Olaf Fritsche

Der geheime Tunnel

Band 3

Schiffbruch in der Neuen Welt

Mit Illustrationen von Barbara Korthues

Voll aufgelaufen

Magnus konnte sich kaum noch auf den Beinen halten. Er war so fürchterlich müde, dass ihm die Augen zufielen. Schlafen! Nur daran konnte er denken. Doch das sanfte Schaukeln des Schiffes kippte ihn leicht zur Seite. Er stellte sich breitbeinig hin, um nicht umzufallen. Ich muss unbedingt wach bleiben, dachte Magnus. Wenn ich hier einschlafe, flippt der Admiral vollends aus. Er legte seine Hände an das Steuerruder. Eigentlich war es eine einfache Aufgabe. Er sollte nur darauf achten, dass sie nicht auf die Insel zutrieben. Kein Problem, schließlich war es fast windstill, und keine starke Strömung zerrte am Schiff. Kein Problem – wenn man ausgeruht war. Aber das war er nicht. Die letzten Wochen hatte die Jagd nach Gold ihn und die anderen kaum schlafen lassen. Alle waren völlig übermüdet: der Admiral, der normalerweise diese Wache übernahm, der Offizier, dem er die Arbeit übertragen hatte, und Magnus, dem sie vom Offizier aufgedrückt worden war. Dabei war er nur der Schiffsjunge. Gerade zehn Jahre alt und zum ersten Mal mit einem Segelschiff unterwegs. Und ausgerechnet ihn hatten sie an das Ruder gestellt und sich selbst schlafen gelegt.

Magnus schreckte hoch: Beinahe wäre er eingenickt! Das Plätschern der Wellen am Rumpf des Schiffes wirkte unheimlich beruhigend und einschläfernd. Er atmete tief durch, sog seine Lungen mit der salzigen Luft voll. Das tat gut. So war es schon besser. Sein Blick wanderte zum Sternenhimmel. Der Admiral hatte ihm auf der Reise die wichtigsten Sternbilder erklärt und wie man sich mit ihrer Hilfe auf dem Meer orientieren konnte. Dort schimmerte Orion, der Himmelsjäger. Ihm folgten der Große und der Kleine Hund. Ganz in der Nähe funkelte das rote Auge des Stiers. Und weiter unten, knapp über dem Horizont, stand der Kleine Bär. An seiner Schwanzspitze strahlte der Polarstern. Der wichtigste Stern für Seefahrer, denn er zeigte immer an, wo Norden war. Wenn er so dicht am Horizont prangte, bedeutete es, dass sie sich weit im Süden befanden, ganz in der Nähe des Äquators.

Magnus gähnte. Er fand die Sterne zwar spannend, doch so richtig wach hielten sie ihn nicht. Inzwischen war es nach Mitternacht. Der erste Weihnachtstag hatte begonnen. Zu Hause hätte es an so einem Tag schon längst Geschenke gegeben. Im Wohnzimmer würde ein geschmückter Weihnachtsbaum stehen, und draußen wäre es ungemütlich kalt. Vielleicht sogar mit Schnee. Aber hier reichte selbst mitten in der Nacht ein einfaches Hemd, und tagsüber war es eher zu warm. Magnus fuhr sich bei dem Gedanken unwillkürlich mit dem Ärmel über die Stirn. Nicht einschlafen!, befahl er sich selbst. Um nicht einfach auf der Stelle umzufallen, legte er die Arme auf den starken Balken der Ruderpinne und lehnte sich mit dem Körper dagegen. Ich muss unbedingt wach bleiben. Seine Augen flackerten im Kampf gegen die Müdigkeit. Verzweifelt mühte er sich, ein weiteres Mal tief durchzuatmen. Doch zu spät. Kein Fünkchen Kraft steckte mehr in ihm, und eine Sekunde später war er eingeschlafen.

 

KNNNNNIIIIRRRRRSSSCCCCHHHH!!!!

