«

»Es gibt positive Fakten«, fuhr der Haluter fort. »SENECA ist weiterhin funktionsfähig, und das trifft ebenso auf alle anderen positronischen, biopositronischen und hyperinpotronischen Anlagen zu. Syntronische Bauteile haben aber Schrottwert. Die kabelgebundene Kommunikation zwischen den SOL-Zellen ist nicht betroffen, und die konventionelle Energieversorgung durch die Haupt-Fusionsreaktoren reicht für die Lebenserhaltungssysteme und einiges mehr jederzeit aus.

Und das Wichtigste überhaupt: Die Notlandung hatte den dramatischen Umständen zum Trotz keine mechanischen Schäden zur Folge. Vor allem gab es nirgendwo an Bord Verletzte.«

»Ich danke Ihnen, Blo Rakane«, sagte die Kommandantin. »Und ich danke allen an der Landung Beteiligten für ihre Umsicht und Geistesgegenwart. Unter diesem Aspekt dürfen wir einigermaßen getrost in die Zukunft blicken.«

 

*

 

Ronald Tekener warf einen Blick auf die Zeitanzeige. Die SOL hatte vor weniger als zwei Stunden aufgesetzt.

Der Schneesturm flaute langsam ab, stellenweise riss die dichte Wolkendecke schon auf. Allmählich löste sich auch die Anspannung der Besatzung, wenngleich Erleichterung nicht spürbar wurde. Der Smiler fragte sich, was geschehen würde. Dass die SOL vorerst gestrandet war, bezweifelte niemand mehr, aber wer konnte schon die Folgen der erhöhten Hyperimpedanz bis in alle Details abschätzen?

Im schlimmsten Fall … Mit einem ärgerlichen Kopfschütteln verscheuchte Tek die quälenden Überlegungen.

Dao-Lin stand vor ihm und musterte ihn nachdenklich. Der silberfarbene Fellstreifen, der sich von ihrer Stirn bis in den Nacken hinzog, den er so oft mit seinen Fingern durchwühlte, wenn sie nebeneinander lagen, wirkte matt und spröde. Die Kartanin sorgte sich, das war unverkennbar.

Wie gerne hätte Tekener sie jetzt in den Arm genommen und einfach nur an sich gedrückt. Ihr Samtfell auf seiner Haut zu spüren, den exotischen und zugleich vertrauten Duft ihres Körpers einzuatmen … Trübes Sekret schimmerte in den Augen der Kartanin.

»Wir mussten landen, Dao-Lin …« Warum wiederholte er das so hartnäckig? Tek wusste, dass er seiner Gefährtin mit Ausflüchten nicht helfen konnte. »Niemand kann vorhersagen, wie tief der Abstieg führen wird. Im Extremfall bietet uns der Planet die Überlebenschance, die wir in einem Raumschiff, in dem womöglich gar die Kernfusion zusammenbricht, nicht mehr haben …«

»In der Siedlung tut sich etwas!«, hallte ein Ausruf durch die Zentrale.

Dao-Lin-H'ay schaute ruckartig auf. Eine der Sonden hatte vor kurzem die Stadt erreicht und den Eindruck einer zumindest im Winterschlaf liegenden Siedlung gefestigt. Der Schnee lag mannshoch. Zwar gab es Anzeichen, dass auf einigen Plätzen und entlang mehrerer Ausfallstraßen versucht worden war, die Verwehungen wegzuräumen, aber es war nicht zu erkennen, ob diese Spuren von Kartanin oder Robotmaschinen stammten.

Die Stadt wirkte wie ein Geschwür in der endlosen Winterlandschaft, trotzig hingeduckt bot sie den eisigen Stürmen wenig Angriffsfläche. In konzentrischen Ringen angelegt, wurde sie von sternförmig nach außen laufenden breiten Straßen durchschnitten. Die im Zentrum liegende Kuppel mochte ein Verwaltungsbau sein, eine Halbkugel mit annähernd siebzig Metern Radius, wie die Messdaten der Sonde zeigten.

Alle anderen Gebäude waren kleinere Kuppeln, viele, vor allem in den Außenbezirken, nicht höher als fünf Meter. Vereinzelt ragten wuchtige, ebenfalls nicht sonderlich große Zylindertürme auf.