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Für Sabeth und Stella


ISBN 978-3-492-97531-5
Oktober 2016
© Piper Verlag GmbH, München/Berlin 2016
Covergestaltung: Birgit Kohlhaas
Covermotiv: Jürgen Lösel/Visum
Konvertierung: Fotosatz Amann, Memmingen

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»Für alle, die tatsächlich hoffen, mit diesem Buch nun
endlich die lange vermisste (…) ›Gebrauchsanweisung
zum Bahnfahren in 36 Schritten‹ in Händen zu halten:
Fragen Sie besser direkt bei der Bahn nach …«

Mark Spörrle und Lutz Schumacher in »Senk ju vor träwelling. 2. Folge: Neue Tipps zum Überleben in der Bahn«, Herder Verlag, Freiburg im Breisgau 2008

»Die lange vermisste Gebrauchsanweisung zum Bahnfahren: Hier ist sie endlich!«

Mark Spörrle
Hamburg, im Sommer 2016

Wieso man zum Bahnfahren eine Gebrauchsanweisung braucht

Eine Gebrauchsanweisung für die Deutsche Bahn? Lustig, denken Sie: Ist Bahnfahren denn so kompliziert, dass man dafür eine Anleitung braucht? Kauft man nicht einfach eine Fahrkarte, steigt ein – und los geht’s?

Doch, manchmal klappt das tatsächlich. Dann ist Zugfahren die beste und entspannteste Art der Fortbewegung: Man sitzt, liest, arbeitet, döst, isst, trinkt, plaudert – und zugleich gelangt man dorthin, wo man hinwill. Ohne dass man sich anstrengen muss. Ohne dass man den Weg suchen muss. Ohne dass man selbst fahren und, vor allem: ohne dass man im Stau stehen und aufs Lenkrad hauen muss. Vor dem Fenster fliegen Landschaften und Orte vorbei, immer neue, aber immer auf die gleiche, fast meditative Weise: Bahnfahren beruhigt – und regt zugleich an. Kein Zufall, dass große Literatur in der Bahn entstand. Auch über die Bahn. Nein, es muss nicht immer der Klassiker, Agatha Christies »Mord im Orient-Express« sein (obwohl man Mordgelüste gegenüber so manchem Mitreisenden durchaus verstehen könnte). Auch die Reiseliteratur von Bruce Chatwin oder Paul Theroux wäre nicht denkbar ohne Züge, und bis heute lassen sich Schriftsteller von Pascal Mercier bis Steffen Kopetzky inspirieren vom Fahren, nein: dem Reisen in der Bahn.

Das eben nicht nur Fortbewegung ist von einem Ort zum anderen, sondern viel mehr: ein Zustand nämlich, Zeit zu verbringen. Kommen dazu noch die Mitreisenden mit ihren Vorlieben und Marotten und die für geübtere Bahnfahrer alltäglichen, für Bahnnovizen erstaunlichen bis beunruhigenden Vorkommnisse im Bahnalltag, wird das Ganze zu einer Mischung aus Fernsehen, Theatervorstellung, Restaurantbesuch, Abenteuerreise und Kreuzfahrt zu Lande. Und, sofern man sich darauf einlässt, obendrein zur Messe, zur Kontaktschmiede, zum Klassen- oder Familientreffen mit Unbekannten oder gleich zur Live-Dating-Show – versuchen Sie mal, das alles im Flugzeug oder beim Autofahren hinzukriegen!

Reisen per Bahn ist eine Welt für sich. Die sich unweigerlich auch jenen erschließt, die nicht zu Urlaubs-, Genuss- oder Beobachtungszwecken reisen, sondern beruflich: die Millionen Menschen, die täglich oder wöchentlich von ihrem Zuhause zum Arbeitsplatz und zurück pendeln. Oder zwischen Zuhause, Arbeitsplatz und Beziehung. Oder zwischen Zuhause, Beziehung und mehreren Arbeitsplätzen – und klar, es gibt auch Leute, die konsequenterweise ihren festen Wohnsitz gegen eine Bahncard 100 eintauschen, fortan in Zügen leben und über ihre rätselhaften Mitfahrer bloggen, welche noch zu Hause leben.

Mit der Bahn zu fahren fasziniert die Menschen seit jeher. Weit mehr als das Fahren per Auto übrigens oder das Fliegen. Beim Auto ist es das Gefährt, das einen in seinen Bann schlagen kann, beim Flugzeug das Berückende, in Berlin bei fünf Grad und Regen loszufliegen und kurz danach auf Mallorca bei 25 Grad und blauem Himmel auszusteigen. Bei der Bahn aber ist es das Fahren selbst. Das Unterwegssein. Wer es noch nie probiert hat, wird niemals verstehen, wie es sich anfühlt. Und erst recht nicht, warum sich bei vielen Bahnfahrern nach einiger Zeit zu den Zügen, dem ganzen Drumherum, selbst den Mitreisenden so etwas entwickelt wie eine Beziehung.

In der manchmal eben alles super läuft. Wenn man den richtigen Tag erwischt, die richtige Uhrzeit, die richtige Strecke, den richtigen Zug. Wenn dieser Zug mit der richtigen Wagenreihung einfährt (was künftig viel häufiger passieren soll), wenn die Platzreservierung funktioniert und wenn neben einem kein Lauttelefonierer, Dauerpupser oder Knoblauchbrotesser sitzt. Und auch niemand, der verzweifelt versucht, ein Gespräch zu beginnen, ohne dass man das will.

Natürlich sollte man dazu erfolgreich das richtige Ticket für genau diesen Zug gekauft haben und korrekt eingestiegen sein, in den Zugteil nämlich, der nach Hamburg durchfährt und nicht in Hannover Richtung Bonn abbiegt. Man sollte auf keinen Fall das Dokument vergessen haben, das man beim Fahrkartenkauf zwecks Identifikation angegeben hat. Und wenn dann noch die Klimaanlage funktioniert, die Toiletten, das Bordbistro, und das in genau dieser Reihenfolge, dann lässt sich auch über die eine oder andere Störung im Betriebsablauf hinwegsehen, zu der es unvermeidlicherweise kommen wird.

Aber wenn noch mehr nicht stimmt und das immer wieder, dann kann die Bahnliebe – wie die echte – irgendwann umschlagen in Enttäuschung, Wut, Verzweiflung, Tränen – vielleicht sogar in Hass.

Haben Sie jemals erwachsene Männer im Anzug gesehen, die auf dem zu früh (!) von ihrem Zug nach Frankfurt verlassenen Bahnsteig standen und diesem lauthals hinterherschrien, dies sei jetzt endgültig das letzte Mal gewesen und nun würden sie sich wieder ein Auto zulegen?

Aber, wie bei einer echten Beziehung: Irgendwann ist der Groll meist vorbei. Spätestens dann, wenn ein paar Mal alles wieder einigermaßen gut geht, ja, man sogar pünktlich ans Ziel kommt.

Und damit das klappt – dafür gibt es jetzt diese Gebrauchsanweisung.