Ein entsetzliches Geräusch holte Magnus in die Wirklichkeit zurück. Gleichzeitig begann der Boden zu zittern. Schlagartig war Magnus hellwach. Um ihn herum war immer noch tiefste Nacht. Trotzdem wusste er sofort, was geschehen war: das Schiff! Sie waren aufgelaufen! Das Ruder versetzte Magnus einen heftigen Schlag gegen die Rippen, aber er beachtete den Schmerz nicht. Er dachte nur an das Schiff und wie es zu retten wäre. Doch er war ja nur der Schiffsjunge und hatte keine Ahnung, welche Manöver nun notwendig waren. Er brauchte Hilfe! Sofort! Aus Leibeskräften schrie Magnus nach dem Admiral. Sollte der später ruhig schimpfen. Hauptsache, er brachte sie heraus aus dem Schlamassel. Sie brauchten das Schiff. Unbedingt! Die anderen beiden Schiffe allein waren viel zu klein, um sie alle wieder zurück in die Heimat zu bringen. Magnus schluckte schwer, als der Admiral an Deck stürmte. Er hatte das Schiff auf Grund gesetzt. Er hatte die Santa Maria auf eine Sandbank laufen lassen!

Verirrt und verloren

Wie um alles in der Welt hatte das passieren können? Wie war ein unauffälliger, schüchterner Schüler aus unserer Zeit auf die Santa Maria gelangt? Das Schiff, mit dem Christoph Kolumbus Amerika entdeckt hatte. Im Jahr 1492! Das ging doch gar nicht. Absolut unmöglich! Oder? Oder vielleicht doch nicht … Denn eigentlich begann alles im Jetzt. Im Keller einer Villa, wo drei Kinder sich die Zeit mit einem Würfelspiel vertrieben. Ruhig und friedlich. Nur ab und zu gestört von einem lauten

KNALLLLLLLL!

Eine Explosion erschütterte die Villa. Raste ohrenbetäubend durch die Gänge, hallte in den Zimmern wider und fand ihren Weg bis hinunter in die Kellerräume.

Erschrocken machte Merlin, die Dohle, einen Satz zur Seite. Vorwurfsvoll blickte sie der Reihe nach die Gesichter von Lilly, Albert und Magnus an. Als ob einer von ihnen für den Krach verantwortlich wäre.

«Schätze mal, mit der neuen Erfindung deines Vaters läuft es nicht so gut», murmelte Magnus lässig.

Er würfelte. Eine Drei. Mist, eine Zwei wäre besser gewesen. Nun musste er seine Spielfigur genau auf das Feld vor Alberts Figur setzen. Mit einem Seufzer wuschelte er sich durch sein braunes Haar. Im «Mensch ärgere Dich nicht» war er keine Leuchte. Sein Name «Magnus» bedeutete zwar «der Große», aber das bezog sich wohl kaum auf Würfelspiele. Außerdem war er seinem Namen zum Trotz der kleinste der drei Freunde, die hier ihre Kellermeisterschaften ausknobelten. Und der Pechvogel im Team. Magnus würde jede Wette eingehen, beim nächsten Wurf hatte Albert garantiert eine –

«Eins!», grinste Albert. «Na, so ein Zufall. Wo direkt vor mir ein blauer Magnusstein steht.»

Mit einem kleinen Schwung kickte er die Spielfigur vom Feld. Dann drehte er übermütig mit seinem Rollstuhl eine Pirouette. Vor drei Jahren war Alberts Rücken bei einem Autounfall so schwer verletzt worden, dass er die Beine nicht mehr bewegen konnte. Noch schlimmer war allerdings, dass seine Mutter bei dem Unglück gestorben war. Das hatte ihn und seinen Vater fast aus der Bahn geworfen. Aber seine Freunde hatten nicht lockergelassen und ihm schließlich aus seiner Traurigkeit herausgeholfen. Inzwischen fanden sie alle den Rollstuhl so normal wie eine Brille oder rote Haare. Obwohl Albert, ehrlich gesagt, froh war, dass seine Haare auch braun waren. Zusammen mit seinen grünen Augen gab das einen coolen Effekt.

WUMMMM!

Dieses Mal war der Knall ein gutes Stück leiser gewesen.

«Hört sich an, als würde dein Vater Fortschritte machen», bemerkte Lilly nebenbei, während sie sich den Würfel schnappte und ihn ein wenig zu hektisch über den Tisch rollen ließ. Er fiel herunter, und Lilly tauchte ihm rasch nach. Sie war immer ein bisschen wild und zappelig. Das passte gut zu ihrem Namen, denn eigentlich hieß sie Lilith. Nach einer Überlieferung war das der Name von Adams erster Frau – noch vor Eva. Vor allem hing er aber mit dem assyrischen Sturmdämon Lilitu zusammen. Und tatsächlich erinnerte sie mit ihrem langen rotblonden Haar oft an einen ungezähmten Wirbelwind.

