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Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

10.

11.

Glossar

Impressum

PERRY RHODAN – die Serie

 

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Nr. 2330

 

Spur ins Nichts

 

Planet der Graukartanin – auf dem Eismond kommt es zur Entscheidung

 

Arndt Ellmer

 

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Über die Welten der Milchstraße bricht im Jahr 1344 Neuer Galaktischer Zeitrechnung – dies entspricht dem Jahr 4931 alter Zeitrechnung – eine Veränderung herein, wie sie sich niemand hat vorstellen können: Die Terminale Kolonne TRAITOR, eine gigantische Raumflotte der Chaosmächte, greift nach der Galaxis.

Im unmittelbaren galaktischen Umfeld der Milchstraße soll in der Sterneninsel Hangay eine sogenannte Negasphäre entstehen, ein absolut lebensfeindlicher Raum. Die Menschheitsgalaxis soll dieser kosmischen Region als »Ressource« zugeführt werden.

Hangay ist eine Riesengalaxis, die vor knapp 1300 Jahren aus dem sterbenden Universum Tarkan in die Lokale Galaxiengruppe transferiert wurde. Hier siedeln alte Völker wie die katzenähnlichen Kartanin oder die menschenähnlichen Hauri.

Die SOL, das legendäre Fernraumschiff der Menschheit, brach schon vor Jahren auf, um nach Hangay zu fliegen. Dort soll die Besatzung den Hinweisen auf eine Negasphäre auf den Grund gehen. Der goldene Hantelraumer hat mit der erhöhten Hyperimpedanz zu kämpfen – auf der Welt der Graukartanin führt zudem die entdeckte SPUR INS NICHTS …

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Ronald Tekener – Der Smiler glaubt an ein havariertes Fremdschiff auf dem Mond von Ultrablau.

Dao-Lin-H'ay – Die Kartanin macht sich auf die Suche nach einer Stadt im Eis.

Blo Rakane – Der halutische Wissenschaftler setzt alles daran, den gegenwärtigen Hyperwiderstand zu überwinden.

Fartyze – Der letzte überlebende Offizier eines Kolonnen-Schiffs entscheidet über das Schicksal der Besatzung.

1.

Roter Mond

 

Dumpf wummerten die Schläge durch das Schiff, pflanzten sich über die Konstruktion des TRAI-Versorgers bis in die innersten Räume fort. Fartyze zählte sie nicht. Der Kalmor klammerte sich trotz des vorhandenen Prallfelds an den Halterungen seines Sessels fest. Noch arbeiteten die Energiefeldprojektoren einwandfrei. Die Konstruktion hielt. Die Anzeigen aber wanderten beharrlich in den kritischen Bereich, näherten sich der obersten Marke.

Das Fahrzeug hüpfte wie ein flacher Stein über eine Wasseroberfläche – so schien es zumindest in den ersten Augenblicken. Dabei besaß der Versorger alles andere als eine aerodynamische Form. Im Gegenteil. Er sah aus wie ein offener Quader, bestehend aus einem Bug- und einem Hecksegment, zwischen denen sich das flache Verbindungsstück erstreckte. In dessen Innerm hatten die Ganschkaren der Terminalen Kolonne hoch integrierte Maschinenanlagen in Kompaktbauweise installiert, das Äußere diente als riesige Ankerfläche für Container. Und von diesen trug der TRAI-Versorger derzeit reichlich.

Ein Dröhnen erklang, begleitet von einem Trommelwirbel. Während Fartyze mit seinen Extern-Displays die Umgebung der Kommandozentrale im Blick behielt, lauschte er auf die sich schnell verändernden Geräusche aus dem Schiff.

Der Trommelwirbel steigerte sich zu einem Orkan aus Geräuschen. Metall kreischte, andernorts erzeugte es reine Töne unterschiedlicher Höhe. Der Gedanke an die »Todesgesänge« der Metallwesen auf Mantuan drängte sich dem Kalmor auf. Dann rissen die Schwingungen übergangslos ab, wurden von anderen überlagert, während ein erstes Poltern und Krachen darauf hinwies, dass die Fesselfeldprojektoren teilweise ihren Dienst versagten.

Kommandant Doldon stieß einen wilden Zornesschrei aus. Fartyze musste hilflos zusehen, wie der Kommandant mit den Krallen durch die Handschuhe brach und auf die Steuerung einschlug, bis erste Kontaktflächen abbrachen. In das Bersten und Dröhnen mischte sich ein hässliches Kreischen, extrem hoch, nahe am Ultraschall. Es machte die Insassen der Kommandozentrale schier wahnsinnig. Einer der Ganschkaren verlor das Bewusstsein, kippte im nächsten Augenblick aus dem Sessel und raste als unkontrolliertes Geschoss in die Bildschirmwand, wo er bis zum Gürtel stecken blieb. Elektrische Lichtbögen rahmten seinen Körper ein, leuchteten hellblau. Es begann nach verbranntem Gefieder und Fleisch zu stinken.

Fartyze setzte die Löschanlage für den betroffenen Frontsektor in Gang. Sie arbeitete ein paar Atemzüge, bis sie aus Energiemangel den Betrieb einstelle. Wenigstens reichte es, den Gestank zu übertünchen.

Er erneuter Schlag traf das Schiff, härter und gewaltiger als alle bisherigen. Der Stein hüpfte nicht mehr leicht über die Oberfläche, er fiel in steilem Winkel dagegen, prallte ab, krachte wieder hinab und zog eine Spur der Verwüstung hinter sich her. Die letzten Kameras der Außenbeobachtung stellten ihren Betrieb ein.

Einen Atemzug später schloss der Kalmor mit seinem Leben ab. Vor ihm öffnete sich das Raumschiff. Das Bugsegment brach an mehreren Stellen auseinander. In die Risse drängten Staub und Gestein, die Atemluft entwich. Fartyze sah es an den Gegenständen, die mit zunehmender Beschleunigung in Fahrtrichtung davonschossen, dem Luftsog folgend, der stärker war als ihr Beharrungsvermögen. Gewaltige Dreckmassen stauten sich vor dem Bug auf, Tonnen von Mondstaub quollen in die Zentrale. Ein Hagel aus faustdicken bis hausgroßen Felsbrocken donnerte herein, riss alles mit, was im Weg stand oder lag.

Fartyze schloss die Nickhäute. Es gab nichts mehr zu sehen. Um ihn herum tobte der Mond, riss ihn mit sich aus dem Sessel, dessen Prallfeld als eines der letzten erloschen war. Der Kalmor prallte mit dem Rücken gegen die Wand, verdrehte sich einen Arm dabei und hatte Glück, dass er übergangslos feststeckte. Es hätte ihm den Arm sonst mitsamt dem Raumanzug abgerissen.

Ein weiterer Schlag, diesmal von oben, setzte dem in seiner Endphase kaum kontrollierbaren Absturz ein Ende. Die Last eines ganzen Planeten schien übergangslos auf Fartyzes Körper zu liegen. Sie presste ihm die Luft aus den Lungen, brachte sein Blut zum Stocken. Er spürte, wie ihm die Sinne schwanden.

Doch die Progress-Wahrer schienen ihm gnädig gesinnt zu sein. Die vordere Hälfte des Gebirges brach ab, klappte einfach nach vorn weg, und er sah Sonnenlicht in die Reste der Kommandozentrale scheinen. Zwei, drei Ganschkarenlängen entfernt und ein Stück unterhalb seiner Position entdeckte er einen Fleck im roten Staub, der schnell dunkler und ein wenig später immer gelber wurde.

Mühsam schüttelte Fartyze die Lähmung ab, die seinen Körper ergriffen hatte. Er strampelte sich frei, hangelte sich an dem entstandenen Riss abwärts bis zu dem Fleck. Es gelang ihm, einen Stofffetzen freizulegen und ein Bein. Er suchte nach dem Pulsschlag oder einem anderen Lebenszeichen, fand jedoch nichts. Mit den Handschuhen wühlte er in dem feuchten Dreck, legte in dem klebrigen Zeug den Körper des anderen frei. Schließlich gelang es ihm, ihn ins Freie zu ziehen. Der weit ausladende Helm war zertrümmert, der Schädel ebenfalls.

Im Oberkörper von Kommandant Doldon steckte ein scharfkantiger Felssplitter. Fartyze ließ den Toten achtlos im Riss nach unten fallen. Mit den Stiefeln trat er ein paar Stufen in das Gemisch aus Staub, Felsbrocken und Flüssigkeit aus den Versorgungsleitungen. Es gelang ihm, bis ganz nach vorn zu klettern, wo der TRAI-Versorger an einem Wall aufgeschobener Felsbrocken klebte.