Sie unternahm einen zweiten Würfelversuch, und der Würfel wäre wieder auf dem Kellerfußboden gelandet, wenn nicht Merlin den Würfel mit dem Schnabel gestoppt hätte. Merlin war Alberts zahme Dohle. Albert hatte den Vogel aufgepäppelt, nachdem dieser aus dem Nest gefallen war, und seitdem gehörte Merlin zum Team und nahm an allen Abenteuern der drei Kinder teil. An den Abenteuern, nicht an den Kellermeisterschaften im «Mensch ärgere Dich nicht».

«Das gilt nicht!», rief Albert aus. Er hatte mit einem Blick erkannt, dass die sechs Punkte, die der Würfel zeigte, seiner Spielfigur gar nicht guttun würden. «Merlin macht nicht mit und darf den Würfel nicht berühren!»

«Ach, stell dich nicht so an», konterte Lilly. «Der Tisch ist sonst viel zu kurz zum Würfeln.»

«Ich finde, das zählt», stimmte ihr Magnus zu.

Er hatte ebenfalls schnell die Schritte von Lillys Figur abgezählt und festgestellt, dass sie genau den Stein von Albert rauswerfen würde, der ihn kurz zuvor zum Start zurückgeschickt hatte. Und als ob der Vogel andeuten wollte, dass er sehr wohl an dem Spiel teilnehmen konnte, schnappte Merlin sich plötzlich Alberts Figur und flatterte damit hoch auf ein Regal an der Wand.

«Sieht so aus, als seist du überstimmt», lachte Lilly und zog ihren eigenen Stein auf das frei gewordene Feld.

PUFFFF!

Das klang nun schon beinahe nicht mehr nach einer echten Explosion.

«Ich bin dafür, wir legen eine Pause ein», schlug Magnus vor. «So langsam möchte ich doch gerne wissen, an was für einer Maschine dein Vater da oben eigentlich herumtüftelt.»

«Prima Idee!» Lilly knallte den Würfel auf den Tisch. «Wir schauen kurz beim Professor vorbei, und dann bin ich weiter dran. Nach einer Sechs darf man ja nochmal würfeln.»

Sie sprang auf und stürmte die Treppe hoch, auf dem Weg ins Labor im ersten Stock. Hinter ihr folgte Magnus, und den Schluss bildete Albert, auf dessen Schulter sich Merlin krächzend niederließ. Albert hakte seinen Rollstuhl an der Treppe in einen Mechanismus ein, der ihn auf Knopfdruck eine Rampe neben den Stufen hochzog. Das war eine Erfindung seines Vaters. Eine von den besseren. Denn Sachen zu erfinden war der Beruf des «Professors», wie die Kinder ihn häufig nannten.

Seine Genialität zeigte sich zum Beispiel an Erfindungen wie dem Elektrostift, mit dem man direkt auf dem Bildschirm eines Computers schreiben konnte, und der Computer speicherte es dann als saubergetippten Text ab. Oder dem automatischen Gewitterwarner, der bei einem heraufziehenden Unwetter selbständig eine Reihe von Blitzableitern ausfuhr.

Die Zerstreutheit des Professors machte sich allerdings bemerkbar, wenn er stolz eine völlig unsinnige Erfindung präsentierte. So hatte er vergangene Woche den Kindern seinen Erdbeerknacker vorgeführt. Sie hatten das Gerät zuerst für einen gewöhnlichen Nussknacker gehalten, denn genau danach sah es aus, und es funktionierte auch so. Nur dass es anstelle von harten Nüssen eben weiche Erdbeeren zermatschte. Auch vom jodelnden Lichtschalter und der automatischen Gurkenschleuder mit Zielradar hielten Lilly, Albert und Magnus nicht viel. Drei Tage hatten sie die Küche nur mit Helm und einem Tablett, das sie wie einen Schild vor sich hielten, betreten können. Erst dann waren der Schleuder endlich die Gurken ausgegangen.

 

An der Tür zum Labor wartete Lilly auf ihre Freunde. Ungeduldig hippelte sie vom einen Bein auf das andere.

«Da seid ihr ja endlich», maulte sie. «Was meint ihr? Top oder Flop?»