Der Kalmor schlug mehrmals gegen das Modul des Funkgeräts an seinem Gürtel. »Hört mich jemand?«

Niemand antwortete, und er fand sich nach und nach mit dem Gedanken ab, der einzige Überlebende zu sein. Bis er den Wall überklettert und an der rechten Seite des Versorgers einen Weg entlang der Schneise gefunden hatte, war die Sonne hinter dem Planeten verschwunden, und die Nacht brach herein. Fartyze schlug einen Bogen, bis er sich außerhalb der ihm bekannten Grenzen der Defensivschirme befand. Da der TRAI-Versorger nicht hinter seinem Dunkelschirm verschwand, mussten die Projektoren ausgefallen sein.

Fartyze stapfte weiter zum mittleren Teil des Transporters, wo es einigermaßen aufgeräumt aussah. Die mechanischen Vertäuungen hatten den brachialen Kräften standgehalten, die beim Absturz gewirkt hatten. Vielleicht lag es auch daran, dass der Mittelteil mit seiner Containerplattform längst nicht so starr reagierte wie der Bug oder das Heck.

Der Kalmor entdeckte ein zitterndes Licht, das zwischen den Trümmern umherirrte. Er schlich geduckt weiter, bis der Widerschein der Lampe ausreichte, die Gestalt erkennen zu lassen. Es war einer dieser Vögel, der ihm da entgegenkam. Sein Funkgerät schien defekt, denn er gestikulierte wild mit den Händen, als er ihn gewahrte. Fartyze wartete, bis der Ganschkare ihn erreichte. Sie legten die Helme aneinander, um kommunizieren zu können.

»In der Zentrale habe ich vermutlich als Einziger überlebt«, sagte der Kalmor. »Von Doldons Tod konnte ich mich selbst überzeugen. Wie sieht es in den technischen Abteilungen aus?«

»Ich weiß es nicht«, pfiff der Ganschkare schrill. »Die Unterkünfte jedenfalls sind komplett zerstört. Alle, die geschlafen haben, müssen tot sein.«

Das war laut Schichtplan die Hälfte der Besatzung, also mindestens 80 Mor'Daer und Ganschkaren. Angehörige anderer Kolonnen-Völker hielten sich nicht im Versorger auf.

»Na schön«, meinte Fartyze. »Wir gehen von rund einem oder zwei Dutzend Überlebenden aus. Als Erstes machen wir uns an die Sicherung der Luftvorräte.«

 

*

 

Die Schriftzüge in TraiCom ließen sich kaum noch entziffern, aber die Kodenummer des Schiffes leuchtete unversehrt auf der Außenhülle: 2.311.002. Der TRAI-Versorger gehörte zu einem Verband aus zwölfhundert Schiffen, die die Kolonnen-Fähre im Halo der Zielgalaxis abgesetzt hatte. Viel wussten sie nicht über diese Sterneninsel, die von ihren Bewohnern Hangay genannt wurde. Aber die wenigen Eckdaten reichten aus, Fartyzes Sinn für das Wunderbare zu berühren: Hangays Licht reichte erst ein paar hundert Lichtjahre weit ins All hinaus, denn die Galaxis war ein Fremdkörper in diesem Universum. Früher hatte sie zum sterbenden Universum Tarkan gehört und dieses erst vor knapp tausend Jahren verlassen. Seitdem befand sie sich in der sogenannten Mächtigkeitsballung von ES, so sagten es zumindest die Daten der Dunklen Ermittler.

Doch allen Erfahrungen nach würde sich keine lokale Superintelligenz dem bedeutenden Machtfaktor des Chaos namens TRAITOR in den Weg stellen.

Zumindest nicht lange.

Sie waren hier, weil im Einzugsbereich Hangays eine Negasphäre entstehen sollte. Über die Ursache vermochte Fartyze nur zu spekulieren. Vielleicht geschah es, weil es sich bei dieser Galaxis eigentlich um einen Fremdkörper handelte, vielleicht waren andere Faktoren entscheidend.

Der Kalmor gab derartigen Grübeleien nicht lange nach, sondern hakte sie ebenso kurz und nüchtern ab wie den Tod des Kommandanten. Die Terminale Kolonne TRAITOR funktionierte vor allem deshalb so gut, weil ein Einzelner keine übergroße Bedeutung in dem Räderwerk besaß. Fiel er aus, nahm automatisch ein anderer seine Position ein.

Fartyze checkte den linken Außenhangar mit den anschließenden Lagerhallen. Die Atemluftvorräte für den Aufenthalt im All lagerten in speziellen Hochdruckkammern, in denen sie um ein Zehnfaches komprimiert wurde. Nach bisherigen Messungen hatten knapp neunzig Prozent der Kammern dem Absturz standgehalten. Von den Lufterzeugern mittschiffs arbeiteten noch drei mit halber Kraft, die übrigen acht waren zerstört.