«Top!», sagte Magnus sofort. Irgendetwas machte ihn sicher, dass diese Erfindung tatsächlich nützlich sein würde. Vielleicht lag es an dem besonderen Hall der letzten Explosion. Oder dem feinen Geruch von überhitztem Lötzinn, der sich seinen Weg durch die Türritzen bahnte.

«Flop!», hielt Albert dagegen. Er vertraute auf die Statistik. Heute war Mittwoch, und sie hatten Sommerferien. An einem Ferienmittwoch war seinem Vater noch nie eine gute Erfindung gelungen. Warum sollte es diesmal anders sein?

«Ich bin auch für Top!», entschied Lilly. «Nach der Gurkenschleuder ist es einfach Zeit für was Geniales.»

Mit diesen Worten klopfte sie an die Tür. Das war empfehlenswert, denn man wusste nie, ob sich nicht vielleicht just in diesem Augenblick die nächste Explosion anbahnte.

Doch offenbar bestand keine Gefahr, denn eine tiefe Stimme rief: «Herein!»

Vorsichtig drückte Lilly die Klinke, öffnete die Tür ein Stückchen und lugte durch den Spalt. An einem Tisch inmitten eines Raumes voller elektronischer Geräte, sonderbarer Glasgefäße und merkwürdiger Chemikalien in dunklen Behältern stand ein großer dünner Mann mit wirrem Haar. In der einen Hand hielt er einen Lötkolben, in der anderen einen blinkenden Schraubenzieher. Vor ihm auf dem Tisch surrte ein Apparat, der Lilly auf den ersten Blick an einen Aktenkoffer mit unzähligen kleinen Augen erinnerte.

«Scheint sicher zu sein», flüsterte Lilly ihren Freunden zu. Sie schob die Tür vollständig auf, und die drei betraten voller Neugier das Reich des Erfinders.

«Ah, ihr seid das», stellte Alberts Vater erfreut fest. «Habt ihr euch zufällig gerade verlaufen?»

Die Kinder sahen einander verdutzt an. Verlaufen? In der Villa? Zugegeben, das Haus war ziemlich groß. Es hatte zwei Stockwerke, dazu einen Dachboden und den Keller. Ringsum erstreckte sich ein verwilderter Garten, in dem ihnen das Gras bis zum Bauch und stellenweise darüber hinausragte. Wenn man zum ersten Mal kam, konnte man sich gewiss verlaufen. Doch Albert und sein Vater wohnten seit einigen Monaten hier, und seitdem war die Villa sozusagen das Hauptquartier der Kinder. Längst kannten sie jeden Winkel – einschließlich des geheimen Tunnels, von dem sogar der Professor nichts ahnte. Verlaufen würden sie sich in der Villa bestimmt nicht.

«Äh, nein. Kann man nicht sagen», antwortete Magnus zögerlich. «Zufällig wissen wir recht genau, wo wir uns gerade befinden.»

«Wir sind sogar absichtlich hier», fuhr Lilly fort. «Weil wir uns gefragt haben, an welcher Erfindung Sie wohl gerade arbeiten.»

«Verstehe.» Der Professor nickte eifrig. «Nun, sie ist leider noch nicht ganz fertig. Außerdem wäre es für einen Test äußerst praktisch, wenn ihr euch verlaufen würdet und wir gerade eine sternenklare Nacht hätten.»

Bei diesen Worten klickerte der Apparat kurz, dann gab er zischend ein Rauchwölkchen ab.

«Ich glaube, ein Probelauf wäre ein wenig verfrüht», meinte Albert und sah dem Wölkchen zu, das langsam zur Decke aufstieg. «Was soll das denn eigentlich mal werden? Eine Maschine für Mini-Nebel?»

«Nein, nicht doch!», wehrte sein Vater ab. «Nebel kann jeder selber in der Dusche machen. Dies hier ist etwas viel Tolleres. Etwas, das jeder Nachtwächter und jeder verspätete Wanderer unbedingt brauchen …»

Er machte eine kleine Kunstpause, als warte er auf einen Tusch oder zumindest eine vereinzelte Fanfare. Doch es blieb still. Nur die Kinder und Merlin blickten ihn erwartungsvoll an.

«Dies wird ein Stellarnavigator!», gab er schließlich stolz bekannt.

«Ein Stella-was?», entfuhr es Lilly.

«Ein Stellarnavigator», wiederholte der Professor. «Ein Gerät, das euch anhand der Sterne genau zeigt, wo ihr euch befindet. Seht ihr diese Anzeige?» Er deutete mit dem blinkenden Schraubenzieher auf ein Leuchtdiodenfeld. «Dort könnt ihr ablesen, auf welchem Planeten ihr seid.»

«Auf welchem Planeten?», wunderte sich nun Magnus.

«Exakt. Und dort –», der Schraubenzieher wanderte eine Anzeige weiter, «bekommt ihr den Kontinent. Da gibt es das Land, die Stadt und die Straße. Und falls ihr euch mitten in der Wildnis befindet –»

«Zum Beispiel in unserem Garten», schlug Albert vor.

«– müsst ihr lediglich die Koordinaten auf diesem Feld ablesen», schloss der Professor seinen Vortrag ab.

«Aber … so etwas in der Art gibt es doch schon», gab Magnus vorsichtig zu bedenken. «Das nennt sich GPS und funktioniert auch am Tag. Ohne Sterne. Mein Vater hat eins im Auto.»

«Ach was», wischte Alberts Vater den Einwand mit einem lässigen Abwinken beiseite. «GPS braucht unbedingt ein paar Satelliten. Ohne die tut es gar nichts. Was soll man damit anfangen, wenn man beispielsweise auf dem Mars unterwegs ist? Da gibt es keine Satelliten für das GPS. Wie schnell kann man sich da verlaufen.»

Den Kindern blieb die Spucke weg. Soweit sie wussten, war bis jetzt noch niemand auf dem Mars gelandet. Darum kam es ihnen ein wenig komisch vor, sich heute schon Sorgen um verlaufene Astronauten zu machen. Aber der Professor war ja manches Mal mit seinen Gedanken bereits weit in der Zukunft.

«Oder denkt nur an Kolumbus», erzählte er weiter. «Wenn der bei seiner Entdeckung Amerikas so einen Stellarnavigator gehabt hätte, wüssten wir heute wenigstens, an welcher Ecke von Amerika er damals zuerst an Land gegangen ist.»

«Wieso? Was soll das heißen?» Schlagartig war die Aufmerksamkeit der Kinder wieder auf dem Maximum. Der Mars war sicher cool, aber unerreichbar weit weg. Dagegen lagen Kolumbus und Amerika irgendwie fast in Reichweite. Zumindest beschränkten sie sich auf den Planeten Erde. Und außerdem schimmerte da ein verborgenes Geheimnis hinter den Worten.

«Ich dachte, es wäre genau bekannt, wo Kolumbus angekommen ist», sagte Albert.

«Ha! Von wegen», lachte sein Vater. «Auf irgendeiner Insel ist er gelandet. Mehr weiß man nicht. Ein gutes Dutzend Inseln streitet sich darum. Alle hoffen sie auf die großen Touristenströme. Aber in Wahrheit stochern sie nur im Nebel.»

Auf das Stichwort stieg ein weiteres Wölkchen aus dem unfertigen Stellarnavigator empor. Aber diesmal beachteten die Kinder es nicht. Sie hatten gerade ein neues Rätsel der Geschichte ausgemacht: Wo war Kolumbus zuerst auf Amerika gestoßen?

Kaum zu glauben, dass diese Frage ungeklärt war. Doch wenn der Professor es sagte, dann konnte man sich darauf verlassen. Und es gab nur einen Weg, wie man das Geheimnis lüften konnte: Jemand musste in die Vergangenheit reisen und mit Kolumbus mitfahren. Jemand, der bereit war für ein spannendes Abenteuer. Jemand, der schon Erfahrungen mit Reisen in die Vergangenheit hatte. Jemand, der wusste, dass im Keller ein geheimer Tunnel durch die Zeit verborgen war. Kurz: Es war genau die richtige Herausforderung für Lilly, Albert und Magnus!

«Wir … wir gehen dann mal wieder in den Keller», stammelte Lilly. Nervös kaute sie auf einer Haarsträhne herum.

«Sagen Sie uns Bescheid, wenn das Sternengerät fertig ist?», bat Magnus. Dabei schob er sich rückwärts zur Tür.

Albert war dort bereits angekommen. «Bis dann, Paps», rief er und rollte auf den Flur.

Merlin krächzte und flog los, um als Erster im Keller zu sein. Die Aufregung der Kinder konnte nur eines bedeuten: Es ging wieder in die Vergangenheit – einem neuen Abenteuer entgegen. Und das wollte sich der Vogel auf keinen Fall entgehen lassen.