Baberoff meldete sich. So hieß der Ganschkare. Inzwischen trug er ein funktionierendes Funkgerät und gab die Daten von der rechten Seite des Schiffes durch. Dort hatte es die Außenbereiche schlimmer erwischt, unmittelbare Folge der Felsbastionen, neben denen der Versorger auf die Oberfläche des Mondes gekracht war.

Man konnte die Entscheidung Doldons für richtig oder für falsch halten, den Mond als Landepiste ausgesucht zu haben. In der Atmosphäre des Planeten hätte es den Versorger nach Fartyzes Ansicht stärker gebeutelt. Auf dem Mond hatten sie wenigstens einigermaßen unbemerkt niedergehen können, ohne einen überall sichtbaren Glutschweif zu hinterlassen.

Im Heck des Wracks rumpelte es. Es hörte sich an, als sei Ladung verrutscht, wo es nach Ansicht Fartyzes keine Ladung geben durfte. Er vergrößerte die Reichweite seines Funksenders.

»Hört mich jemand?«, fragte er zum zweiten Mal seit dem Absturz.

Ein überraschtes Schnaufen bildete die erste Antwort. Dann erklang ein gefauchtes Wort. »Kalmor?«

»Daerba Wonzade, ich erkenne deine Stimme.«

Er gab seine Position durch, und der Unteroffizier machte sich mit seinen Begleitern auf den Weg.

Sie waren vier Mor'Daer, die sich im hinteren Teil des Versorgers aufgehalten hatten. In ihrer Begleitung befanden sich drei Ganschkarentechniker aus der Triebwerkssektion. Vermutlich war es ihnen zu verdanken, dass der Antrieb im Hecksegment nicht explodiert war. Fartyze vermied es, sie danach zu fragen.

»Wir suchen nicht nach Überlebenden und Verwundeten«, ordnete er an. »Unser vorrangiges Ziel ist, den Versorger in Sicherheit zu bringen.«

Ihr Auftrag bestand nicht bloß darin, Versorgungsgüter zu den ersten Stützpunkten der Terminalen Kolonne zu bringen. Sie mussten es vor allen Dingen ungesehen tun. Die Völker der Galaxis Hangay durften die Aktivitäten TRAITORS nicht wahrnehmen, ehe der richtige Zeitpunkt gekommen war.

Die Einschränkungen, denen durch die erhöhte Hyperimpedanz die heimischen Zivilisationen unterlagen, kamen der Terminalen Kolonne da sehr gelegen, obwohl auch die Schiffe TRAITORS an Leistungsgrenzen stießen, die ihren Besatzungen vorher nicht bekannt gewesen waren.

»Sucht nach den Fehlern«, trug Fartyze den vier Ganschkaren auf. »Der Versorger hätte nie abstürzen dürfen. Es sind bei der Umrüstung offensichtlich Fehler gemacht worden. Sobald wir zur Basis zurückkehren, muss ich wissen, wer daran schuld ist.«

Die vier Avoiden schnatterten wild durcheinander, aber sie setzten sich immerhin in Bewegung und verschwanden im Heck des Schiffes. Fartyze wandte sich an die Mor'Daer. »Ihr helft mir beim Check der Schirmprojektoren. Der Versorger hat eine zu deutliche Spur im Staub dieses Mondes hinterlassen. Wir müssen hier weg.«

»Du denkst, die Bewohner des Planeten kommen nachsehen?«

»Sie werden uns kaum bemerkt haben. Aber habt ihr dieses andere Schiff vergessen? Einen derartigen Bautyp gibt es unseren Unterlagen zufolge nicht in Hangay. Zwei Kugeln, die durch einen Zylinder verbunden sind – insgesamt fast zwanzigmal so lang wie unser Versorger.«

»Welches Schiff?«, fragte einer der Mor'Daer ratlos.

Fartyze tadelte sich selbst. Natürlich. Die Soldaten konnten es nicht wissen. Niemand in der Zentrale hatte ihnen die Beobachtung mitgeteilt.

»Jemand hat unsere Havarie bemerkt?«, wollte der Daerba wissen.

»Es ist zumindest möglich. Wenn sie kommen und nachsehen, dürfen wir nicht mehr hier sein.«

Selbst unter dem Gesichtspunkt, dass die Fremden mit denselben Problemen zu kämpfen hatten wie die Besatzung des TRAI-Versorgers, lief es auf ein Wettrennen gegen die Zeit hinaus.

Wenn es nicht anders ging, mussten sie sich mitsamt dem Schiff in die Luft sprengen. Nichts, was sich irgendwie verwerten oder untersuchen ließ, durfte Angehörigen anderer Völker in die Hände fallen, die nicht zur Terminalen Kolonne gehörten. So bestimmten es die Richtlinien TRAITORS, die für alle Völker der Kolonne Gesetz waren – ehernes Gesetz seit undenklichen Zeiten.

 

*

 

Fartyze konnte es drehen und wenden, wie er wollte. Selbst bei einer minimalen Belastung durch Andruck- und Fliehkräfte würde das Verbindungssegment asymmetrisch durchhängen. Das ging aus Baberoffs Berechnungen zweifelsfrei hervor. Sie benötigten für den Mittelteil des Versorgers mindestens zwanzig zusätzliche Antigrav- und Fesselfeldprojektoren, ferner Traktorstrahlen als Ergänzung.

»Und wie sollen wir die in Position bringen und steuern?« Der Kalmor lauerte geduckt auf die Antwort des Technikers.

»Mit Beibooten.«

Fartyze gab ein Zischen von sich. Ein Haarbüschel hing ihm in das glatte Gesicht. Es störte ihn, aber er konnte hier draußen schlecht den Helm öffnen und sich die Haare kämmen.

»Wir haben die Beiboote noch nicht überprüft. Ich kümmere mich darum.«

Er befahl eine Gruppe Mor'Daer zu sich. Inzwischen war die Zahl der Soldaten aus seinem Volk auf sechzehn gestiegen. Bei der Arbeit am Wrack hatten sie mehrmals Verschüttete gefunden, leicht verletzt nur, die der Kalmor nach einer kurzen Stärkung und Versorgung ihrer Wunden in einer der wenigen intakten Druckkammern wieder für einsatzfähig erklärte.

Im Bugsegment hatten sie mehr als dreißig Ganschkaren gefunden – und in einem der Container abgelegt. Kein einziges dieser empfindlichen Wesen hatte den Aufprall überlebt. Die meisten von ihnen wiesen nicht einmal äußere Verletzungen auf. Sie waren an Dekompression oder inneren Blutungen gestorben, an gestauchten und gequetschten Organen.

Sechzehn Mor'Daer und vier Ganschkaren reichten nicht aus, um das Wrack an sein Ziel zu steuern. Vielleicht schafften sie es wenigstens ins All, weg vom Schwerefeld des Mondes. Dann hingen sie aber noch immer im Gravitationsfeld der weißen Sonne fest.

Wenn es ihnen gelang, die komplett zerstörte Hyperfunkanlage zu restaurieren, konnten sie Hilfe herbeirufen. Andernfalls mussten sie auf ein zufällig in der Nähe fliegendes Schiff der Terminalen Kolonne warten.

Angesichts dieser in kürzester Zeit zu bewältigenden Schwierigkeiten spielte Fartyze nun doch mit dem Gedanken, dass Selbstvernichtung die beste und eleganteste Lösung für sie alle war und für TRAITOR sowieso. Aber der winzige Funke Ehrgeiz in seinem Innern spornte ihn an und redete ihm ein, es sei zu früh für den Tod. Schließlich lautete sein Ziel, nicht ewig ein Kalmor zu bleiben, sondern eines Tages auf Grund seiner Verdienste um TRAITOR zum Kalbaron befördert zu werden. Als Kalbaron in der Nähe eines Fort-Kommandanten …

Fartyze machte sich mit seinen Mor'Daer auf den Weg zu den Beibooten. Sie fanden Schrott, teilweise noch flugfähig, aber für wie lange?

»Bringt die Dinger ins Freie, egal wie!« Er legte selbst mit Hand an. Zwei Ganschkaren brachten mehrere tragbare Prallfeldprojektoren, die sie notdürftig repariert hatten. Fartyze ließ die Beiboote an die von Baberoff errechneten Positionen bringen. Die Mor'Daer schafften erste Energiespeicher herbei, bei deren Anblick der Kalmor ein leises Zischen von sich gab. Es handelte sich um Speicher aus den Geschützsektoren. Indem sie die Aggregate ausbauten, beraubten sie sich der Möglichkeit, die Waffensysteme des Versorgers gegen Angreifer einsetzen zu können.

Fartyze zog sich in die Abgeschiedenheit einer engen Schlucht zurück. Dort ging er mit sich zu Rate. Er fragte sich, wie Doldon an seiner Stelle entschieden hätte. Der Kommandant hätte vielleicht die Zerstörung des Versorgers befohlen, zuvor jedoch die Beiboote reparieren lassen.